Kommentar Regierungsoptionen der SPD: Alles ist möglich
Altkanzler Schröder hat Bedenken bei R2G und ist damit nicht allein. Was soll Schulz jetzt machen? Am besten: Über eigene Wünsche sprechen.
S oso, Gerhard Schröder glaubt nicht an Rot-Rot-Grün. Das allein könnte Martin Schulz egal sein. Den gerade frisch gewählten 100-Prozent-Chef der SPD muss nicht kümmern, was ein Mann denkt, der seine Kanzlerschaft im letzten Jahrhundert begann und der heute allenfalls noch im Aufsichtsrat von Hannover 96 über Trainerwechsel in der zweiten Liga entscheidet. Zumal Schröder als einziges Hindernis für Rot-Rot-Grün „die Familie Lafontaine“ benannte.
So unverblümt hat selten jemand seine rachsüchtige Macho-Weltsicht als treibendes Motiv offenbart wie Schröder jetzt im Spiegel. Weil Oskar 1999 mit ihm brach, soll die SPD auch heute nicht mit der Linkspartei. Fraktionschefin Sahra Wagenknecht muss dabei nicht einmal namentlich erwähnt werden – Ehefrau von Oskar reicht. Come on. Also: Schröder vergessen und weitermachen mit rot-rot-grünen Plänen?
So leicht kann es sich Schulz leider nicht machen. Schröders Interview bekommt ja nur deshalb so viel Aufmerksamkeit, weil es einen wunden Punkt der Schulz-Kampagne trifft. Die Vorbehalte gegen eine Regierungsbeteiligung der Linken gehen weit über den Kreis der nachtragenden Altkanzler hinaus. Bedenkenträger gibt es auch nicht nur im Saarland, wo sie lieber eine biedere CDU-Frau als Rot-Rot wollten, sondern im ganzen Land – selbst in linksliberalen Milieus. Sei es die Haltung der Linken zur Stasi oder die zur Nato, Gründe, mit ihr zu fremdeln, gibt es viele. Was aber folgt daraus für Schulz? Soll er Rot-Rot-Grün wieder ausschließen wie einst Peer Steinbrück? Wenig verlockend.
Denn was sind die Alternativen? Wieder eine große Koalition? Eine mit der FDP? Soll ausgerechnet der Kandidat mit dem bisher halbwegs glaubwürdigen Anliegen Gerechtigkeit die Liberalen wieder beleben, nur weil die nicht mehr gleich Nein sagen? Eine ideale Koalition ist nicht in Sicht, aber alle sind möglich. Das ist erst mal gut und eröffnet neue Möglichkeiten – wenn man keine ausschließt.
Das Beste wird sein: mehr über eigene Wünsche und weniger über mögliche Partner reden. So wie Schulz in den ersten Wochen nach seiner Nominierung. Und wenn doch jemand fragt: Die meisten Bedenken kann man als Schreckgespenster entzaubern. Oder glaubt jemand wirklich, dass „Familie Lafontaine“ einen Kanzler Schulz zum Nato-Austritt bewegen wird?
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