piwik no script img

Kritik an Riester-RenteDie Rente ist kein Eichhörnchen

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Die Riester-Rente hat den Staat viel Geld gekostet und Konzerne reich gemacht. Gegen Altersarmut hat sie nichts bewirkt.

Funktioniert das Prinzip Eichhörnchen auch beim Sparen für magere Rentenzeiten? Wohl kaum Foto: Ralph Peters/imago

B esser spät als nie. Die Riester-Rente wird jetzt genau zwanzig Jahre alt, und endlich haben auch ihre rot-grünen Erfinder verstanden, dass dieses Projekt nicht funktioniert. Das „Riestern“ war nur ein Bereicherungsprogramm für die Banken und Versicherungen, die gigantische Provisionen kassierten, während die „Renditen“ für die Sparer direkt vom Staat kamen – also von den Steuerzahlern selbst finanziert wurden.

Doch leider folgt aus dieser Kritik nicht viel. SPD und Grüne begnügen sich mit einem Reförmchen. Sie schlagen nur vor, dass es öffentliche Fonds geben soll, die transparent und kostengünstig die Gelder der Sparer verwalten. Aber an dem Prinzip der privaten Altersvorsorge wird nicht gerüttelt. Es bleibt bei dem Wahnsinn, dass die normale Rente schlechtgeredet wird. Immer noch wird der Eindruck erzeugt, als könnte nur individuelles Sparen ein sicheres Alter garantieren.

Sparen hat einen sehr guten Ruf in Deutschland. Es gilt das Prinzip Eichhörnchen: Die kleinen Nager vergraben bekanntlich im Herbst die Nüsse, um sie im kargen Winter wieder auszubuddeln und zu verspeisen. Genau so stellen sich die meisten Angestellten auch ihre private Altersvorsorge vor. Jetzt wird gespart und in mageren Rentenzeiten wird dieses Geld wieder aufgezehrt.

Einziges Problem: Sparkonten oder Fonds sind keine Nüsse. Wenn sie nicht verschimmelt, behält eine Nuss ihren Wert. Bei Geld ist das anders. Niemand weiß, ob die Anlagen von heute in dreißig Jahren noch wertvoll sind.

Schon jetzt stöhnen Riester-Sparer, dass die Zinsen viel niedriger ausfallen, als einst versprochen. Bei der staatlichen Rente hingegen wird nicht gespart. Genau deswegen ist sie ja so genial. Die heutigen Angestellten zahlen für die heutigen RentnerInnen. Fertig.

Wie man es richtig macht, zeigt Österreich. Dort gibt es keine private Vorsorge, die staatlich verordnet wäre – und es existiert auch kein Niedriglohnsektor, der die Beiträge zur Rentenkasse stranguliert. Ergebnis: Die Durchschnittsrente beträgt 1.800 Euro im Monat. Davon können die Deutschen nur träumen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • Ulrike Herrmann hat recht: Der "Schwedenfonds", den Finanzwende & Verbraucherzentrale jetzt vorschlagen, ist auch nur ein Fond:



    Denk ich an Vattenfall in der Nacht, so ward ich um den Schlaf gebracht.

    Wenn wenigstens die Bundeswertpapiere des Staates für Kleinsparer wieder eingeführt würden! Damit sind meine Eltern und Großeltern sehr gut gefahren und haben sogar noch einiges vererbt. Diese staatlich garantierten Wertpapiere stehen heute nur noch Versicherungen zur Verfügung, die sie dann z. B. in Form des Riester teuer weiterverkaufen. Die Kleinsparer sollten sie wieder direkt erwerben dürfen, wie das in der alten Bundesrepublik üblich und Millionenfach bewährt war!

    Ich selbst bin zum Riestern faktisch erpresst worden, weil ich vor 20 Jahren einen riskanten Berufswechsel vollzog und Riester als einzig verfügbaren Schutz nutzte: im Fall von ALG-2 als "Schonvermögen" geschützt. Das war eine für mich teure Erpressung durch Rot-Grün.

    • @Rosmarin:

      "Bundeswertpapiere"gibt es weiterhin... haben grad nur keine Rendite

  • Auch bei der Einführung gab es Kritik an der Riester-Rente, die genau voraussagte, was jetzt eingetroffen ist. Damals jedoch wurde sie beworben, als gehöre sie quasi zu den Pflichten verantwortungsvoller Werktätiger.

    Aber geschenkt...



    ... viel schlimmer finde ich das beißerhafte Beharren auf dem deutschen Rentensystem und dem Generationenvertrag. Damals "erfunden" von denjenigen, die kurz zuvor noch Hitler zujubelten und es sich nun in den Trümmern wieder gut gehen lassen wollten (die Rechnung geht dann an die nächste Generation...).

    Inzwischen hat dieses Modell mehr als ausgedient, da nach wie vor nur die bloße Anzahl der Renteneinzahler gegen die Rentenempfänger aufgerechnet wird, ohne die gigantisch gewachsene Wertschöpfung zu berücksichtigen.

    Sobald jedoch erfolgreiche Beispiele anderer Länder ins Spiel gebracht werden setzt das Denken aus und die Reflexe schalten auf Abwehr um, selbst als v.d. Leyen die letzten Reste unseres umlagefinanzierten Rentensystems zu einer unwürdigen Farce zurechtstutzte.

    Brauchen die Deutschen die Knute zum Leben wie das harte dunkle Brot?



    Fühlen sie sich nur im vereinten Leiden richtig gut?

  • Full ackn... außer das wir auch eine Mindestrente bräuchten - wie es doch die Schweiz hat, oder?

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Das "Europäische Rentenprodukt" soll ja demnächst auch kommen.



    Naja.



    Ich bin jetzt 40 und mehr als Armutsrente wird wohl nicht drin. Ich habe jetzt für 5 Jahre einen Job, der vom Jobcenter bezahlt wird und Sozialversicherungsbeiträge werden erst gar nicht abgeführt.



    Auf eine gewisse Weise kann ich vielleicht sogar froh sein, keine Rentenbeiträge zu zahlen, denn das Umlagesystem ist zwar besser als private Vorsorge, aber leistet auch einen riesigen Kapitaltransfer von Arm nach Reich.



    Da arme Männer statistisch gesehen 10 Jahre eher sterben als reiche Männer und arme Frauen 5 Jahre eher als reiche Frauen, bekommen sie auch dementsprechend weniger Rente ausgezahlt und das kommt denen zugute, die dann noch leben, wenn viele Arme schon tot sind.



    Für Rentengerichtigkeit muss es also auch eine Gesundheitsgerechtigkeit geben. Wer z.B. chronisch krank ist und weniger arbeiten kann, bekommt für seine Einzahlungen in die Rentenkasse dann auch noch weniger ausgezahlt, wenn er/sie/x früher stirbt als Gesunde.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      "Wer z.B. chronisch krank ist und weniger arbeiten kann, bekommt für seine Einzahlungen in die Rentenkasse dann auch noch weniger ausgezahlt, wenn er/sie/x früher stirbt als Gesunde."

      Gesamt gesehen bekommt er allerdings aus der Gesundheitskasse mehr ausbezahlt als der Gesunde.



      Ganz so einfach ist das nicht...

  • RS
    Ria Sauter

    Danke .Frau Hermann für diesen Beitrag!



    Leider wird er nicht gehört werden von den Verantwortlichen.



    Die grüne Hoffnungsträgerin orientiert sich auch in die falsche Richtung. Entweder nichts gelernt aus dem Riesterdebakel , oder ahnungslos oder piepschnurzegal.



    Unter grüner Führung soll auch noch mehr Einwanderung möglich sein. Die Arbeitgeber reiben sich die Hände angesichts weiterer Menschen zum Billigtarif.



    Es ist zum verzweifeln!

  • Schöner Beitrag. Nur leider erwähnt die Autorin nicht, dass die Renten in Österreich durch einen enormen staatlichen Zuschuss bezahlt werden (sehr viel höher als in Deutschland) und in Österreich darüber nachgedacht wird, ein privates Altersvorsorgesystem einzuführen.

    Das einzige, was vom System unserer Nachbarn übernommen werden sollte ist die Mindestzeit. Unsere Nachbarn müssen ganze fünfzehn Jahre einzahlen (anstatt nur fünf) um irgendwelche Ansprüche zu erwerben.

  • Dumm nur, dass der deutsche Michel ganz dolle daran glaubt. Ein Fall für'n Psychologen?

    • @tomás zerolo:

      Das denke ich nahezu ständig. 😂👍 Gut, alle sind ja nicht betroffen.

    • @tomás zerolo:

      Nein, ein weiteres Zeichen, dass unser Staat schon seit längerem nicht weiß was er tut.



      Der Deutsche Michel beschäftigt sich länger mit dem Kauf einer neuen Waschmaschine als mit seiner Alterssvorsorge. Sicher, auch das ist Teil des Problems.

    • RS
      Ria Sauter
      @tomás zerolo:

      Woran glaubt der deutsche Michel?



      Sicherlich nicht an sprudelnde Rendite und eine Rente zum leben!

  • Die Riester-Rente war doch nur ein Vorsorgeprogramm für den Herrn Walter Riester selbst. Völlig richtig, dass er mit dieser Betrügerrente den Versicherungskonzernen Milliardenumsatz verschafft hat. Dafür ist es nur recht und billig, dass er nach seiner glücklosen Ministerära dort einen gut bezahlten Posten bekam und nicht zu den von Jens Spahn beharrlich geleugneten Armutsrentnern gehört. Wie war das noch einmal mit der Korruption in der CDU/CSU? Als ob sich diese Politikerqualifikation nur auf die Union beschränken würde.

    Man muss diese Tatsache jetzt nicht unter den Teppich kehren, weil die arme SPD sich der 10%-Marke nähert. Auch in dieser Partei ist für den Ernstfall vorgesorgt. Doch - was gern vergessen wird: den Abriss einer parlamentarischen Demokratie hat diese Art von Korruption extrem beschleunigt. Dass so viele Bürger der Wahlurne fernbleiben, das haben die sogenannten Volksparteien durch ihre kriminellen Handlungen selbst verschuldet.

    Es muss aber auch festgestellt werden, dass man sich damals problemlos über die Konditionen dieses speziellen Rentenbezuges informieren konnte. Die Antwort für Jene, die es heute am nötigsten haben, lautete: Finger weg von der Riester-Rente!

  • Die Riesterrente hat genau ihren Zweck erfüllt.



    Das Gejammer jetzt ist doch vergeblich. Das war von Anfang an ersichtlich, aber da will ja keiner hören, Kritiker immer nach rechts.