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Kohleausstieg 2030 in GefahrAus für neue Kraftwerkspläne

Wirtschaftsminister Habeck legt das neue Kraftwerksgesetz wegen fehlender Mehrheiten zu den Akten. Diese Verzögerung bremst den Kohleausstieg.

Laufen erstmal weiter: Kohlekraftwerke Foto: Christoph Hardt/imago

Berlin taz | Jetzt ist amtlich, dass es nicht mehr kommt: Der Bundestag wird das neue Kraftwerksgesetz zur Absicherung des Kohleausstiegs vor den Neuwahlen nicht mehr verabschieden. Entsprechende Pläne hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) aufgegeben. Grund dafür sind die fehlenden parlamentarischen Mehrheiten.

Die Union habe klargemacht, dass sie das Gesetz und den zügigen Zubau der Kraftwerke ablehnt, hieß es aus Regierungskreisen. Seit dem Ausscheiden der FDP aus der Ampelkoalition im November hat die verbliebene Regierung aus SPD und Grünen keine eigene Mehrheit mehr im Bundestag.

Das neue Kraftwerksgesetz sollte den Neubau von Gaskraftwerken regeln, die perspektivisch mit Wasserstoff betrieben werden können. So sollen die Anlagen dann irgendwann klimaneutral Strom produzieren. Die Kraftwerke sind als Reserve für den Fall gedacht, dass die erneuerbaren Energien wegen widriger Wetterbedingungen nicht genug Strom liefern, also in den sogenannten Dunkelflauten ohne Wind und Sonne. Die neuen Anlagen sollten ab 2030 betriebsbereit sein.

Das ist wichtig, denn nur wenn es genug Kapazitäten gibt, um Strom zu erzeugen, wird die Bundesnetzagentur das Abschalten von Kohlekraftwerken genehmigen. Für das Rheinische Revier ist der Kohleausstieg für 2030 vorgesehen, für die ostdeutschen Kohlegebiete spätestens 2038. Habeck geht davon aus, dass der Ausstieg aufgrund der Marktlage – etwa dem hohen Preis für den Ausstoß von CO₂ – auch dort viel früher kommt.

Ausschreibung 2025 kaum möglich

Neue Anlagen zu bauen dauert Jahre und muss deshalb schnell beginnen. Habeck wollte das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode durch den Bundestag und den Bundesrat bringen. Damit wollte er ermöglichen, dass die Anlagen noch im Jahr 2025 ausgeschrieben werden können. Das wird jetzt kaum noch realisierbar sein.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) fordert, dass die künftige Bundesregierung das Gesetz auf ihre 100-Tage-Agenda setzt. „Nur so können wir die Versorgungs- und Systemsicherheit langfristig gewährleisten und gleichzeitig den Kohleausstieg umsetzen“, sagte BDEW-Chefin Kerstin Andreae.

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5 Kommentare

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  • ja, man schaue sich mal die Stromerzeugung der letzten paar Tage an



    www.agora-energiew.../12.12.2024/hourly



    Gestern oder vorgestern tagsüber mit Solar



    Erneuerbare 16.8%



    Konventionell 60,0%



    Import (Atomstrom F) 23,2%

    Da braucht man Gaskraftwerke um das ausgleichen zu können, und zwar eigentlich 57.6 GW. Wo soll das herkommen, das müsste doch von Anfang an eingeplant und vorangetrieben worden sein. Aber Habeck lebt halt in einer Märchenwelt in der es keine Insolvenzen gibt und alles irgendwie gut wird. Wenn ich ausserdem höre dass bestehende Kohlekraftwerke abgerissen werden, aber der Standort nicht genutzt werden darf (!) um neue Gaskraftwerke zu bauen (was erheblich Kostenersparnisse und einfachere Genehmigungen bedeutet plus existierender Netzanschluss usw ) dann muss ich mich wirklich fragen wessen Nutzen Habeck eigentlich im Sinn hat. Den der deutsche Wirtschaft, wofür er bezahlt wird (einschlie0lich 350k für den Hoffotografen), offensichtlich nicht.

  • Vielleicht war es nicht so schlau, die Ketrnkraftwerke vom Netz zu nehmen - und zu zerstören. Nicht vom Ende her gedacht.

  • Erstmal: Gut so, neue Gaskraftwerke sind die schlechteste Lösung zur Absicherung der Erneuerbaren Energien, bitte keine mehr bauen.



    Aber: Die nächste Regierung wird wohl doch wieder neue fossile oder gar AKWs bauen

    Wir brauchen Stromspeicher und noch viel mehr Windkraft (vor allem in Bayern) und Solarkraft

  • Die CDU verhindert also den Neubau von sauberen Reserve-Gaskraftwerken, somit laufen die schmutzigen Kohlekraftwerke noch deutlich länger weiter.

    DAS wäre dann also das Motto für die kommenden Jahre: Klimawandel egal, Vorwärts in die Vergangenheit.

  • "Das neue Kraftwerksgesetz sollte den Neubau von Gaskraftwerken regeln, die perspektivisch mit Wasserstoff betrieben werden können"



    Das ist spannend. Drei Jahre lang warf man der FDP vor, dass die Idee Wasserstoff völlig abwegig sei, viel zu weit von der Marktreife entfernt, zu teuer, etc...



    Plötzlich, da die FDP raus ist, soll Wasserstoff nun DIE Rechtfertigung für neue Gaskraftweke sein😂🤷‍♂️



    Kann man nicht mehr ernst nehmen.



    ---



    "Die Kraftwerke sind als Reserve für den Fall gedacht, dass die erneuerbaren Energien wegen widriger Wetterbedingungen nicht genug Strom liefern, also in den sogenannten Dunkelflauten ohne Wind und Sonne."



    Das liest sich als ob wir bis auf wenige Tage im Jahr von grünem Strom leben könnten - die Realität ist das genaue Gegenteil, Quelle das Umweltbundesamt:



    "Berechnungen zeigen, dass im Jahr 2023 (...) 21,6 Prozent des deutschen Endenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energien gedeckt wurde. Gegenüber dem Vorjahr stieg der Anteil damit um 0,7 Prozentpunkte. Im Jahr 2020 hatte Deutschland (einen) Anteil von 19,1 Prozent"



    www.umweltbundesam...eitrag-erneuerbare