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Klimapolitik unter dem Kanzler MerzAm Klima führt kein Weg vorbei

Jonas Waack
Kommentar von Jonas Waack

Friedrich Merz wird es nicht mögen, aber an der Klimakrise kommt ein Bundeskanzler nicht vorbei. Auch Schwarz-Rot wird das Klima schützen müssen.

Ob er will oder nicht: Klimapolitik muss auch eine Regierung unter dem Kanzler Merz machen Foto: Christoph Soeder/dpa

D ie Erde erhitzt sich immer weiter. Menschen in Deutschland und Europa sterben schon jetzt an den Folgen: Die Fluten im Ahrtal 2021, die durch den Klimawandel wahrscheinlicher und heftiger wurden, kostete mehr als 180 Menschen das Leben. Im vergangenen Jahr starben durch Sturmfluten fast 30 Menschen in Mitteleuropa und mehr als 200 in Valencia. Jeden Sommer sterben während Hitzewellen Tausende.

Die nächste Klimakatastrophe wird kommen, auch in Deutschland. Und Friedrich Merz wird dann Kanzler sein.

Auch eine schwarz-rote Koalition wird nicht umhinkommen, sich ernsthaft mit dem Klimaschutz zu beschäftigen. Tut sie es nicht, werden ihre Wäh­le­r*in­nen das auch am Geldbeutel merken: 2027 wird der europäische CO₂-Handel auf Gebäude und Verkehr ausgeweitet, sodass Menschen in ganz Europa sehr viel mehr für Benzin und Heizgas bezahlen müssen – außer Deutschland ersetzt rasch Gasheizungen mit Wärmepumpen und Fernwärme sowie Verbrenner mit ÖPNV und E-Autos.

Klimaschutz kann auch für die industrie- und mittelstandsnahe Union attraktiv sein. Stahl- und Chemiebranche können nur mit billiger Energie überleben, und die kommt in Europa nicht aus importiertem Öl und Gas, sondern aus heimischen Erneuerbaren. Überhaupt, das Gas: Will Deutschland unabhängig von den USA werden, ohne sich dabei auf Russland zu verlassen, bedeutet das den Gasausstieg.

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Und auch Friedrich Merz wird die Schuldenbremse reformieren wollen und ist dafür auf Kompromisse mit Grünen und Linkspartei angewiesen. Dabei kann eine klimafreundliche Schuldenregel entstehen.

Im Wahlkampf konnte Merz große Töne spucken, ohne sich viel um die Realität scheren zu müssen. Jetzt wird er Kanzler. Und selbst wenn man keine plötzliche klimarealistische Bekehrung des Friedrich Merz erwartet, gibt es gute Gründe, Klimaschutz unter Schwarz-Rot nicht abzuschreiben. Damit der dem Ausmaß der Krise aber gerecht wird, bleibt für Opposition und Klimabewegung viel zu tun.

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Jonas Waack
Klima-Redakteur
Jahrgang 1999, zuständig für Klima-Themen im Ressort Wirtschaft und Umwelt. Stadtkind aus Mecklenburg, möchte auch sonst Widersprüche vereinbaren. Bittet um Warnung per Mail, falls er zu sehr wie ein Hippie klingt.
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20 Kommentare

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  • "...sodass Menschen in ganz Europa sehr viel mehr für Benzin und Heizgas bezahlen müssen..."



    Technisch bedingt werden parallel auch die Strompreise steigen.



    Es wäre schön, wenn auch mal auf Kosteneffizienz geachtet würde: Wie spare ich mit dem stets spärlich vorhandenen Geld am meisten Klimagase ein?

  • Komisch: Plötzliches Aufwachen in der Realität, die die Provinzpolitiker lieber nicht angesprochen hätten: Da wird es nämlich schwierig, wenn man den vielen in der Luftfahrt- oder Autoindustrie Beschäftigten eine neues Existenz ermöglichen muss, weil der Raubbau an Rohstoffen, der CO²-Verbrauch, mit dem die Kapitalisten ihre Profite zu Lasten von Flora, Fauna und nicht zuletzt den auf diesem Planeten Lebenden machen, schlicht so nicht weitergehen kann und darf. Der erste Schritt wäre eine Umwidmung der 'Volks'wirtschaft von einem auf Profit ausgerechteten zu einem auf dem Gemeinwohl bestimmten System, bei der an allererster Stelle das Auskommen der Schwächsten statt der Stärksten (die mit dem Ellenbogen) steht: Ein Recht auf Arbeit und Wohnen, nicht nur als Abfindung, sondern zum Zwecke der Selbstverwirklichung in einer Arbeits- und Verantwortungs-teiligen Gesellschaft sollte als oberste Maxime in einem neuen Gesellschaftsrecht verankert werden. 'Wir' -die Gesellschaft insgesamt- ist reich genug, um alle ausreichend versorgen zu können, wenn das Raffen zugunsten eines Teilens abgeschaftt wird und das nachhaltig, ohne die Lebensgrundlagen zu zerstören!

  • Klimaschutz ist wichtig, kein Zweifel. Nur nützt ein Deutscher Alleingang nichts, hier ist die abgestimmte Zusammenarbeit innerhalb der EU erforderlich. Deutschland alleine wird es nicht wuppen. Was Deutschland kurzfristig tun kann ist Vorsorge und Schutz hinsichtlich der auftretenden Naturereignisse treffen.

    • @Filou:

      Dann machen wir so weiter wie bisher das hat unserer Wirtschaft ja so richtig gut getan oder ????

    • @Filou:

      Für alles CO2, das Deutschland zusätzlich zu den europäischen Vorgaben einspart, wird ein Zertifikat ausgestellt, dass dann von anderen gekauft wird. Sparen wir 1 Million Tonnen CO2, bläst ein anderer1 Millionen Tonnen zusätzlich raus. Der deutsche Alleingang ist nicht nur nutzlos, er ist schlichtweg ein Schwindel.

  • "Auch eine schwarz-rote Koalition wird nicht umhinkommen, sich ernsthaft mit dem Klimaschutz zu beschäftigen. Tut sie es nicht, werden ihre Wäh­le­r*in­nen das auch am Geldbeutel merken"

    Ich fürchte, die Regierung wird aber eben doch darum herumkommen. Sie werden es einfach weiter ignorieren und ihre Pflaster auf die Wunden kleben (Schäden subventionieren). Und schlimmer: die Bevölkerung wird es so schlucken. Vielleicht gibt es noch mal ein kurzes Aufbegehren von FFF oder ähnlichen. Aber das wird spätestens von den "Qualitätsmedien" auf Seite 20 behandelt und nicht ins Bewusstsein vordringen.



    Die Leute meinen, sie hätten dringendere Probleme. Denn Menschen haben in unserem Land, in dem es zum Glück vielen gut geht, vor allem die Probleme, die ihnen die Presse einredet. Ich kenne genug Leute, die behaupten Asyl sei unser größtes Problem, haben aber noch nie einen Asylanten gesehen - geschweige in irgendeiner Weise darunter gelitten.



    Medien. Macht. Meinung.

  • Hoffen wir nur, dass die Abneigung der Menschen gegenüber den Grünen nicht zu einer Abneigung gegenüber dem Klimaschutz wird.

  • Es gibt noch, naja nicht soo viele, Menschen, die die Grünenen mit Klimaschutz verbinden.Ich fürchte, die Grünen haben sich soviel Feinde gemacht, dass diese Menschen für den Klimaschutz verloren sind. Ich denke, man sollte sich auf andere Vorreiter für Klimaschutz konzentrieren, aufrichtigere, authentischere.

    • @Michael Drager:

      "Ich denke, man sollte sich auf andere Vorreiter für Klimaschutz konzentrieren, aufrichtigere, authentischere."



      Wenn sie es ernst meinen, werden sie sich ganz schnell ebenso unbeliebt machen, fürchte ich.

    • @Michael Drager:

      Womit haben die Grünen sich den Feinde gemacht mit umgesetzten und erfolgreichen Klimaschutz um dann von Öllobby und Springerpresse angegriffen zu werden. Woher wollen Sie den die anderen Vorreiter holen, wie lächerlich.

  • „ 2027 wird der europäische CO₂-Handel […] sehr viel mehr für Benzin und Heizgas bezahlen“

    Das ist schon sehr bald. Diese Disruption wird die Regierung abfedern (müssen). Wenn die Trecker auf der Strasse stehen und Ärmere fast erfrieren oder nicht mehr pendeln können, , dann ist der Druck zu hoch. Auch hier wird dann nach Klimagerechtigkeit und Ausgleich gerufen werden. Und dann kann man sich doch wieder den Sprit leisten. Wahrscheinlich sogar EU weit. Dann ist auch bald wieder Wahl in den USA - dh deren Spritpreis wird sinken.



    Das Instrument ist richtig, aber die langfristige Planung ist meist nicht so Politikersache.

  • Was wirkliche Tätigkeiten angeht, sind doch bis jetzt alle Regierungen am Klimaschutz vorbeigekommen. Und bei der Mehrheit der Bevölkerung wird es auch für eine neue Regierung kein Problem sein, Billigflüge, Kreuzfahrten und Erdölverbrennung nur so zum Spaß "weiter so" zu handhaben.

  • "Und auch Friedrich Merz wird die Schuldenbremse reformieren wollen und ist dafür auf Kompromisse mit Grünen und Linkspartei angewiesen. Dabei kann eine klimafreundliche Schuldenregel entstehen."



    Merz kann auch mit der AfD die Schuldenbremse reformieren - bspw um eine schlagkräftige Bundeswehr aufzustellen oder Natotruppen sollten die USA ausfallen...



    Das Merz auf Gedeih und Verderb mit Grünen und Der Linken muss ist ein Trugschluss dem man sich links nicht hingeben sollte.



    Merz hat bewiesen dass er es im Notfall auch durchzieht mit der AfD zu stimmen.



    Die Idee das Grüne und Die Linke als Gegenzug zu einer Reform der Schuldenbremse teuer ihre Klimaforderungen einfordern können sehe ich daher nur bedingt. Merz kann (und wird) immer sagen: 'ich kann auch mit der AfD wenn ihr mich zwingt...'



    Das wird, so meine Einschätzung, auf Dauer eher Grüne und Die Linke in die Zwickmühle bringen - wann stimmen wir zu, wann verweigern wir uns - vor allem die Grünen, die ja auch immer die staatspolitische Verantwortung im Blick haben, Die Linke ist da freier aufgestellt.

  • Die Agenda 2030 wird so oder so eine Klimaagenda sein. Und wie die Geschichte von Adenauer über Kohl, Schröder und Merkel zeigt, läßt sich reflexhafter Widerstand am Besten durch die Kanzler*innen überwinden, denen man die Veränderungsbereitschaft aufgrund ihrer prinzipiellen politischen Heimat gar nicht zugetraut hätte. Vielleicht war das ja gerade der Fehler von Old Olaf, die anfängliche Bereitschaft zur Veränderung in seiner Koalition nicht konsequent von allen Mitstreitern eingefordert zu haben.

  • "Im Wahlkampf konnte Merz große Töne spucken, ohne sich viel um die Realität scheren zu müssen."



    Bei correctiv.org



    "Kanzler-Duell: Merz macht falsche Angaben zu „islamistischen Gefährdern“



    Bei einem TV-Duell am 19. Februar mit Olaf Scholz spricht Friedrich Merz über 500 „islamistische Gefährder“, „überwiegend aus Afghanistan und aus Syrien", die in Deutschland frei herumliefen. Doch sowohl die Zahlen als auch die Angaben zu den Nationalitäten sind falsch."



    Die Unterfinanzierung der Vorschläge aus der Union ist auch schon durchleuchtet worden.



    Jetzt kommt endlich "Butter bei die Fische"!



    Ich denke, dass wir vielleicht bald die Vokabel "Kassensturz" aus dem Umfeld Linnemann hören werden, mit überraschenden Schlussfolgerungen.



    Die Steuereinnahmen sind aber aktuell ziemlich günstig.



    Bei zeit.de



    "Steuereinnahmen im Januar um neun Prozent gestiegen



    Bund und Länder haben im Januar deutlich mehr Steuern eingenommen als im Vorjahresmonat."

  • Da ist aber sehr viel Wunsch dabei. Klimaschutz ist wichtig, aber die nächste Regierung wird ganz andere Probleme in an Angriff nehmen, die nicht minder wichtig sind.

  • Wir schützen nicht das Klima, sondern Menschen. ;)

  • Fest steht:



    Die Klimapolitik der nächsten Bundesregierung wird kaum bis keine Auswirkungen auf das Klima haben - weil der Rest der Welt nicht nur nicht mitzieht, sondern dagegen arbeitet.

    Da kann man sich dann überlegen, wie viel politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Schäden man ohne Nutzen auf sich nehmen will, nur um Recht zu behalten.

    • @Frauke Z:

      Immer auf die anderen zeigen, dass Klimaschutz in Zukunft klare Vorteile für eine zukunftsfähige Wirtschaft bringen wird auf die Idee komnen Sie nicht oder

    • @Frauke Z:

      Rischtisch - sollen erst mal die Inder und Chinesen.....