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Kommentar Rassismusvorwürfe in ParisNotwendige Überlebensstrategie

Es ist selbsterklärend, dass manches in geschützteren Räumen eher möglich ist. Ein Festival, das Weiße ausschließt, sollte auszuhalten sein.

Es gibt kaum Orte, wo Frauen of Colour geschützt sind vor dem täglichen Rassismus Foto: reuters

N eu ist Separatismus als feministische Strategie nicht, dennoch löst er immer wieder emotionale Diskussionen aus. Mittlerweile sind Frauen- und Lesbenräume einigermaßen etabliert, doch wenn Schwarze Personen und Personen of Color (BPoC) temporäre Orte schaffen wollen, in denen sie nicht dem weißen Blick ausgesetzt sind, bricht Empörung aus. Kaum eine_r käme auf die Idee, Frauen- und Lesbenräume als sexistisch zu bezeichnen. Doch BPoC-Räume werden als rassistisch diffamiert – so wie das afrofeministische Nyansapo Festival in Paris gerade von rechten Politiker_innen bis hin zu Antirassismusorganisationen.

Weil der Ausschluss von weißen Menschen als umgedrehter Rassismus interpretiert wird oder weil das Benennen der sozialen Kategorie weiß vermeintlich erst zu „Rassifizierung“ und Rassismus führe. Demnach wäre nicht ein Verhalten rassistisch, sondern das Benennen der Zustände.

Dabei sollte es selbsterklärend sein, dass Heilung in geschützteren Räumen eher möglich ist als in großen Bündnissen. Wenn BPoC etwa über Rassismuserfahrungen und Strategien sprechen wollen, dann ist es sehr schwer, wenn weiße Menschen und deren verletzte Gefühle sämtlichen Raum einnehmen.

2016 drohte dem „decolonisation summer camp“ in Reims ebenfalls ein Verbot, weil es nicht für weiße Menschen offen war. Auch in Berlin erreichte 2015 das Cutie.BPoC Festival ein Schreiben der Antidiskriminierungsstelle des Bundes mit einem Rassismusvorwurf: Menschen als weiß zu bezeichnen, reproduziere per se „Rassen“theorie, obwohl Weißsein Privilegien und nichts Biologistisches benennt.

Überleben, nicht überwinden

Antirassistische Identitätspolitik ist eine Strategie zum Überleben in einer rassistischen Gesellschaft und nicht die Lösung zum Überwinden von konstruierten Kategorien. Das wissen die Feministinnen hinter dem Pariser Kollektiv Mwasi, ihre Kritiker_innen hingegen anscheinend nicht.

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Hengameh Yaghoobifarah
Mitarbeiter_in
Hengameh Yaghoobifarah studierte Medienkulturwissenschaft und Skandinavistik an der Uni Freiburg und in Linköping. Heute arbeitet Yaghoobifarah als Autor_in, Redakteur_in und Referent_in zu Queerness, Feminismus, Antirassismus, Popkultur und Medienästhetik.
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8 Kommentare

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  • Zitat Hegameh Yaghoobifarah: "(...) obwohl Weißsein Privilegien und nichts Biologistisches benennt."

     

    Wenn das so ist, wie wäre es dann mit einer nach der obigen Definition treffenderen Bezeichnung? Ich schlage vor: "People of Privilege", kurz: PoP.

    Denn Privilegierte gibt es in allen Farben, genauso wie Benachteiligte.

  • Hengameh Yaghoobifarah, geboren 1991 in Kiel, studierte "irgendwas mit Medien“ (Medienkulturwissenschaft) und "mal was Exotisches“ (Skandinavistik) an der Uni Freiburg und in Linköping:

    "Antirassistische Identitätspolitik ist eine Strategie zum Überleben in einer rassistischen Gesellschaft und nicht die Lösung zum Überwinden von konstruierten Kategorien."

    Identität womit?

     

    Mal ganz ehrlich@Hengameh Yaghoobifarah, seinen Namen öfter mal buchstabieren zu müssen, ist kein Alltagsrassismus! Und sich als auf der Straße wohl nicht offensichtliche/r people of colour gedanklich zu Schwarzen dazumogeln zu wollen; darauf hat das Kollektiv Mwasi bestimmt total toll gewartet...

  • Der Knock-Out Haken ist nicht, ob diese Veranstaltung für die potenzielle Zielgruppe hifreich, heilsam oder sonstwie positiv wäre. Auch die Debatte ob die (Selbst)Bezeichnung Schwarz oder Weiss gesellschaftlich, biologisch oder sonstwie haltbar, zumutbar, oder zu überwinden sei, ist nun genauso minderrelevant geworden, wie die Frage, wer denn (nicht)dazugehört.

    Das politisch unglaublich Minderbemittelte ist, sämtlichen Antihumanen eine Steilvorlage sondergleichen geliefert zu haben:

    Ist ein Veranstaltungsverbot legitim oder legal, so wird die neue permanente Laberschleife der LePenner das Ihr-doch-auch Mantra sein.

    Ist die Veranstaltung (moralisch) zu genehmigen, so hängt bald an jeder Zukurzgekommenkneipe ein Schild mit ´Dauerveranstaltung nur für Klientel mit regionaler Herkunft´ .

    Das Argument mit den Frauenräumen ist mehr als ambivalent. Erstens war es ein Lieblingsargument der Geschlechterapartheitsapologeten und vor allem sollte die zu Exzessreaktionen neigende mimosenhafte Pienzigkeit des ´gesetzten´ Mannes bei imaginierter potenzieller Nichtmindestensgleichbeachtung niemals unterschätzt werden. Frauen machen immerhin 50% der Bevölkerung aus und auch der letzte Chauvi wollte sie nicht ausser Landes treiben.

    Im besprochen Fall ist es anders.

  • "Kaum eine_r käme auf die Idee, Frauen- und Lesbenräume als sexistisch zu bezeichnen. "

    Tja, vielleicht ist genau das ein Fehler, das das kaum einer tut.

    Sexismus oder Rassismus durch umgekehrten Sexismus/Rassismus bekämpfen zu wollen, das erscheint mir jedenfalls fragwürdig.

    • @yohak yohak:

      Betrachteten Sie es mal so: Eine Gehhilfe oder Brille ist auch ein Mittel jener ´positiven Diskriminierung´die ja so vielen ungerecht erscheint, denn es ist ein Mittel zum gesellschaftlich Fortkommen, die nur einigen zur Verfügung steht. Dennoch würde niemand jemandem vor einer Prüfung die Brille oder die Einlagen aus den Schuhen nehmen, weil die Nichtträger ihre Leistung ja auch ohne Hilfsmittel nachweisen müssen. Da niemand die Vorteile seiner Herkunft, Geschlecht ect aufgibt, ist es mehr als mimosenhaft, sich zu beschweren, wenn andere sich Krücken bauen, um ihre Nachteile zu kompensieren.

  • Wenn man überraschend angegriffen wird, ist es verdammt schwer, mehr zu wissen als: 'Du solltest dich verteidigen!'

     

    Ich bin vermutlich auch eine der "Kritikerinnen", die Hengameh Yaghoobifarah hier attackiert. Aber die Frau irrt sich. Ich weiß genau, dass temporärer Separatismus eine Überlebensstrategie ist. Ich weiß allerdings ebenso genau, was Separatismus von Aggressivität unterscheidet.

     

    Ich gönne jedem Menschen, der ihn zu glauben braucht, einen Ort, an den er sich zurückziehen kann um Luft zu holen und sich auszuruhen. Wer allerdings noch Energie genug hat, andere Menschen pauschal anzugreifen, ohne sie auch nur zu kennen oder jemals belästigt worden zu sein von ihnen, der braucht gar keinen Rückzugsort. Der braucht eher einen Boxring und ein möglichst großes Publikum.

     

    Menschen, die so voller Energie stecken wie Hengameh Yaghoobifarah, sollten nicht „in einer rassistischen Gesellschaft [überleben]“ wollen. Sie sollten die Gesellschaft ändern wollen, sollten „Lösung zum Überwinden von konstruierten Kategorien“ suchen. Damit die „BPoC“ (Himmel, welcher Mensch ist gerne eine Abkürzung!?) sich nicht auf Dauer verkriechen müssen vor ihren Mitmenschen, sondern frei sein können, um zu leben. Aber vielleicht wäre das dann ja das Ende ihres Paternalismus. Wobei – ist Paternalismus eigentlich auch eine „feministische Strategie“ Ihrer Ansicht nach, werte Hengameh Yaghoobifarah?

     

    Übrigens: Wer wissen möchte, was ich weiß, der kann mich gerne fragen. Wer mich nicht fragt, kann es allerding nicht wissen. Und wer das Gegenteil behauptet, lügt. Hellseher gibt es nicht.

  • Auch nur eine "Identitäre Bewegung". Nur eben in schwarz. Und weiblich.

    Dieser ganze Identitätenquatsch wird den Linken nochmal ganz, ganz bös auf den Fuß fallen.

  • Ja so ist das mit dem Rassismus, mal ist er schlecht, dann mal wieder gut...