Kommentar Anti-Rauch-Gesetze: Zigaretten ohne Marke
Australien macht vor, wie die Tabakindustrie zum Rückzug gezwungen werden kann. Für die EU mit ihren halbherzigen Maßnahmen sollte das ein Vorbild sein.
D anke, Philip Morris. Der US-Konzern schließt nicht nur eine vergleichsweise kleine Zigarettenfertigung im weit entfernten Australien – und begründet das mit mangelnder Nachfrage. Er zeigt damit auch Gesundheitspolitikern auf der ganzen Welt, wie weitere der Fabriken für Glimmstängel geschlossen werden könnten: Packt die Zigaretten so ekelig wie möglich ein. Am besten in Lumpen, beschmiert sie mit Hundekot! Und klebt obendrauf die Fotos von zersetzten Lungenflügeln! Krebsgeschwüren! Verfaulten Zähnen! Und damit nicht genug.
Downunder macht vor, wie Gesundheitsschutz auch in Europa aussehen müsste. Erst im Februar hat das EU-Parlament die neue Tabakrichtlinie beschlossen – und sich für angeblich strikte Regeln beglückwünscht. Angeblich, wollten uns die Abgeordneten weismachen, wurden Tabaklobbyisten reihenweise in die Schranken gewiesen. Das australische Beispiel aber zeigt: Härtere Gesetze sind möglich. Und: sie haben Erfolg.
In Australien haben Zigarettenpackungen seit Ende 2012 Coolnessfaktor null: Sie sind graugrün und tragen anstelle eines Logos großformatig Schockbilder. Der Name der Zigarettenmarke steht in neutraler Schrift auf der Packung, die Buchstaben sind kaum größer als dieser Text. In der Alten Welt sind die Regeln viel lascher.
Dabei reden die EU-Regulierer davon, vor allem Jugendlichen das Rauchen abgewöhnen zu wollen. Aber: Hier müssen erst ab 2016 Schockfotos auf die Schachteln gedruckt werden, die Warnhinweise sollen nur zwei Drittel bedecken. Ausnahmen gibt es für „reiche“ Raucher, die Zigarren, Zigarillos und Pfeifentabak konsumieren.
Warum das Gezaudere? Niemand will einen Staat, der bevormundet, der Mensch und Industrie gängelt. Aber: Die EU verzeichnet 700.000 Rauchertote – im Jahr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist