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Zuerst: „Bravo, Anja!“ Bzw: d“Danke für dieses journalistische Statement mit Inhalt.“
Sodann: Die Vorortmenschen „die sich reinhängen" und die perfide bzw. lahmarschige Pseudopolit„garde“ sind nur zwei der drei nötigen Standbeine der Menschlichen Art.
Das wichtigste ist das prophylaktische. Vulgo Edukative.
Die Hassbiederbürgerei ist (nach meiner Sicht) vor allem Ausdruck eines verfehlten Bildungs(impuls)weges. Und da ich, in neoliberalen Zeiten noch viel weniger, an eine Auferstehung von (unabhängigen, kritikfördernden, befreienden) Bildungsinstitutionen glaube, müssten horizontale Initiativen her. Wie Menschlichkeits- und Freundschaftsbusse, die quer durchs Land fahren. Und mit KomödiantInnen, Clowns, Weisen SprecherInnen, KünstlerInnen (...) am Hauptplatz und im Kiezpark aufspielen und zerebral-ethische Hirnschrauben in Gang setzen bzw. frisch ölen. Mit viel Humor und einem Schuss Sarkasmus (wider die Biederhassoption).
Wolfgang Bosbach arbeitet bereits daran, das alles wieder zu verharmlosen. Laut Hörfunkmeldungen vor einer Stunde hat er sinngemäß gesagt, daß es kein bundesweites Nazi-Gewaltproblem gäbe. Er verniedlicht diese braune Brut und schafft so eine Grundlage für die unendlich vielen Mitläufer, die dadurch folglich keiner Schuld bewusst zu sein brauchen. Was glaubt denn die Berliner Politik, wieso es ungezählte "Netzwerke gegen Rechts" gibt? Die Akteure sind keineswegs gelangweilte Bürger, die haben allemal einen Grund für ihr Engagement. Dem Himmel sei Dank, daß es weit mehr Helfer für Flüchtline gibt, als gegen sie. Das heißt aber noch lange nicht, daß man à la Bosbach die braune Gefahr herunterspielt. Haselhoff schätzt das richtig ein: es IST ein bundesweites Problem. Doch die Parteigranden von Union und SPD fischen lieben im rechten Sumpf nach ein paar vermeintlichen Stimmen. Sie sind mitschuld, wenn sie abwiegeln.
Es ist ja nicht "die braune Brut", es sind ganz erheblich "normale Menschen" wie Du und ich.... DAS ist das beängstigende, genau so wie bei Pegida, wenn hier Seite an Seite das gutbürgerliche Lager mit amts- und stadtbekannten Neonazis marschiert.
Zu dem Fischen im rechten Sumpf: Ich verstehe das Motiv, rechte Wähler mit Stammtischgetöse von NPD & Co abzuziehen und nach der Wahl hoffentlich mit konservativ-mittiger Politik ohne selbst nach rechts gehen zu müssen, weitermachen zu können. Selbst mir als bekennender "linker Socke" ;-) ist natürlich ein Prozentpunkt Wählerstimmen bei der Union statt der NPD lieber. Daß mit dem Stammtischgetöse der mittigen Parteien aber die Stimmung um viel mehr nach rechts gerückt wird, als man so Wähler vom rechten Rand wegabsorbieren kann, ist das reale Problem. Kann man bei *gida sehen, da geht u.a. wieder mal die Saat der unsäglichen Leitkulturdebatte auf, die vor 15 Jahren u.a. der Herr "Bierdeckel-Steuererklärung" Merz losgetreten hat.
(Das ist auch der Grund, warum ich mit einem NPD-Verbot skeptisch wäre: Selbst wenn es im nächsten Anlauf gelingt, so ist das faschistische und rassistische Denken in den Köpfen doch nicht weg. Nur "aus den Augen, aus dem Sinn")
@Da Hias Das ist richtig. Aber es ist auch das, was ich ausdrücken wollte: durch das "Alltäglichmachen" des üblen Gedankengutes, durch Einladungen an Pegida durch die CDU in den Bundestag, der Besuch vom SPD PV bei diesen Schreihälsen, das alles gibt der großen Masse der Mitläufer ihre Selbstrechtfertigung. Ich habe erhebliche Zweifel, daß es mehr als ein paar wenige Stimmen sind, die man "rechts-mittig" einfangen kann, im Zweifelsfall gehen die doch an die Originale NPD oder CSU oder AfD. Klare Kante ist gefragt von unseren "Volks"-Parteien: volle Breitseiten auf allen Ebenen gegen dieses Gedankengut. Stattdessen bleibt Sarrazin in der SPD und der Wahlslogan "Kinder statt Inder" wird in allen Variationen weiter gepflegt. Da stimmt was nicht!!!
Wenn da nun die Politik auch ein Exempel von "nicht Nachgeben" statuieren möchte, ist doch die schwerste Aufgabe, das Vertrauen der Flüchtlinge wieder zu gewinnen.
Aus dem fernen Berlin oder der Landeshauptstadt redet sich leicht. Ich möchte nicht in der Haut der Menschen im Ort und in der Lokalpolitik stecken, die jetzt im Alltag Rückgrat zeigen müssen, weil sie wirklich nah dran sind und konkret bedroht werden, und ich weiß nicht, ob ich persönlich als Flüchtling nicht alles versuchen würde, um NICHT nach Tröglitz zu kommen.
So oder so, entweder haben die Nazis gewonnen, wenn die Flüchtlinge wegbleiben, oder es bleibt die Angst und die Gefahr, daß die Flüchtlinge und diejenigen, die im Ort und der Region auf ihrer Seite stehen, für Symbolpolitik verheizt werden, wenn sie "jetzt erst recht" dort einziehen.
Soll der Ukraine erlaubt werden, Ziele tief in Russland mit westlichen Raketen und Marschflugkörpern anzugreifen? Ein Pro und Contra.
Kommentar Tröglitz: Auf keinen Fall zurückweichen
Nach dem Brandanschlag in Tröglitz ist die Bundespolitik gefordert. Sie muss klare Aussagen treffen und sich vor Bürger und Flüchtlinge stellen.
4. April: „Miteinander, Füreinander“ in Tröglitz Bild: dpa
Ja, man hat das kommen sehen. Leider. Gar nicht einmal zwangsläufig in Tröglitz, jenem Dorf in Sachsen-Anhalt, wo kürzlich Fremdenfeinde den Bürgermeister zum Aufgeben gezwungen haben. Aber durchaus in einem jener abgelegenen Orte, wo Flüchtlinge untergebracht werden, und wo sie und ihre Kinder den Schmähungen und Unterstellungen der NPD, der AfD und der verlogenen „Abendspaziergänger“ ausgesetzt sind. Wo Nachbarn gegen Nachbarn hetzen und ideologische Brandstifter unbehelligt bleiben – genau dort hat es nun gebrannt.
Letztlich aber scheinen Orte und Umstände nahezu austauschbar. Was bleibt, ist der Topos Tröglitz. Durch ihn wird jene gesellschaftliche Grundstimmung sichtbar, die den Mob in dem sicheren Gefühl der Überlegenheit und der Anschlussfähigkeit von Menschenverachtung wiegt. „Asylanten“ wollen wir hier nicht – und dafür tun wir jetzt auch was. Dieses Gefühl muss aufgebrochen werden.
Gefragt ist jetzt Haltung. Und zwar nicht nur seitens der Demokratinnen und Demokraten vor Ort. Also jenen, die sich mit den neu ankommenden Nachbarn solidarisieren, die Sprachkurse und Fahrradwerkstätten organisieren, die mit den Kindern spielen und mit den Erwachsenen kochen. Die hängen sich sowieso rein, Tag für Tag.
Mindestens genauso wichtig ist jetzt die Haltung der Politik. Und zu deren Appellen braucht es die dazugehörigen Bilder und Gesten. Auch wenn Osterferien sind und das Parlament in Berlin erst wieder in drei Wochen zusammentritt – jetzt ist der Moment, in dem sich Spitzenpolitiker vor ihre Bürger stellen müssen.
Die Kanzlerin, der Vizekanzler, der Innen- und der Justizminister sollten an den Tatort fahren und klarstellen: In unserer demokratischen Grundüberzeugung geben wir keinen Millimeter nach. Wir schützen Flüchtlinge und deren Unterstützer. Und wir verhandeln nicht mit jenen, die Demokratie und Meinungsfreiheit für ihre menschenverachtenden Ziele missbrauchen. Politik kann derlei leisten. Sie muss es jetzt aber auch tun.
Dieser Artikel wurde um 15.15 Uhr korrigiert. In einer früheren Version des Textes hieß es, Tröglitz liege in Sachsen.
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Schwerpunkt Rechter Terror
Kommentar von
Anja Maier
Korrespondentin Parlamentsbüro
1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.
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Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.
■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.
■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.
■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.
■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.
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■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.
■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.