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Kommentar Grüne für AgrarwendeUmdenken überfällig

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Bündnis 90/Die Grünen liegen richtig: Der radikale Umbau der Landwirtschaft ist aus Umweltsicht dringend notwendig.

Ohne Umbau der Landwirtschaft kein Klimaschutz: Grünen-Plakat zur Europawahl in Berlin Bild: reuters

E ndlich räumen die Grünen der Ernährungspolitik das Gewicht ein, das sie verdient. Nach dem Ausstieg aus der Atomenergie setzt die Partei nun auf einen radikalen Umbau der Landwirtschaft als zentralem Thema. Aus Umweltsicht ist das überfällig.

Denn Bauern sind Wissenschaftlern zufolge hauptverantwortlich dafür, dass Tier- und Pflanzenarten aussterben. Schließlich hat die Agrarwirtschaft fast die Hälfte der deutschen Landfläche unter Beschlag.

Zudem verursacht der Ernährungssektor – je nach Schätzung – 16 bis 22 Prozent der Treibhausgase in Deutschland. Mehr als die Hälfte aller Stickstoffverbindungen gelangen über die Landwirtschaft in die Umwelt. Doch aus dem Stickstoff, der als Dünger benutzt wird, entsteht Nitrat und schließlich das gesundheitsschädliche Nitrit. Viele Brunnen in Deutschland sind so stark belastet, dass ihr Wasser nur noch stark verdünnt getrunken werden darf.

Konventionelle Landwirte halten auch Millionen Schweine, Hühner und andere Tiere unter oft miserablen Bedingungen. Ein Teil des Futters kommt etwa aus Südamerika, wo Menschen vertrieben werden, um beispielsweise gentechnisch veränderte Soja anzubauen. In riesigen Monokulturen, deren Pestizide das Wasser vergiften und die Natur zerstören.

All das ist seit Jahren bekannt. Dennoch hat sich die konventionelle Agrarlobby auch bei der jüngsten Reform der EU-Subventionen für die Landwirtschaft weitgehend durchgesetzt. Weiterhin bekommen auch umweltschädliche Betriebe Milliarden Euro. Denn in Deutschland kämpfen vor allem CDU und SPD zuverlässig für die Interessen der Agrarindustrie. Wenn die Grünen dank ihrer Agrarkampagne Wählerstimmen gewinnen sollten, könnte das den Druck erhöhen, die Umweltprobleme der Landwirtschaft zu lösen – endlich.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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21 Kommentare

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  • Die GRÜNEN brauchen dringend ein Thema, mit dem Sie sich nach dem beschlossenen Atomausstieg profilieren können. Beim Thema Agrar sind sie sich alle wunderbarerweise einig. Und warum sind sie sich einig?

    1. Weil sie keine Ahnung von der Materie haben, sonst müssten sie viel kontroverser über gute Tierhaltung, guten Ackerbau etc. diskutieren - so nämlich, wie wir Landwirte das auch tun. Beispiele: Anton Hofreiter behauptet dieser Tage in der Rheinischen Post: "Zu viele Antibiotika in den Futtermitteln tragen wesentlich dazu bei, dass wir alle gegen Antibiotika zunehmend resistent werden." Seit 2006 sind Antibiotika im Futter EU-weit verboten. Oder: "Ein Drittel der Klimakatastrophe wird durch die agro-industrielle Landwirtschaft verursacht." Laut UBA trägt in Deutschland die gesamte Landwirtschaft (inkl. Bio) zu 7,7 Prozent zu den Klimagasen bei. In der EU sind es 9 Prozent (Zahlen der EU-Kommission) und weltweit 14 Prozent (Zahlen der FAO). Aber man kann ja erst einmal mit Dreck um sich werfen, irgendwas wird schon hängenbleiben ...

    2. Weil sie sich das teure Bio-Essen leisten können. Mit Stand von 2009 konnten 68 Prozent der Mitglieder einen Hochschulabschluss vorweisen. Und: Durch ihre Politik schaffen sie es, dass ihnen die finanziell schwächeren Bevölkerungsschichten das Essen auch noch subventionieren: Umverteilung von unten nach oben - das ist asozial nicht gerecht.

  • Logo, dass die Tiere in deutschen Massentierhaltungen meistens schlecht gehalten werden. Das weiß der Deutsche schließlich ganz genau. Vielleicht 40.000 Menschen arbeiten in der Landwirtschaft. Ganz-ganz großzügig betrachtet vielleicht sogar: 100.000? Ein paar mehr haben damit zu tun. Der Rest der Republik? Hat kaum jemals einen Fuß in einen Stall gesetzt, mit Bauern gesprochen oder sich sonst sachkundig gemacht. Internet und Zeitung reichen zur Meinungsbildung. Aber klar, man kann doch trotzdem genau Bescheid wissen. Den Tieren in Massentierhaltung geht es schlecht.

     

    A propos Soja: Es wird Sojaextraktionsschrot an Nutztiere verfüttert, ein RESTprodukt aus der Sojaölgewinnung. Allerdings fressen die Tiere hierzulande in erster Linie heimisches Futter. Sind es 70 Prozent? Oder gar 80?

    • @SaLo66:

      Hallo Restprodukt oder Urprodukt Soja ist eine Einbandstrasse Richtung Europa Tolle Kreisläufe !!

      Wollen sie ernsthaft behaupten , den Tieren gehe es gut.

      Schöne Grüße von einem der 40000

  • Guten Tag,

     

    die Geschichte mit den“Blue Babys“ stammt aus den USA. Dort hat man vor fast einem Jahrhundert bei fäkal und bakteriell verunreinigten Hauswasserbrunnen beobachtet, dass die Bakterien die großen Mengen an Nitrat in Nitrit umgewandelt haben. Die Mengen waren tatsächlich für Babys gefährlich.

     

    Bitte auch hier mal lesen. Ist gut für Laien aufgearbeitet.

    http://www.deutschlandradiokultur.de/nitrat-das-neue-brainfood.993.de.html?dram:article_id=154545

     

    schönen Tag noch.

     

    ms

  • D
    D.J.

    Ja, die Landwirtschaft ist ingesamt gesehen das größte Umweltferkel. Aber bisher hat mir noch niemand erklären lassen, was das mit der Größe der Betriebe zu tun haben soll. Warum sollen 100 Tonnen Gülle wöchentlich aus einem Betrieb problematischer sein als 100 mal 1 Tonne?

    Woher nimmt man den seltsamen Glauben, dass 100 kleinere Landwirte per se verantwortungsvoller handeln als ein großer?

    Man verstehe mich recht: Nichts gegen Vielfalt und die vielen kleinen engagierten Bauern, aber der Konnex ist mir bislang räselhaft.

    • @D.J.:

      "Nichts gegen Vielfalt und die vielen kleinen engagierten Bauern, aber der Konnex ist mir bislang räselhaft."

       

      Suchen Sie doch einfach mal mit einer Suchmaschine Begriffe, wie "Fruchtfolge" oder "Bodendegradierung". Warum die Kommentarspalte für Sie so oft als Rechercheauftragspool verwendet wird, bleibt ein Rätsel.

    • @D.J.:

      Natürlich halten wir Deutschen – geführt von Grüner Kompetenz – den Klimawandel auf, indem wir unsere Landwirtschaft radikal umbauen. Da mag ja was gewesen sein mit dem globalen CO2-Ausstoß. Mit der unverminderten, sogar steigenden Stromerzeugung aus Braunkohle. Mit dem hemmungslosen Stromverbrauch in den Ländern der 1. Welt und zunehmend auch in anderen Regionen der Welt (kein Vorwurf meinerseits, gleiches Recht für alle!). Die Konsumartikel, die wir aus aller Herren Länder importieren. Aber was soll’s.

       

      Und klar sind die Bauern hauptsächlich dafür verantwortlich, dass Pflanzen- und Tierarten aussterben. Und nicht die Umwandlung von täglich 70 – 80 Hektar Agrarland zwecks Zubetonierung der Republik. Auf dass die Deutschen noch schöner im Grünen wohnen und auf der grünen Wiese einkaufen können, noch mehr Spuren zum schnell fahren haben auf den Autobahnen. Die Liste lässt sich erweitern.

       

      Aus Umweltsicht ist es dringend erforderlich, dass die Schuld für Umweltprobleme nicht so einseitig-plump dem Ernährungssektor in die Schuhe geschoben wird. Ist zwar ein schöner Vorwand für den deutschen autoverliebten, vielfliegenden Michel, sich nicht an die eigene Nase fassen zu müssen (dabei hätte er es dringend nötig!). Und so passend für die Grünen, die damit endlich wieder ein Thema haben, mit dem sie bei ihrem Klientel punkten können. Aber als Problemlöser wenig geeignet.

  • Hallo,

     

    der Artikel ist leider sehr stümperhaft recherchiert.:

     

    - "Doch aus dem Stickstoff, der als Dünger benutzt wird, entsteht Nitrat und schließlich das gesundheitsschädliche Nitrit" - dies ist Unwahr. Aus "Dünger" ensteht giftiges Nitrit welches schließlich in unschädliches Nitrat verwandelt wird. Problematisch ist hier vor allem der Sauerstoffverbrauch im Wasser.

     

    - Wo befinden sich die vielen Brunnen mit erhöhten Nitratgehalten ? (ja es gibt jedes Jahr ein paar Einzelfälle, vor allem an punktuellen Verschmutzungsquellen wie Biogasanlagen oder Klärwerken )

     

    Es ärgert mich, dass offenbar nicht einmal einfachste Sachen recherchiert werden. Oder steckt System dahinter ? Wollen sie die Leser für dumm verkaufen? Ich habe mich extra wegen diesem Unsinn hier angemeldet !!!

    • @Einar Loftsson:

      "ein paar Einzelfälle" laut ein Risikoanalyse der Landesamtes für Umwelt könnte in Bayern bis zum Jahr 2021 (!) über 1/3 der Grundwassers mit Giftstoffen belastet sein. Ursache dafür ist Nitrat. Nitrat steht auch im Verdacht, Krebs auslösen zu können. Es wandelt sich im Magen in sog. Nitrosamine. Der Grenzwert für Nitrat im Grundwasser liegt in der EU bei 50 mg/Liter, teilweise wurden bereits 165 mg/Liter gemessen. Ihr Kommentar scheint "stümperhaft recherchiert" zu sein.

      • @Fotohochladen:

        Guten Tag,

         

        die Geschichte Nitrat-Nitrit-Nitrosamine = Krebs ist schon seit Mitte der 80iger Jahre widerlegt und dümpelt als Hypothese durch die Medienwelt.

        Hier eine andere Betrachtungsweise:

        http://www.ugonder.de/alt/html/news_nitrat.html

        • @Manfred Stein:

          "widerlegt" ; )

          Nitrat wandelt sich im Körper zu Nitrit und verhindert den Sauerstofftransport im Blut, schlecht für die Babys, aber wer braucht die schon? ; )

          • @Fotohochladen:

            "Nitrates are relatively inert and do not create a

            major health concern. An exception to this is

            methaemoglobinaemina (‘blue baby syndrome’).

            Newborn babies do not have the bacteria in their

            stomach to deal with nitrates in the same manner

            as older children and adults. In the reducing surroundings

            of the stomach the nitrate is transformed

            into nitrite that then attaches itself to the haemoglobin

            molecule in red blood cells, preferentially

            replacing oxygen. This leads to a reduction in

            oxygen supply around the body, hence the name

            ‘blue baby syndrome’. In reality methaemoglobinaemina

            is extremely rare, possibly coming from

            nitrate-polluted well supplies but not mainssupplied

            drinking water." aus Davie T. Fundamentals of Hydrology (2008:137)

             

            zum nachlesen

             

            http://www.hydrology.uni-kiel.de/download/lehre/wise/intro_hydrology/m121_vl1.pdf

    • Jost Maurin , Autor des Artikels, Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
      @Einar Loftsson:

      Wollen Sie ernsthaft behaupten, dass die Landwirtschaft nicht zu viel Stickstoff an die Umwelt abgibt?

      Sie können z.B. hier recherchieren (Umweltbundesamt, EU-Kommission, Bundesamt für Naturschutz):

      http://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/umweltbelastungen-der-landwirtschaft/stickstoff

      http://ec.europa.eu/agriculture/envir/report/de/nitro_de/report.htm

      http://www.biologischevielfalt.de/ind_stickstoffueberschuss.html

      • @Jost Maurin:

        Das habe ich auch nie behauptet. Ich habe mich lediglich über den schlecht recherchierten Artikel aufgeregt. Bei der Trinkwassergewinnung spielt Nitrat jedenfalls nur eine untergeordnete Rolle, anders als von ihnen dargestellt. Das Hauptproblem mit Stickstoff ist die Überdüngung der Gewässer welche bekanntermaßen zu übermäßigem Pflanzenwachstum führen kann. Es ist nun schon Aufgabe eines Journalisten möglichst präzise zu arbeiten - ansonsten wird mal ja unglaubwürdig !

         

        p.s.: kann ihnen aber auch egal sein. Bisher war noch jeder Artikel den ich gelesen habe, und bei dessem Thema ich mir etwas Fachkompetenz anmaße, schlecht recherchiert oder falsch (natürlich nicht nur bei der taz) : Vermutlich sind dann die restlichen 90 Prozent der Artikel, von denen ich keine Ahnung habe, die Artikel die wirklich gut recherchiert sind und denen man keine Propagandaintention nachsagen kann !

  • Jost Maurin , Autor des Artikels, Redakteur für Wirtschaft und Umwelt

    Hallo Herr Stein,

    das stellen Wasserwerker, mit denen ich gesprochen habe, aber anders dar. Vielleicht sind in der Liste des Umweltministeriums die Brunnen, die wegen Grenzwertüberschreitungen geschlossen sind, gar nicht mehr aufgeführt?

    Beste Grüße,

    J. Maurin

    • @Jost Maurin:

      Ebenso hallo!

       

      müsste man "vielleicht" recherchieren.

       

      Bin aber optimistisch: Zahlen des NDS Umweltministeriums, Dr. A. Krüger, Dr. R. Thole; Hannover, 18.04.2012

       

      Qualität des Trinkwassers im geförderten Rohwasser 6 mg/l NO

       

      53 mg/l NO Grundwasser (Messstellen bis 5m )*

      32 mg/l NO Grundwasser (5-20 m)*

      *im Landesmittel

       

      NLWKN, Band 13, Trinkwasserschutzkooperationen in Niedersachsen, S. 22: Im Zeitraum 2000 bis 2009 ist der Anteil an Brunnen mit abnehmenden Nitratgehalten landesweit von 41 % auf 54 % angestiegen, während der Anteil an Brunnen mit ansteigenden Nitratgehalten entsprechend von 59 % auf 46 % zurückgegangen ist. Ab 2006 war die Anzahl an Brunnen mit abnehmenden Nitratgehalten erstmals

      größer als die Anzahl an Brunnen mit ansteigenden Nitratgehalten.

       

      bis dann

       

      ms

  • Guten Abend Herr Maurin,

     

    in Niedersachsen ist kein Trinkwasserbrunnen mit erhöhten Nitratwerten belastet. Ich denke, dass wir den Informationen des Niedersächsischen Umweltministerium trauen können.

    www.umwelt.niedersachsen.de/download/67887

    Durchschnittlich enthält das Rohwasser niedersächsischer Trinkwasserbrunnen nur 6 bis 12 mg Nitrat pro Liter

     

    Nitrat wird heute eher positiv bewertet. Es werden sogar schon Gemüsesäfte mit hohen Nitratgehalten angeboten, um damit die Hinleistung zu verbessern.

    http://www.deutschlandradiokultur.de/nitrat-das-neue-brainfood.993.de.html?dram:article_id=154545

     

    Zur Diskussion um Nitrat in Trinkwasser hier mal lesen:

    http://www.keckl.de/texte/Verwirrung%20Grundwassser%20und%20Nitrat.pdf

     

    Guts Nächtle

    • @Manfred Stein:

      "Nitrat wird heute eher positiv bewertet" ehrlich, Herr Stein, wo haben Sie DAS denn ausgegraben? Nitrat ist kein 'tödliches Gift' aber, es kann bei Säuglingen den Sauerstofftransport im Blut behindern. Wie ich oben bereits geschrieben habe, wird Nitrat im Magen in sog. Nitrosamine umgewandelt, die wiederum Krebs auslösen können. Gemüsesäfte mit hohem Nitratgehalt würde ich doch eher meiden. Zur Verbesserung der Hirnleistung empfehle ich ein gutes Buch ; )

      • @Fotohochladen:

        Guten Tag,

         

        die Geschichte mit den“Blue Babys“ stammt aus den USA. Dort hat man vor fast einem Jahrhundert bei fäkal und bakteriell verunreinigten Hauswasserbrunnen beobachtet, dass die Bakterien die großen Mengen an Nitrat in Nitrit umgewandelt haben. Die Mengen waren tatsächlich für Babys gefährlich.

         

        Bitte auch hier mal lesen. Ist gut für Laien aufgearbeitet.

        http://www.deutschlandradiokultur.de/nitrat-das-neue-brainfood.993.de.html?dram:article_id=154545

         

        schönen Tag noch.

         

        ms

        • @Manfred Stein:

          "vor fast einem Jahrhundert"? Das sagt eigentlich alles, oder?!