Krieg in der Ukraine: Lügenmärchen aus Moskau

Die Waffenruhe zum orthodoxen Weihnachtsfest blieb wenig überraschend aus. In der Ukraine glaubt die russischen Verlautbarungen ohnehin niemand mehr.

Der ukrainische Präsident Selenski

Putin bei einer Weihnachtsmesse im Kreml, 7. Januar Foto: reuters

36 Stunden Waffenruhe, um den Menschen in der Ukraine zumindest zu Weihnachten ein friedliches Fest zu bescheren? Von wegen. Stattdessen Angriffe mit Toten und Verletzen sowie landesweiter Luftalarm. Die Schuld dafür gibt die russische Propaganda, wie nicht anders zu erwarten, eindeutig der ukrainischen Regierung, die die barmherzige Ankündigung von Russlands Präsidenten Wladimir Putin abschlägig beschieden und als Heuchelei bezeichnet hatte.

Aus gutem Grund. Warum sollte Kyjiw ausgerechnet jetzt irgendwelchen Verlautbarungen aus dem Kreml Glauben schenken? Was diese wert sind, zeigen auch die jüngsten Äußerungen des früheren Präsidenten und Vorsitzenden des Nationalen Sicherheitsrates Dmitri Medwedew. Das Enfant terrible der russischen Politik greift bereits seit dem Ausbruch von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 rhetorisch immer wieder in die unterste Schublade und meint offensichtlich, sich damit für eine Nachfolge Putins zu prädestinieren.

Die Führung der Ukraine bezeichnete Medwedew als „Clowns und Schweine“, die keinen Glauben und kein Gefühl der Dankbarkeit hätten, nur rohe Gewalt verstünden und von ihren neuen Herren Futter verlangten. An dieser Dressur westlicher Schweinehirten sei auch die analphabetische deutsche Großmutter Annalena Baerbock beteiligt. Der Moskauer Patriarch Kyrill, der der Waffenruhe zuerst das Wort geredet hatte, ließ bei seiner Weihnachtsansprache erneut die Maske fallen.

Er beschwor ein Ende der „teuflischen Versuchungen“ bei dem Versuch, die kanonische orthodoxe Kirche in der Ukraine zu zerstören. Vielleicht sollte sich der Moskauer Oberhirte, der Putins Waffengang rechtfertigt, einmal die Frage stellen, warum der Krieg längst auch in den Kirchen Einzug gehalten hat und immer mehr ukrainische orthodoxe Chris­t*in­nen der Moskauer Filiale in der Ukraine den Rücken kehren.

Die weihnachtliche Waffenruhe, die keine war, macht erneut eins deutlich: Zerstört sind in der Ukraine nicht nur unzählige Leben Städte und Dörfer, sondern auch jegliches Vertrauen in Russland und das auf unabsehbare Zeit. Das lässt Rückschlüsse auf mögliche Friedensverhandlungen zu. Die sind für Kyjiw derzeit keine Option. Aus gutem Grund.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

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