Kommentar Neuwahl in Niedersachsen: Loser im Verlieren
Eine Grüne in Niedersachsen stürzt die Landesregierung, weil sie von ihrer Partei gefrustet ist. Profitieren wird davon die ansonsten mittelmäßige CDU.
I n Niedersachsen hat eine Abgeordnete die ganze Regierung gestürzt und das offenbar aus Wut. Die Grünen-Politikerin Elke Twesten wurde in ihrem Wahlkreis Rotenburg/Wümme nicht wieder als Bundestags-Direktkandidatin aufgestellt. Sie hat mit 17 zu zehn Stimmen gegen ihre Konkurrentin Birgit Brennecke verloren. Das war nicht einmal besonders knapp und passiert halt in einer Demokratie. Abgeordnete müssen damit leben, dass sie in demokratischen Verfahren auch mal den Kürzeren ziehen.
Elke Twesten kann das nicht. Sie wechselt stattdessen zur oppositionellen CDU und rächt sich damit nicht nur an den Grünen, sondern gleich an der ganzen Regierung. In Niedersachsen haben Rot-Grün nur eine Ein-Stimmen-Mehrheit. Das ist dünn und Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) musste immer damit rechnen, dass das Regieren mit nur einer Stimme knapp wird. Für den Austritt Twestens scheint es aber keine Vorwarnung gegeben zu haben.
Twesten nennt auch keine inhaltlichen Differenzen mit den Grünen. Sie schiebt lediglich vor, dass ihre Rotenburger Konkurrentin sich angeblich nicht um eine Bewerbung für die Landesliste gekümmert habe. Sie, Twesten, habe deshalb befürchtet, dass Rotenburg/Wümme gar nicht auf der Landesliste vertreten sei. Ganz davon abgesehen, dass Brennecke noch bis zum Landesparteitag Mitte August dafür Zeit gehabt hätte, ist die Bewerbung um einen Listenplatz an diesem Freitag auch bei den Landesgrünen eingegangen. Alles fristgerecht. Kein Grund für ein feindliches Überlaufen.
Es bleibt nur der Frust einer Abgeordneten, die nicht verlieren kann. Klar, dass die CDU sie mit Kusshand in ihren Reihen aufnimmt. Die Christdemokraten sind der große Gewinner der grünen Streiterei. Sie könnten nun, da der Wahltermin eventuell mit der Bundestagswahl zusammen fällt, von Merkels Beliebtheit profitieren. Mit Althusmann allein, einem mittelmäßig beliebten Ex-Kultusminister, der mit der Forderung nach einer Pause für die Inklusion in den Wahlkampf zog, wäre das schwieriger geworden.
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hingegen trifft die Neuwahl in einer Phase, in der er sowieso schon in der Kritik steht. Nicht nur als VW-Aufsichtsrat, sondern auch als Chef einer Regierung, die sich gerade mit einem Skandal über Manipulationen und Schlampereien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge herumschlagen muss.
Aber auch die Grünen, die ihren eigenen Laden offensichtlich nicht unter Kontrolle haben, wirken vor der Bundestagswahl mit solchem Ex-Personal sehr unglücklich. Jetzt heißt es, dass ganze schnell hinter sich zu bringen.
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