Kommentar Trump und Sonderermittlung: Besser Präsident als Märtyrer
Es wäre Donald Trump von Herzen gegönnt, würde er über seine Inkompetenz stürzen. Wichtiger wäre aber, seine Ideen würden ihn diskreditieren.
D onald Trump hat in seiner kurzen politischen Karriere schon mehr Skandale überstanden als die meisten Politiker in ihrem ganzen Leben. So etwas wie die letzten zwei Wochen allerdings, an denen kein Tag verging, ohne dass er sich entweder selbst rhetorisch den Fuß wegschoss oder aber neue belastende Enthüllungen auftauchten, hat selbst er noch nicht erlebt.
Die Einsetzung eines Sonderermittlers zur vermuteten Russland-Connection des Präsidenten und seines Umfelds verleiht der Angelegenheit zusätzliche Dringlichkeit: So nah an einem Amtsenthebungsverfahren nach so kurzer Zeit war noch kein US-Präsident vor ihm.
Nichts aber wäre falscher, als Trump jetzt deshalb aus dem Weißen Haus zu jagen. Denn erstens: Für diejenigen, die ihn voller Überzeugung gewählt haben, ist das aktuelle Geschehen bloß der erwartbare verzweifelte Kampf des Establishments gegen den Outsider.
Dieser stilisiert sich per Twitter zum Opfer einer Hexenjagd – und genau so sehen seine Anhänger das auch. Die mutmaßliche russische Einmischung in die US-Wahlen ist für sie nur Jammerei der unterlegenen Demokraten um Hillary Clinton.
Und damit haben sie, zweitens, weitgehend recht. Jedenfalls insoweit, als Clinton die Wahl im November nicht wegen russischer Einmischung verloren hat. Das haben die Demokraten ganz allein verbockt. Aber in puncto Weinerlichkeit stehen sie Trump in nichts nach. Je länger sich die politische Agenda um die Russland-Verbindungen dreht, desto weniger tun die Demokraten, was sie eigentlich tun müssten: aus den verlorenen Wahlen lernen. Eine inhaltlich substanzielle Opposition organisieren. Eine Strategie für die Kongresswahlen 2018 entwickeln.
Freilich: Sollte Trump doch über die ganzen Knüppel stolpern, die er sich mit seiner legendären Führungsunfähigkeit ständig selbst in den Weg legt, dann sei ihm das Scheitern von Herzen gegönnt. Noch besser für die Welt wäre es allerdings, wenn Trumps rechtsdemagogische Scharlatan-Truppe nicht über den inkompetenten Umgang mit Vorwürfen stürzt, die nicht nur seinen Anhängern schnurzegal sind.
Besser wäre es, Donald Trumps politische Ideen, soweit man den bisherigen Irrsinn so nennen darf, würden sich nachhaltig und öffentlich diskreditieren. Ein Märtyrer Trump ist nur ein bisschen ungefährlicher als ein Präsident.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Ukraine-Verhandlungen in Saudi-Arabien
Wege und Irrwege aus München
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben