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Kommentar Umgang mit GriechenlandDeutsch und irrational

Kommentar von Martin Reeh

Keynesianer haben jahrelang vor der Austeritätspolitik gewarnt. Aber in Deutschland regiert das Ressentiment der Volksparteien.

Unbeeindruckt vom Ringen Griechenlands: Kanzlerin Angela Merkel und ihr Vize Sigmar Gabriel. Foto: dpa

I n dieser Woche haben sie in Sachen Griechenland noch einmal alles versucht. Thomas Piketty, Heiner Flassbeck und andere schickten ihren Offenen Brief an Kanzlerin Angela Merkel. Überschrift: „Die Austerität ist gescheitert“. Nobelpreisträger Paul Krugman brachte in der New York Times in einem Akt der Verzweiflung Milton Friedman, das große Vorbild der Neoliberalen, gegen die Politik der Eurogruppe in Stellung.

Keynesianer wie Krugman haben mit ihren jahrelangen Warnungen vor der Politik der Troika in Griechenland recht behalten – und stehen dennoch in der Debatte in Europa auf verlorenem Posten. Die Eurogruppe, Deutschland voran, agiert, als gäbe es keine anderen legitimen Auffassungen, wie Griechenland auf die Beine zu helfen wäre.

Pluralismus war gestern, Kompromisse auf Augenhöhe auch. Stattdessen ist Hetze angesagt: Die Bild-Zeitung, das inoffizielle Leitmedium der Medienbranche vom anderen Ende der Rudi-Dutschke-Straße, zeigt Merkel als „Eiserne Kanzlerin“ mit Pickelhaube, die Griechenland aus dem Euro drängen soll.

So wie sich viele 1914 auf einen kurzen Krieg freuten, verlangten deutsche Konservative heute den Grexit, schreibt Wolfgang Münchau auf Spiegel Online. Für ihn sei es erstaunlich, wie sich ein Land mit starken Wurzeln im Humanismus und Rationalismus in Debatten immer wieder emotional verrenne.

Ausdruck aus dem Unterbewusstsein

Auch wenn historische Analogien nicht ungefährlich sind, hat Münchau recht: Die harte deutsche Position ist zwar auch durch Interessen bedingt – schließlich hat kein Land durch Niedriglöhne und Exportfixierung mehr vom Euro profitiert als die Bundesrepublik. Mit rationalen Erwägungen alleine ist die deutsche Politik und ihre völlige Ignoranz anderer ökonomischer Positionen aber nicht zu erklären. Die griechische Frage bringt aus dem Unterbewusstsein beider deutscher Volksparteien vieles hervor, was in krisenfreien Zeiten unter der Oberfläche bleibt.

Die Union war noch in den siebziger Jahren eine unappetitliche Partei des Ressentiments gegen Fremde und Linke.

Die Union war noch in den siebziger Jahren eine unappetitliche Partei des Ressentiments gegen Fremde und Linke. Erst Helmut Kohl (Verständigung mit Europa) und Angela Merkel (Ende des Lagerkampfs mit der SPD) haben ihren zivilisatorischen Fortschritt befördert. Syriza ruft beide Ressentiments wieder hervor – etwa bei CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer, der von „linken Erpressern und Volksbetrügern wie Tsipras“ spricht. Das hätte auch Franz Josef Strauß nicht anders gemacht.

Etwas anders ist die Situation bei der SPD: Zunächst beweisen Sigmar Gabriel und Martin Schulz mit ihren antigriechischen Tiraden, dass die Partei seit 1914 ein Gen in ihrer DNA hat, in historischen Situationen auf der falschen Seite zu stehen. Das Nationalistische ist der Sozialdemokratie nicht fremd, dass es gerade in den großen außenpolitischen Krisen hervortritt, nicht verwunderlich, aber problematisch.

Schwer zu ertragene Freiheit

Dass Sozialdemokraten auf Syriza so allergisch reagieren, muss man vielleicht psychologisch erklären: Die SPD ist eine Partei, in der niemand ohne Unterwerfungsrituale nach oben kommt – eine, in der die Abgabe von Voten gegen die eigene Überzeugung Alltagspraxis ist. Jüngstes Beispiel: Der Parteikonvent zur Vorratsdatenspeicherung, in der NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft Abweichlern am Rande der vermeintlich offenen Abstimmung gedroht haben soll, sie würden in der SPD nichts mehr werden.

Kein Wunder, dass Sigmar Gabriel zunächst keine Einwände gegen Tsipras’ Referendums-Idee hatte – bis klar wurde, dass der griechische Ministerpräsident ein Nein empfahl. Freiheit ist für SPDler, die stets ihre eigene Unterwerfung organisieren, schwer zu ertragen.

Möglich, dass es am Sonntag zu einer Einigung in Brüssel kommt. Aber beruhigen kann das nicht: Die europäische Finanzkrise ist nur der Vorbote größerer Wachstumskrisen. Beide Volksparteien gründen ihr Versprechen sozialer Gerechtigkeit auf die Umverteilung von Wachstumsgewinnen. Dass sie in dem Moment, wo ihr Modell in die Krise gerät, nur zu einer Politik des Ressentiments fähig sind, verheißt nichts Gutes.

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Von 2018 bis 2020 taz-Parlamentskorrespondent. Zuvor von 2013 bis 2018 Leiter der taz-Inlandsredaktion, von 2012 bis 2013 Redakteur im Meinungsressort. Studierte Politikwissenschaft in Berlin, danach Arbeit als freier Journalist für Zeitungen, Fachzeitschriften und Runkfunkanstalten, Pressesprecher eines Unternehmensverbands der Solarindustrie und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik.
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34 Kommentare

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  • Mein Vater, der den zweiten Weltkrieg als Kind noch bewusst miterlebt hat, meint immer, dass die Politiker wieder genau dieselben Fehler machen und auf einen Krieg zusteuern. Bisher habe ich ihm immer wiedersprochen. Und bei Griechenland geht es ja nicht um Krieg. Aber das ein SPD-Vorsitzender sich an die Spitze der ekelhaften Hetze gegen Griechenland setzen könnte und dennoch SPD-Vorsitzender bleiben würde, dachte ich bis vor einigen Tagen auch nicht. Vor Ihrem Vizekanzler als Hintergrund wirkt Merkel gerade regelrecht sympathisch. Wenn sie nur Schäuble stoppen und ihrer Verantwortung für Europa gerecht werden würde...

  • In Deutschland hat eine kleine Gruppe von Superreichen es geschafft, sich die Mittelschichten über kulturell-soziale Muster gefügig zu machen und an der Spitze dieser Entwicklung stand und steht die SPD, die nämlich genau solche irrationalen Ideen verbreitet.

     

    Ohne Wachstum kann Griechenland nicht seine Schulden bezahlen, bleibt alles offen, bleibt Krisengefahr, ist die EU wirtschaft eingeschränkt.

     

    Ohne Wachstum in Deutschland bleibt die Arbeitslosigkeit hoch und sind die Steuereinnahmen stark begrenzt, aber unsere Regierungen sorgen ja immer wieder für dicke Löcher im Steuernetz, außer bei der Mittelschicht.

     

    Bei ihren treusten Wählern räumen sie ab, und zwar kräft und flächendeckend - damit so eine Idiotie funktioniert, muss das System gewaltige kulturell-soziale Abgrenzungswerte produzieren, um abzulenken, um dieses System am Laufen zu halten. Und da geht dann die Gyros-Rechnung der Griechen natürlich an Angela Merkel , ist der eigene Euro in Gefahr. So dämmlich vielerorts die Berichterstattung war und ist, sie verfehlt ihre Wirkung nicht.

     

    Die Griechen sind aber eigentlich bedeutungslos und vor 10 Jahren hätte niemand gewollt, dass das Land komplett reduziert wird, wie es jetzt geschieht und zwar durchs System. Mit Wahlen und Abstimmungen wird man daran kaum was ändern können.

  • und nicht zu vergessen norbert roettgen, der syriza als ´linksextreme partei´ bezeichnet hat

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    @grisch

     

    Nein, das KLINGT nicht unbarmherzig. Es IST unbarmherzig. Gerne würde ich Sie in einer Diskussion mit alten und kranken Griechen sehen, die sich weder Medikamente noch Lebensmittel kaufen, Miete und Strom nicht zahlen können.

  • Ich bin immer wieder überrascht, wie in 'linken' Zirkeln ganz selbstverständlich die Politik der letzten Jahre als 'Austerität' bezeichnet wird.

    Tatsächlich handelte es sich im Falle Griechenlands nämlich um eines der größten keynesianischen Versuche der mordernen Zeit. Nur zur Erinnerung: Seit 1981 wird das Land praktisch ausschließlich über Subventionen von außen finanziert, seit 2009 flossen 320 Milliarden Euro dorthin. Das Argument, diese Summen seien zum größten Teil an Gläubigerbanken geflossen, sticht nicht: Denn wie man es dreht oder wendet, die griechischen Regierungen mussten dieses Geld, das sie - auch nur zu einem Teil - zur Schuldentilgung aufwendeten, nicht anderweitig aus dem Haushalt aquirieren.

    320 Mrd. entsprechen, auf sechs Jahre gerechnet, etwa 400 Euro für jeden Griechen monatlich: Ein gigantisches Investitionsprogramm - und ein gigantischer Mißerfolg. Die im Kommentar zitierten Keynesianer lenken gerade davon ab, dass die von ihnen selbst propagierte Wirtschaftspolitik gescheitert ist.

  • Griechenland ist solange ein Fass ohne Boden, wie seine Behörden nicht funktionsfähig sind.

     

    Egal welche Politik man hier betreibt, ob Austerität oder Witschaftsförderung durch Schulden machen, beides wird scheitern solange diese grundlegenden Probleme nicht behoben sind.

     

    Klingt jetzt unbarmherzig ich weiß, aber ich fürchte es geht den Griechen noch immer zu gut als dass sie endlich ihr Staatssystem reformieren wollen...

     

    Die Politik des Ressentiments gibts übrigens nicht nur auf der deutschen Seite, wenn ich nach Griechenland blicke wird mir da auch Angst und Bange.

    • @Grisch:

      Den ersten beiden Absätzen ist nichts hinzuzufügen. Sie fassen eine Diskussion, die seit Monaten relativ fruchtlos läuft, knapp und richtig zusammen.

       

      Das einzige, was ich nicht verstehe, was daran links sein soll, ein solches Pfründe-System weiter zu unterstützen, das in erster Linie die eigenen griechischen Bürger ausbeutet, die nicht Teil der Selbstbedienungs-Grüppchen sind. Die Europäer kamen ja erst ins Boot, nachdem bei den Griechen selbst nichts mehr zu holen war.

       

      Mein Vorschlag wäre, obwohl ich in der Regel gegen Vermögenssteuern bin: jedes Vermögen in Griehenland, das 250.000 Euro übersteigt, wird mit einer 50 %-igen Abgabe belegt. Die Abgabe entfällt, wenn die betreffenden Personen nachweisen, dass sie dieses Geld a) aus ordnungsgemäß versteuertem Einkomen erworben haben für das, sofern es im Staatsdienst erlangt wurde, b) auch eine messbare Arbeitsleistung erbracht wurde.

       

      Ich vermute, diese Abgabe würde fast alles Sorgen des gr. Staates beseitigen.

      • @Dr. McSchreck:

        Und die letzte kleine Firma irgendwo in Athen, die vielleicht gerade noch so über die Runden kommt und vielleicht gerade noch so zwei Leuten Arbeit gibt weil der pöse pöse reiche Chef dummerweise halt nen Maschinenpark für 300.000€ "besitzt".

        Tolle Idee!

  • "Für ihn (Münchau) sei es erstaunlich, wie sich ein Land mit starken Wurzeln im Humanismus und Rationalismus in Debatten immer wieder emotional verrenne."

     

    D hatte in der Vergangenheit viele Humanisten Dichter und Denker, doch die Menschen in D haben auch einen starken Hang zum Absoluten, Meinungspluralismus wird und wurde noch nie groß geschrieben, die Ansicht, das es eigentlich nur eine richtige Lösung bzw. Antwort auf jedes beliebige Problem gibt sitzt sehr tief.

    Einmal davon abgesehen, das die viel bemühten Humanisten etc. zu ihrer Zeit niemals meinungsbildend waren, wohlwollend eine Sondergruppe, die posthum als Aushängeschild für das Ganze herhalten mußten. (was nicht ihre Leistung schmälert, nur ist die Verallgemeinerung auf die Deutschen nicht gerechtfertigt)

    • @nutzer:

      Das sehe ich ganz ähnlich. Die Humanisten und Rationalisten, auf die die Deutschen sich an Sonn- und Feiertagen so gerne berufen, waren häufig aufgepfropft. "Verwurzelt" war nur ein sehr kleiner Teil davon. Den meisten hat jeder echte Bodenkontakt gefehlt. Goethe ist auch hier so etwas wie ein Muster. Männer wie ihn haben sich die Herrschenden in ihre ideellen Wunderkammern gestellt. Das breite Volk hat sie nie verstanden und/oder geliebt. Es hat sie auswendig gelernt, weil sonst der Rohrstock zugeschlagen hätte. Und wie alles Auswendiggelernte werden deutsche Humanisten und Rationalisten sofort vergessen, wenn die Schule aus ist bzw. ihre jeweilige "Schutzmacht" ins Straucheln kommt.

  • Keynes Vorstellungen bezogen sich auf vorübergehende Krisen, quasi auf das natürlich Auf und Ab der Wirtschaft. Schulden in den Tiefs, die in den darauf folgenden Hochs wieder abgebaut werden.

     

    Auf Griechenland ist das nicht übertragbar.

     

    Und schon im dritten Satz ein Fehler: Friedman grenzte sich explizit vom Neoliberalismus ab und bezeichnete seine Wirtschaftstheorie als klassischen Liberalismus, da er sich eben von der starken Betonung des Sozialstaats und der Wettbewerbsordnung, die die neoliberalen Theorien fordern, entfernte.

    • @sart:

      "Auf Griechenland ist das nicht übertragbar."

       

      Nicht nur auf Griechenland ist das nicht mehr übertragbar, sondern auf den gesamten Kapitalismus, der nur noch von einer Krise in die nächste schleudert.

  • 6G
    628 (Profil gelöscht)

    'In Griechenland ist nicht die Austerität gescheitert! Die Austärität funktioniert.'

     

    Keynes war da anderer Meinung.

     

    Wie dem auch sei: Interessant ist die Frage, ob Sie auch noch ein so begeisterter Austeritäts-Anhänger wären, sollten Sie ihr mal selbst zum Opfer fallen. Denn angesichts dessen, wie ausgiebig wir andere Länder in den letzten Jahren mit unseren Weisheiten beglückt haben, werden wir auf unsere nächste Krise schlecht mit Kurzarbeitergeld und Abwrackprämie reagieren können.

    Und bevor Sie mir jetzt mit den vermeintlichen Musterschülern kommen: Auch in den Ländern, in denen es (tatsächlich oder vermeintlich) wieder aufwärts geht, gab es über Jahre hinweg eine exorbitante Arbeitslosigkeit (Spanien hat nach wie vor eine Arbeitslosenquote von über 20%, Portugal von 13%).

    Wie hoch wird sie bei unseren zukünftigen Austeritäts-Maßnahmen werden? Werden die Deutschen Austerität immer noch so toll finden, wenn sie ihre unvermeidlichen Wirkungen irgendwann mal am eigenen Leib erfahren werden? Man darf gespannt sein.

  • Ich bin fuer eine detaillierte Analyse: Was fand im Baltikum statt, was in Slowenien (waren die nicht auch pleite?), in der Slowakei, in Irland , in Island, in Argentinien? Bitte analysieren!

    • @Gabriel Renoir:

      Bei Island und Argentinien ist mir das bekannt.

      Bei den baltischen Staaten weiß ich gerade nur von einer Bankpleite.

      Haben Sie Quellen für deren und Slowekeis angeblicher Staatspleite?

      • @Age Krüger:

        All diese Staaten haben erhebliche Einschnitte vorgenommen und haben die Krise ueberwunden. Sloweniens Banken standen kurz vor dem finanziellen Kollaps, hat das aber selber geregelt. Irland ist inzwischen auf dem Weg aus dem Rettungsschirm. Ich weiss nicht, ob man hier Links eingeben darf. Z B Google News fragen nach Slowenien Banken.

  • Schrecken ohne Ende - oder Ende mit Schrecken . Das sind - leicht überspitzt - die Alternativen am Sonntag in Sachen Giechenland .

     

    Meine Wette : Tsipras/ GR wird am Ende alles versprechen , was die Euro-Zonen-Gläubiger verlangen , wenn GR dafür den "Schrecken-ohne-Ende" behalten darf , sprich das Verbleiben im Euro-Raum .

    Und Letzterer wird dem gnädigerweise zustimmen . Wegen : Uneinigkeit , Weg des geringsten Widerstandes , Angst vor dem 'schwarzen Loch' , in dessen Gravitationsbereich der Euro schon kreist .

  • "Freiheit ist für SPDler, die stets ihre eigene Unterwerfung organisieren, schwer zu ertragen." - Danke für die klaren Worte, Martin Reeh. - Die TAZ hat übrigens in den Jahren der griechischen Krise mehrfach über Versuche alternativer Ökonomien geschrieben, welche die griechischen Bürger gezwungen sind, zu organisieren. Es ist für mich erstaunlich, daß die SPD, bis 1933 eng verflochten mit Bau-, Produktions- und Konsumgenossenschaften, davon heute nichts mehr wissen will (wirkt der Neue-Heimat-Skandal immer noch nach?) - Aktuell berichtet der FREITAG von hoffnungsvollen Ansätzen: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/wenn-das-der-schaeuble-sieht

  • "Freiheit ist für SPDler, die stets ihre eigene Unterwerfung organisieren, schwer zu ertragen."

    Hahaha ... ein Brüller! ;D https://plus.google.com/b/106095438409429946070/photos/106095438409429946070/albums/5986214451282563249/6163726809257513682

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Was das Fazit angeht, stimme ich Martin Reeh zu: eine Einigung in Brüssel kann nicht beruhigen. Nicht wirklich. Mehr noch: weder ist es für meine griechischen Freunde noch für Europa wünschenswert, weil es die zigfach kommunizierten Probleme nur aufschiebt, statt sie zu lösen.

     

    Die Lösung kann einzig und allein in einer politischen und fiskalischen Vereinheitlichung Europas mit soliden Standards liegen. Mit dem Schließen sämtlicher Steuerschlupflöcher und dem - wenn es sein muss knallharten - Eintreiben der gigantischen Summen an Steuerschulden.

     

    Die dafür notwendige Zahl an Akteuren für eine solche Politik sehe ich bislang noch nicht. Leider. Aber was nicht ist, kann noch werden: vielleicht hat Syriza 'schlafende Hunde' geweckt. Mich würde es sehr freuen!

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @Helge Schneider:

      Nur kurz:

       

      Olivier Blanchard schreibt:

       

      "Had Greece been left on its own, it would have been simply unable to borrow. Given gross financing needs of 20–25 % of GDP, it would have had to cut its budget deficit by that amount."

       

      Auch mit der Hilfe mussten die Griechen government spending um 25% reduzieren: http://fair.org/new/wp-content/uploads/2015/07/greece-government-spending1.png

       

      "Look at it this way: Cash interest payments on Greek debt last year amounted to 6 billion euros (3.2% of GDP), compared to 12 billion euros in 2009. Or put yet another way, interest payments by Greece were lower, as a proportion of GDP, than interest payments by Portugal, Ireland, or Italy."

       

      Da ist er ziemlich wortkarg was die Zinszahlungen betrifft. Selten kursieren auch Zahlen wieviel Griechen in der Krise seit 2008 an Zinsen ***cash*** bezahlt haben: http://www.eurodad.org/files/pdf/54bfcb0f01b0b.pdf

       

      "The decrease in output was indeed much larger than had been forecast. Multipliers were larger than initially assumed. But fiscal consolidation explains only a fraction of the output decline. Output above potential to start, political crises, inconsistent policies, insufficient reforms, Grexit fears, low business confidence, weak banks, all contributed to the outcome."

      ***Nicht*** die nachfragesenkende Politik verbunden mit rigider Zinseintreibung und zu später Umschuldung?

       

      "This was reflected in the preliminary debt sustainability analysis (DSA) we put out before the referendum. Our assessment was seen as too pessimistic by our European partners ..."

      -----Genau. Debt sustainabilty bei einem budget surplus von 4% über die nächsten zig Jahre und Probleme eintretend schon bei einem surplus von "nur" 3,5% GDP. Sehr leicht machbar.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Frank-Josef Srauß wird, bei einem Weißbier auf seiner Wolke sitzend, verächtlich auf die Erde herabblicken angesichts des Vergleichs mit Herrn Scheuer. Letzterer: ein lupenreiner Demagoge. Strauß hingegen: eine facettenreiche, dialektische Gestalt. Auf der einen Seite ein Apologet der Latrinenparolen gegen alles, was er für 'links' hielt (also fast alle anderen), auf der anderen Seite ein Meister der Realpolitik. Siehe: die Milliardendeals mit der damaligen DDR.

     

    Zu solch abgestimmten, differenzierten Handlungen sind Politikerklone wie Scheuer & Co. doch völlig unfähig!

  • Es ist schlimm, dass Keynes immer dann als Begründung herhalten muss, wenn Politiker Geld ausgeben wollen.

    Tasächlich wollte er etwas anderes: In guten Zeiten Geld zurücklegen, damit man das dann antizyklisch in schlechten Zeiten ausgeben kann.

    Das geht natürlich nur dann, wenn in guten Zeiten Politker mit Weitsicht regieren.

    Diesen theoretischen Sonderfall können wir in der praktischen Politik ausschließen, in der es doch nur um die Frage geht, ob viel mehr oder sehr viel mehr ausgegeben als eingenommen wird.

  • Ich kann es nicht mehr hören. In Griechenland ist nicht die Austerität gescheitert! Die Austärität funktioniert. Es geht gar nicht anders. In Griechenland ist ein Land gescheitert.

     

    Und zur Ihrer SPD Hetze. Wie ist dass denn mit den Syriza Mitgliedern, die zur Drachme zurückwollen und Ihre Aussagen nach Druck der Parteispitze zurücknehmen mussten.

     

    Hängt nicht Tsipras momentan an seinem Stuhl? Müsste er nicht zurücktreten, statt den Vertrag zu unterschreiben?

     

    Warum regt sich keiner bei der TAZ auf, dass die tolle Syriza mit einer rechten Partei koaliert? Lieber Macht als Prinzipientreue?

     

    Links ist, nicht jeden linken Quatsch zu unterstützen.

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @Helge Schneider:

      "Hängt nicht Tsipras momentan an seinem Stuhl? Müsste er nicht zurücktreten, statt den Vertrag zu unterschreiben?"

       

      Also:

      2007-2009: ND

      2009-2012: PASOK

      2012-2015: ND

       

      Ergebnis: GDP -25%, Arbeitslosigkeit: 25%, Menschen ohne KV: 30%...

       

      Der Tsipras kann sicherlich nicht abwarten aus Machtgeilheit diese dankbare Aufgabe fortzuführen.

  • Eventuell hat auch das deutsche Welthandelskapital dazu beigetragen, dass die Stimmung so irrational verhetzt wurde. Jedenfalls seine Verhandlungsführer.

    Sie brauchen keine Griechen für den Markteintritt in Indien. Und keine Portugiesen.

  • Für einen geruhsamen Abend habe ich mir mal den Text von Wolfgang Münchau nicht durchgelesen. Der zititerte Vergleich "Kriegsfreuden 1.WW - Wunsch auf Grexit" mag rhetorische Vorzüge haben, inhaltlich diskreditiert sich der Autor damit aber. Insofern sollte das hier nicht aufgegriffen werden.

     

    Völlig absurd wird es, wenn Münchau dann auch noch allen ernstes gerade den Deutschen starke Wurzeln im Humanismus zuspricht. Das wäre ernsthaft zum Lachen, wenn die historische Verdrehung nicht eine derartige Verharmlosung deutscher Taten darstellen würde.

     

    Alles in allem frage ich mich, bei aller Sympathie für das Auftreten der griechischen Führung gegen das Establishment, ob diese Partei tatsächlich eine ökonomische Alternative - die die TAZ hier ins Feld führt - aufzuweisen hat. Bitte klären Sie mich auf!

     

    Ehrlich gesagt nerven mich mittlerweile beide Seiten gleichermaßen. Das es hier um das Wohl von Millionen BürgerInnen geht... Geschenkt!

    • @niktheking:

      Der Text spielt dabei, schein mir nicht auf die Praxis an sondern auf die Geistegeschichte, Kant und so. Der würde übrigens auch sagen, dass sie sich selbst aufklären müssen durch Nutzung ihrer gottgegebenen Vernunft. Wenn sie also wissen wollen was Tsipras vorschlägt sollten sie es einfach nachlesen. Ich schlage ihnen dafür die seite zerohedge vor, oder diesen Link http://s.kathimerini.gr/resources/article-files/h-ellhnikh-protash.pdf, auf dem Sie den derzeitgen Vorschlag Griechenlands nachlesen können.

      • @Jason Schiffer:

        Da haben Sie natürlich recht! Man sollte sich besser immer vorab informieren (ist freilich nicht immer möglich).

         

        Mal sehen, ob das, was dort steht, das "Papier" wert ist, auf dem es steht. Wäre bei uns nicht so. Eine echte Alternative zum westeuropäischen Kapitalismus erkenne ich darin so oder so nicht.

  • Der Gipfel der derzeitigen Unverschämtheit besteht noch darin daß diese chauvinistische Haltung der Volksparteien von den öffentlich-rechtlichen zwangsfianzierten Sendern auch noch mitgetragen und mitpropagiert wird durch eine unkritische und sklavische "Berichterstattung".

    • 6G
      628 (Profil gelöscht)
      @Ulrich Frank:

      Insbesondere dieser unsägliche Rolf-Dieter Krause ist eine Zumutung. Dass sich so was heutzutage noch Journalist schimpft, sagt einiges.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @628 (Profil gelöscht):

        Krause mag eine Zumutung sein. Aber keine neue. Auch schon früher gab es Journalist_innen, die sich braune Nasenspitzen holten. Und daran wird sich nichts ändern, weil es (mehr als genug) Menschen mit Überzeugungen und Persönlichkeitsstrukturen dieser Art gibt. Stichwort: autoritärer bzw. autoritätsgläubiger Charakter: Leute, neben denen niemand in der Schule sitzen wollte.