Kommentar Skandal im Bamf: Der feuchte Traum der Rechten
Der Vorfall in der Bremer Außenstelle wirft die Asyldebatte um Jahre zurück. Er liefert denen Zunder, die Migration kriminalisieren wollen.
V or einigen Wochen sagte Alexander Dobrindt, der ewige Spalter der CSU, in Deutschland gebe es eine „Anti-Abschiebe-Industrie“ aus abgelehnten Asylbewerbern und deren Unterstützern. Kurz darauf stellte sich heraus: Es gibt tatsächlich etwas, das man, wenn man auf populistische Schablonensprache steht, so bezeichnen kann. In der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wurden offenbar in großer Zahl falsche Asylbescheide ausgestellt.
Das ist nicht irgendein Behördenskandal. Denn er wirft die Asyldebatte um Jahre zurück. So verstieg sich die Neue Zürcher Zeitung zu der hysterischen Schlagzeile, das Bamf sei „Deutschlands gefährlichste Behörde“. Wenn man schon mit dem Begriff „gefährlich“ arbeiten will, dann doch so: Das Bamf ist jene Behörde Deutschlands, bei der es für den gesellschaftlichen Frieden am gefährlichsten ist, wenn Mist gebaut wird. Dabei geht es nicht nur darum, dass durch die Bremer Drehtür auch mutmaßliche IS-Unterstützer oder Kriminelle spazieren konnten.
Die Flüchtlingskrise mag vorbei sein, aber die Ressentiments, die sie hervorlockte, sind es nicht. An jedem Abendbrottisch, an jeder Dorfkneipentheke wird es jetzt wieder einen geben, der grinst: „Hab ich doch gesagt“, und es wird andere geben, die nicken und die syrische Familie von nebenan lieber erst mal nicht mehr grüßen. Gefasel wie das von Dobrindt bleibt, findet es einmal einen Anker in der Realität, nur zu leicht hängen.
Der Plot, der sich da gerade entfaltet, ist der feuchte Traum der Rechten: Böse Fake-Flüchtlinge kaufen sich in Scharen bei uns ein. Ob die 1.000 Euro, die laut Spiegel für einen solchen Antrag an einen Hildesheimer Anwalt gegangen sein sollen, überhaupt als Bestechungsgeld in Richtung Bamf weiterflossen, interessiert kaum jemanden. Diskursverschiebung erfolgreich.
Umso wichtiger ist die Aufklärung der Frage, wie das Ganze überhaupt so lange betrieben werden konnte. Dass außer der AfD bisher nur die FDP einen Untersuchungsausschuss fordert, ist bedauerlich. Nicht zuletzt diskreditiert die Affäre auch viele Bamf-Mitarbeiter, die im täglichen Spagat zwischen Einzelschicksalen und migrationspolitischen Vorgaben einen sehr wichtigen Job machen.
Auch deshalb sollte sich die öffentliche Debatte nicht wieder nur um die Frage drehen, was das Ganze für die politische Zukunft von Horst Seehofer bedeutet. Die Konsequenzen tragen schließlich unmittelbar die Zehntausende, deren Anträge nun rückwirkend überprüft werden – oder bereits widerrufen wurden.
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