Rot-grüne Regierung auf der Kippe: Niedersachsen soll bald neu wählen
Rot-Grün in Niedersachsen verliert überraschend die knappe Mehrheit. Regierungschef Weil fordert nun eine rasche Neuwahl. Zurücktreten will er nicht.
Hannover dpa | Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ist nach dem Verlust der rot-grünen Regierungsmehrheit für eine rasche Neuwahl des Landtags. Er sprach sich am Freitag für eine Selbstauflösung des Parlaments aus, will aber nicht zurücktreten. Zuvor hatte völlig überraschend die Abgeordnete Elke Twesten den Grünen den Rücken gekehrt und sich der CDU zugewendet. Damit verlor die rot-grüne Regierung ihre knappe Ein-Stimmen-Mehrheit.
„Wenn eine Abgeordnete des niedersächsischen Landtags aus aussschließlich eigennützigen Gründen die Fraktion wechselt und damit die von den Wählern gewollte Mehrheit verändert, halte ich das persönlich für unsäglich und ich halte das für sehr schädlich für die Demokratie“, sagte Weil.
Einen Rücktritt lehnte er ab. „Ich stelle mich jederzeit sehr gerne dem Wählerwillen, aber ich werde einer Intrige nicht weichen.“ Die Wähler seien die einzigen, die über Mehrheiten bestimmen dürften.
Twesten sagte: „Ich sehe meine politische Zukunft in der CDU.“ Sie habe sich seit längerem von den Grünen entfremdet. In ihrem Wahlkreis gelang es ihr außerdem nicht, für die nächste Landtagswahl von den Grünen vor Ort erneut als Direktkandidatin aufgestellt zu werden. Die Politikerin selber betonte: „Ich bin keine Verräterin. Ich fühle mich sehr gut.“
Der niedersächsische CDU-Landeschef Bernd Althusmann sprach nach eigenen Angaben erstmals am vergangenen Freitag mit der abtrünnigen Grünen-Abgeordneten über ihre Wechselabsichten: „Angebote hat es keine gegeben.“
Für eine rasche Neuwahl hatte sich auch die Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion Johanne Modder ausgesprochen. „Wenn die Mehrheit wechselt, weil eine Abgeordnete aus persönlicher Enttäuschung die Seite wechselt, dann soll möglichst rasch der Wähler entscheiden“, sagte Modder der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.
Leser*innenkommentare
Age Krüger
Das könnte der Veggie-Day-Effekt bei den Grünen werden für die nächste Bundestagswahl.
Anfang August 2013 vor der letzten BTW standen die noch bei 13.14% in den Umfragen, am Ende waren es nur noch 8.
Jetzt sind es schon nur noch 8% bei den Umfragen. Die müssen sich echt allmählich Sorgen machen, ob sie die 5% knacken. In Niedersachsen sowieso und auch im Bund.
Rudolf Fissner
@Age Krüger Der Veggy Witz ist alt und mittlerweile von der Wirklichkeit eingeholt. Oder sind Ihnen die Änderungen im Warenangeboot in den Supermärkten und auf den Speißekarten der Restaurants noch nicht aufgefallen? Es ist nicht nur einmal Veggday, es ist mittlerweile jeden Tag Veggyday.
Eilige Intuition
@Rudolf Fissner ... und das ist gut so. ;-)))
Eichet
Schnelle Neuwahlen wäre die einzig saubere Lösung.
Chaosarah
Ich finde es bezeichnend dass Frau Twesten den Unterschied zwischen CDU und GRÜNEN als fließend erachtet. Mir kam diese Gedanke auch schon des öfteren.
Früher hat man ja im Angesicht von Wahlen immer versucht das eigene Profil zu schärfen. Nachdem aber alle Parteien möglichst breit in der Mitte stehen wollen ist aber wohl eher das Gegenteil der Fall.
Möglichst vage und undefiniert ein schwaches Gefühl von Umweltschutz und tralala verbreiten und bloß nicht mit den Rückgrat aneckten!
1714 (Profil gelöscht)
Gast
Solche Leute wie Twesten gibt es leider in allen Parteien. Es ist gut, daß man sie nicht zwingen kann, ihre Mandate zurückzugeben. Doch es wäre fair und ein nobler Charakterzug, würden sie es dennoch tun, freiwillig. Doch von diesen Menschen, die nur eines im Sinn haben, nämlich sich selber und ihre eigenen Karrieren, kann man keine solche Haltung erwarten. Sie sind -egal aus welcher Partei- nichts weiter als verachtenswürdig.
Pink
Wie geldgierig muss ein Mensch eigentlich sein, um sich so zu verkaufen ? Pecunia non olet.
maro
Aus verletzter Eitelkeit die Koalition gesprengt. Die Frau hat Pioniergeist ;-)
Aufrechtgehn
Unschön, aber irgendwie nicht weiter verwunderlich. Die Grünen sind ja schon seit längerem eine CDU mit Bio-Siegel und passen sich dem neoliberal-nationalkonservativen Zeitgeist immer schneller und immer weiter an. Da ist es nur folgerichtig, wenn die Partei von solchen rücksichts- und richtungslosen Karrieristinnen heimgesucht wird, denen es ausschließlich um ihr persönliches Pöstchen geht und die dann blitzschnell zum politischen Mitbewerber wechseln, wenn dieses verloren zu gehen droht.
maro
@Aufrechtgehn Naja, es gibt schon noch ein paar mehr KarrieristInnen bei den Grünen und anderswo. Wer es mal strebenderweise bis auf einen warmen Sessel geschafft hat, kennt sich i.d.R. mit Intrige und Manipulation ganz gut aus.