Kommentar Pflanzliche Ernährung: Nur vegan ist auch keine Lösung
Wir verfallen von einem Extrem, zuviel Fleisch, ins andere: den Veganismus. Besser wäre es, den gesunden Mittelweg zu suchen.
D as neue Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zu veganem Essen zeigt, wie unverantwortlich der Medienhype der vergangenen Jahre um die rein pflanzliche Kost war. Kaum eine Zeitschrift, kaum eine Zeitung, die nicht positiv über Veganismus geschrieben hat: Viele AutorInnen berichteten über ihren Selbstversuch à la „Einen Monat vegan“ und kamen am Ende zum Schluss: „Vegan schmeckt lecker“ und „hilft beim Abnehmen“.
Dabei wurde oft ausgeblendet, dass vegane Ernährung das Risiko von Nährstoffdefiziten und damit schweren Gesundheitsschäden erhöht. Denn pflanzliche Lebensmittel liefern nun einmal kaum das wichtige Vitamin B12. Und auch andere Nährstoffe können schnell fehlen, wenn man die pflanzlichen Alternativen zu Fleisch und Milchprodukten falsch kombiniert.
Klar: Wer Vitaminpillen schluckt, zum Ernährungsberater geht und regelmäßig seine Blutwerte untersuchen lässt, kann ausschließlich vegan essen und gesund bleiben. Aber dieser Teil der Geschichte fehlte in den Jubelartikeln über den „Vegan-Trend“ meist. Pillen und Arztbesuche passen nicht zur Hipness, die manche im Veganismus suchen.
Gut, dass die DGE diese neue Ernährungsmode durch ihre Stellungnahme nun ein bisschen erdet. Manche Veganer haben der Institution früher vorgeworfen, zu industrienah zu sein. Aber wer das aktuelle Positionspapier liest, sieht, dass die Experten ihre Thesen mit anerkannten Studien belegen. Im Übrigen ist, was die DGE schreibt, für Fachleute nichts Neues. Dass bestimmte Nährstoffe schwer aus Pflanzen zu beziehen sind, ist schon lange Stand der Forschung.
Statt von einem Extrem – viel zu viel Fleisch – ins andere – Veganismus – zu verfallen, sollten wir lieber den gesunden Mittelweg suchen. Die Deutschen müssen weniger Fleisch essen: um das Risiko von Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken – und um die Umweltschäden der Tierhaltung zu minimieren.
Derzeit verspeist jeder Mann im Schnitt rund ein Kilo Fleisch pro Woche. Die DGE empfiehlt nur 300 bis 600 Gramm. Würden alle so wenig davon essen, könnten sie auch mehr Geld pro Gramm ausgeben – für Biofleisch, das unter tierfreundlicheren Bedingungen produziert wird als konventionelle Billigware.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher