Klimastreik in Berlin: Protest vor der SPD-Zentrale
Mehr als 10.000 Menschen fordern von der nächsten Bundesregierung mehr Einsatz für das Klima. Besonders die SPD wird kritisiert.
Nur vier Wochen nach den globalen Klimademonstrationen am 24. September gehen an diesem Freitag erneut Tausende junge Menschen auf die Straße. Sie protestieren gegen den Klimawandel, die mangelhafte Bereitschaft der Politik, etwas dagegen zu tun, und fordern konkret von SPD, Grünen und FDP, in den gerade gestarteten Koalitionsverhandlungen dem Klimaschutz Priorität einzuräumen. Angemeldet wurden von den Veranstalter:innen 10.000 Menschen, laut Polizeiangaben sind sogar 11.000 gekommen.
Neben Mütze und Schal sind die Demonstrieren auch mit Masken und Plakaten ausgestattet. Über ihren Köpfen fliegen Seifenblasen hinweg, ein als Eisbär verkleideter Mensch auf Rollerblades ist mit dabei. Auf seinem weißen Bärenkörper stehen die Worte „Kernkraft statt Kohlekraft“ geschrieben. Hin und wieder muss er das Skaten auf der Straße unterbrechen, um für Fotos mit Kleinkindern und ihren Eltern zu posieren.
Der Klimastreik gehört zu den zahlreichen Protesten der Aktionstage, die vom 20. bis 29. Oktober in Berlin stattfinden und vom neuen Bündnis „Gerechtigkeit Jetzt!“ initiiert werden. Gemeinsam mit Fridays for Future adressieren die Aktivist:innen ihre Forderungen und mobilisieren online unter dem Hashtag #IhrLasstUnsKeineWahl.
Luisa Neubauer
„Ich habe keine andere Wahl, als hierher zu gehen, weil ich nichts anderes machen kann“, erklärt die 15-jährige Helena, die aus der Nähe von Hennigsdorf gekommen ist. „Manchmal fühle ich mich als einzelne Person zu Hause machtlos. Wenn ich mich nur darüber beschwere, dass ich nichts ändern kann, kann ich auch hier her gehen und wenigstens irgendwas versuchen. Deswegen bin ich hier.“
Teilnehmer:innen aus ganz Deutschland
Dabei haben die meisten der Schüler:innen, die teilweise aus ganz Deutschland angereist sind, Schulferien. So auch Coralie, die mit ihrer drei Jahre jüngeren Schwester Zoe etwas abseits steht und aus der Nähe von Hamburg kommt.
„Ich habe das Gefühl, es passiert seit Jahren nichts, was die Lebensgrundlage retten könnte“, erzählt die 16-Jährige. Auf die Frage, wie viele Jahre sie noch demonstrieren werden, zucken beide Schwestern die Schultern. „Keine Ahnung, aber es bleibt ja keine Wahl. Wir werden jeden Freitag weiter streiken, solange sich nichts tut.“
Gegen 13.30 Uhr zieht der Demonstrationszug am Willy-Brandt-Haus, der Bundesparteizentrale der SPD, vorbei – und bleibt stehen. Auf dem vordersten Wagen der Demo wird Luisa Neubauer begrüßt, die die SPD direkt anspricht. „Liebe SPD, what the fuck denkt ihr euch eigentlich?! Wir haben fast drei Jahre durchgestreikt!“ ruft die Aktivistin. „Ihr denkt seit drei Jahren, man kommt irgendwie durch mit schönen Worten, denkt, man könnte uns beschwichtigen. Aber ganz ehrlich, sorry Leute, da habt ihr euch geirrt!“
Die Menschenmenge jubelt, während Neubauer weiter ins Mikrofon ruft. Insbesondere die Forderung, das 1,5 Grad-Ziel einzuhalten, wird immer wieder betont. „Wir machen keine halben Sachen! Klimagerechtigkeit geht nicht halb, das geht nur ganz, und zwar so richtig!“
Nur langsam zieht die Demonstration an der SPD-Zentrale vorbei, viele rufen „Wir alle für 1,5 Grad“. Kurz darauf wird die Demonstration von den Organisator:innen um 14.15 Uhr am Potsdamer Platz für beendet erklärt. Laut Polizeiangaben habe es eine Festnahme gegeben, nachdem ein Beamter von einem Demonstranten mit einer Fahnenstange vermeintlich attackiert worden sei.
Nicht alle ziehen von der SPD-Zentrale weiter. Einige bleiben stehen und besetzen die Straße. Manche haben sogar Sofas und andere Sitzgelegenheiten mitgebracht; die Menschen hier wollen erst mal ausharren. „Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten. Wer war mit dabei? Die grüne Partei“, rufen sie. Die Polizei sichert derweil mit einem Großaufgebot die Gebäude. Auch vor der Parteizentrale der Grünen in Mitte wird der Protest fortgesetzt: Aktivist:innen errichten eine Blockade vor dem Haus.
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