Kommentar Konflikt Israel und Iran: Nervosität in Jerusalem
Iran kann Israel provozieren, ohne Vergeltung fürchten zu müssen. An einer Konfliktlösung müssen Washington, Moskau und Brüssel mitarbeiten.
I sraels heftige militärische Reaktion auf die iranische Drohne mit rund einem Dutzend Bombenangriffen deutet auf Nervosität in Jerusalem hin. Mit gutem Grund, denn die dritte Front, an der sich Teheran mit eigenen Truppen oder gut bezahlten Handlangern niederlässt, stellt die Regierung in Jerusalem vor eine verzwickte Situation. Iran kann jederzeit provozieren, ohne selbst schlimme Vergeltung fürchten zu müssen.
Der schmerzhafteste Schlag trifft zuallererst die syrischen Truppen. Man müsse „die Krake am Kopf treffen“, sagte Israels Bildungsminister Naftali Bennett. Nur so wäre die bisher als meistens wirkungsvoll erprobte Strategie der Abschreckung machbar. Bennett hat einen Angriff des Iran vor Augen. Vorläufig geht Israels Sicherheitsapparat auf Abstand zu dieser Option, die gefährliche Konsequenzen haben könnte.
Der Unmut des Bildungsministers lässt sich nachvollziehen. Iran und Israel haben keine gemeinsame Grenze, führten nie Krieg gegeneinander, und es gibt keine ungeklärten Gebietsansprüche. Dass Teheran dennoch die schlimmsten Feinde Israels finanziert, ausbildet und mit Waffen versorgt, um sie beizeiten in die Schlacht zu treiben, muss zornig stimmen.
Diesen Feind unter Kontrolle zu halten sollte nicht Israel allein überlassen werden. Dass der Iran nicht zu mächtig wird, ist nicht nur Jerusalems Interesse. Trotzdem scheint der Appell des israelischen Premiers Netanjahu an die Regierung in Moskau, nicht zuzulassen, dass sich die Iraner in Syrien militärisch einrichten, bei Wladimir Putin vorläufig auf taube Ohren zu stoßen. Dabei täte Russland gut daran, seinem Verbündeten im Kampf der syrischen Regierung gegen die Rebellen den Laufpass zu erteilen und nach neuen Partnern Ausschau zu halten.
Viel zu lang hat die Welt die Grauen des Bürgerkriegs mit angesehen, ohne einzugreifen. Wenn es nun darum geht, eine möglichst langfristige Stabilität in Syrien zu erreichen, ist nicht nur Moskau gefragt (und schon gar nicht Teheran), sondern auch Washington und Brüssel sind es.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“