Kommentar Rücktritt Jannis Varoufakis: Die Rolle des Rambo ist zu Ende
Mit seinen verbalen Aggressionen reagierte Varoufakis auf die strukturelle Gewalt der Gläubiger. Zu Recht. Um seine Zukunft muss er sich nicht sorgen.
E s ist nur konsequent, dass der griechische Finanzminister Jannis Varoufakis zurückgetreten ist. Seine Rolle ist zu Ende – und er hat sie mit Bravour erfüllt. Er hat den Rambo gegegeben, der die Gewissheiten der Eurozone aufsprengt.
Varoufakis hat polarisiert und auch polemisiert. In seinem letzten Interview nannte er die Troika „Terroristen“. Mit seiner verbalen Aggression reagierte er auf die strukturelle Gewalt der Gläubiger, die Griechenland permanent neue Sparprogramme verordnen, die das Land verarmen lassen. Varoufakis wollte zumindest sprachlich Waffengleichheit herstellen.
Die Rollenverteilung zwischen Varoufakis und dem griechischen Premier Tsipras war klar: Die beiden führten das klassische Good Cop/Bad Cop-Theater auf. Auf den Eurogipfeln gab Tsipras den freundlichen Kumpel, während Varoufakis seine Expertise als Volkswirt zur Schau stellte. Dabei trat er als nerviger Besserwisser auf, was seinem Naturell durchaus entspricht.
In deutschen Medien wird gern der Eindruck erzeugt, die Griechen hätten mehr Zugeständnisse herausholen können, wenn Varoufakis nicht so penetrant gewesen wäre. Doch es war genau anders herum: Die Griechen benötigten zumindest ein Delegationsmitglied, das so richtig unangenehm werden konnte.
Denn sonst hätten die Gläubiger niemals zugehört. In ihrer Machtfülle hatten sie der neuen Syriza-Regierung die gleiche Rolle zugedacht, die auch schon die konservativen Vorgänger unter Samaras zu spielen hatten: Als brave Schüler sollten sie ihre „Hausaufgaben“ machen. Syriza hatte also keine Chance – und nutzte sie.
Er wird nicht mehr gebraucht
Varoufakis wusste von Anfang an, dass dieser Kurs mit seiner Demission enden würde. Er war noch keine sechs Wochen an der Macht, da sagte er in einem Interview über sich und seinen Chef Tsipras: „Wir kleben noch nicht an unseren Stühlen.“ Auch ein Referendum brachte er schon damals ins Gespräch.
In Griechenland wurde seit Monaten spekuliert, dass Varoufakis abtreten würde, sobald das zweite Hilfsprogramm ausläuft. Also Anfang Juli. Und so ist es gekommen. Denn Varoufakis wird nicht mehr gebraucht. Verbale Attacken sind überflüssig und schädlich, wenn die maximale Eskalationsstufe sowieso erreicht ist.
Jetzt muss die Eurozone entscheiden, ob sie den Griechen ein Angebot machen will, das sich Angebot nennen lässt. Dafür ist Tsipras richtig, der nach dem Referendum sofort in die Rolle des umsichtigen Staatsmannes geschlüpft ist.
Um seine Zukunft muss sich Varoufakis keine Sorgen machen: Die fünf Monate als griechischer Finanzminister haben seinen „Marktwert“ als Vortragsredner enorm gesteigert. Außerdem hat er genug Stoff für ein neues Buch, das schon angekündigt ist und garantiert ein Bestseller wird. Für Varoufakis war sein Gastspiel als Finanzminister eine Win-Win-Situation.
Zum Glück. Denn auch der Rest der Eurozone kann dankbar sein, dass Varoufakis den Wahnsinn des Sparkurses so hartnäckig attackiert hat. Aber es wird noch dauern, bis diese Einsicht außerhalb Griechenlands eine Chance hat.
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