Kommentar Gewalt gegen Polizisten: Bürger wie wir
Die bestehenden Strafgesetze schützen auch Polizisten. Sie reichen aus. Viel wichtiger sind eine gute Ausrüstung und auch funktionierende Funkgeräte.
V or dem Gesetz sind alle gleich, so gehört es sich in der Demokratie. Nun sollen aber Polizeibeamte gegen tätliche Angriffe besser geschützt werden als normale Bürger. Wer einen Bürger verletzt, kann mit einer Geldstrafe davonkommen. Für den Angriff auf einen Polizisten soll das Gesetz künftig eine mindestens dreimonatige Freiheitsstrafe androhen.
In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es, eine bürgernahe Polizei sei „besonders schutzbedürftig“. Sie könne nicht ständig mit Helm und Schutzkleidung herumlaufen, weil das „eine ungewollte Distanz zum Bürger aufbauen würde“. Hallo, Bundesregierung? Wir alle laufen jeden Tag auf der Straße ohne Helm und Protektoren herum!
Polizisten sind im Gegenteil eher weniger schutzbedürftig als normale Bürger. Sie haben schließlich fast immer eine Waffe dabei. Das stärkt ihr Selbstbewusstsein. Sie sind körperlich gut trainiert und ausgebildet für Prügelei und Deeskalation. Da sie im Dienst sind, agieren sie umsichtig und sind stets auf der Hut.
Das Recht muss die Schwachen schützen, so sagte einst Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD). Der heutige SPD- Justizminister Heiko Maas sieht das offenbar anders – oder aber er kann sich nicht ausreichend gegen seine Koalitionspartner von der CDU/CSU wehren.
Nun mag es, und durchaus gar nicht so selten, Situationen geben, in denen zwei Polizisten von fünfzig gewaltbereiten Anwohnern umringt werden. Da hilft ihnen der neue Strafparagraf konkret wenig. Oder sollen sie jetzt anfangen, die Personalien aufzunehmen? Sie brauchen vor allem möglichst schnell Verstärkung. Und dann wäre es gut, wenn das Funkgerät funktionieren würde – was in manchen Bundesländern nach der Umstellung auf Digitalfunk leider nicht selbstverständlich ist.
Polizei ist wichtig, sie braucht gute Ausrüstung – und keine Showgesetze mit falscher Symbolik.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich