Kommentar Schröders Jobambitionen: Putins gekaufter Einfluss
Gerhard Schröder will sich von einer Firma kaufen lassen, die auf der EU-Sanktionsliste steht. Das ist keine Privatsache. Der Exkanzler schadet der SPD.
N atürlich ist es ein Politikum, wenn ein deutscher Exkanzler überlegt, bei der russischen Ölgruppe Rosneft einen hochbezahlten Aufsichtsratsposten zu übernehmen. Die Versuche der SPD, die neuesten Jobüberlegungen von Gerhard Schröder als reine Privatsache hinzustellen, wirken hilflos. Privatsache, im Ernst?
Rosneft steht für Wladimir Putin, für jenen Autokraten also, der die Krim völkerrechtswidrig annektiert hat, die Opposition schikaniert und kritische Journalisten bekämpft. Der börsennotierte Konzern gehört mehrheitlich dem Staat, Putin hat ihn dazu genutzt, große Teile der russischen Öl- und Gaswirtschaft unter seine Kontrolle zu bringen.
Und Schröder würde natürlich nicht eingekauft, weil er Experte für Businesspläne ist, sondern weil er mal der mächtigste Deutsche war und über beste Kontakte in die Politik verfügt. Es ist ganz einfach: Rosneft will sich Einfluss kaufen, und Schröder, der sich schon seine Dienste für Gazprom vergolden ließ, wird als lohnende Investition erachtet.
Die Liebäugelei des früheren Kanzlers mit diesem Job mitten im Wahlkampf offenbart eine unfassbare Prinzipienlosigkeit – und ist für die SPD eine Katastrophe. Denn dieser Deal führte nicht nur Geringverdienern vor Augen, dass manche wichtigen SPDler vor nichts zurückschrecken, wenn es um viel Geld geht.
Schlimmer noch ist, dass Schröders Ambitionen die sozialdemokratische Russland-Politik diskreditieren. Eigentlich ist die von Frank-Walter Steinmeier geprägte Doppelstrategie nach der Annexion der Krim klug. Sie setzt auf Sanktionen, signalisiert aber Gesprächsbereitschaft bei russischen Zugeständnissen. Das ist sinnvoll, auch wenn Letztere bisher fehlen.
Und nun will sich Schröder von einem Konzern kaufen lassen, der auf der Sanktionsliste der EU steht? Da bleibt bei vielen hängen, bei der SPD seien geldgierige Putinfans am Werk. Seine Partei müsste ihn scharf verurteilen, statt nett über den verdienten Kanzler und Privatmann zu murmeln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen