Krieg im Gazastreifen: Das Zittern um die Geiseln
Die Hamas-Führung droht implizit damit, Geiseln bei Näherrücken des Militärs zu töten. Das facht die Proteste gegen Netanjahus Regierung weiter an.
Die genaue Natur der Anweisungen führte er nicht aus – doch die Botschaft scheint klar. „Netanjahus Beharren darauf, die Gefangenen durch militärischen Druck zu befreien, anstatt eine Einigung zu erzielen“, erklärte Abu Obeida, „bedeutet, dass sie in Leichentüchern zu ihren Familien zurückgebracht werden.“
Als Israels Militär am Wochenende sechs getötete Geiseln aus Südgaza barg, wurde schnell bekannt gegeben: Militante erschossen die sechs Geiseln wohl recht kurz vor dem Eintreffen der israelischen Soldaten. Seit dem Fund der sechs Leichen flammen in Israel die Proteste gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seine Gaza- und Geiselpolitik neu auf. Ein Generalstreik musste am Montag frühzeitig beendet werden, doch die Angehörigen der Geiseln kündigten weitere Proteste an.
Einlenken wollte Netanjahu am Montagabend jedoch nicht und erklärte, es sei eine „strategische Notwendigkeit“, dass israelische Truppen den Philadelphi-Korridor an der Grenze des Gazastreifens und Ägyptens weiter kontrollierten. Diese Bedingung gilt als derzeit wohl größte Differenz zwischen Israel und der Hamas und damit als größtes Hindernis in Verhandlungen rund um einen Deal.
UK entzieht einige Waffenexportlizenzen
Derweil tut sich für Israel auf internationaler Ebene ein neuer Konflikt auf: Der britische Außenminister David Lammy erklärte am Montag im Unterhaus, dass 30 von 350 Waffenexportlizenzen Großbritanniens an Israel entzogen würden. Es bestehe ein „deutliches Risiko“, dass die exportierten Waffen bei Verletzungen des Völkerrechts eingesetzt werden könnten.
Hamas-Sprecher Abu Obeida über die Geiseln
Lammy hatte nach seinem Amtsantritt eine interne Untersuchung eingeleitet, welche die Legalität von Exporten nach Israel überprüfen sollte. Bereits die Vorgängerregierung hatte die rechtliche Lage der Waffenexporte nach Israel untersuchen lassen. Damals wurden sie jedoch weiter zugelassen.
Militärstrategisch dürfte die Entscheidung für Israel wenig ins Gewicht fallen: Nur 0,02 Prozent aller nach Israel gelieferten Waffenexporte kommen überhaupt aus dem Vereinigten Königreich. Die Entscheidung der britischen Regierung wird deshalb vor allem als symbolisch eingestuft.
Kritik aus Israel und von jüdischen Organisationen
Netanjahu bezeichnete die Ankündigung sogleich als „beschämend“. Man werde den Krieg gegen die Hamas mit oder ohne britische Unterstützung gewinnen, betonte er. Die „missgeleitete Entscheidung“ Londons würde die Hamas „nur ermutigen“.
Verurteilungen kamen in Großbritannien auch vonseiten des britischen Oberrabbiners Sir Ephraim Mervis und des Vorsitzenden des Dachverbands „Board of Deputies of British Jews“, Phil Rosenberg. Während Kritik auch aus konservativen Kreisen laut wurde, begrüßten viele Labourabgeordnete aus dem linken Flügel sowie die Grünen die Maßnahmen – sagten aber gleich, sie gingen nicht weit genug.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten