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Klimakrise im TV-TriellEine verbotene Debatte

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Union, SPD und Grüne bieten wenig, um das 1,5-Grad-Klimaziel zu erreichen. Auch im TV-Triell mutete die Diskussion zum Klimaschutz arg vorgestrig an.

Armin Laschet meint, dass die lauten und stinkenden Blechungetüme Städte lebendiger machen Foto: Karsten Thielker

I n Deutschland ist ziemlich viel verboten. Man darf sich nicht aussuchen, mit wie vielen Menschen man verheiratet sein will, was man raucht, nicht mal in der Wahl der Außenfarbe seines Hauses ist man völlig frei. Noch förderlicher für das allgemeine Ambiente wäre natürlich die Abschaffung von Autos, rein ästhetisch gesprochen. Aber das ist Geschmackssache.

CDU-Kanzlerkandidat Armin ­Laschet beispielsweise findet, dass die lauten, oft stinkenden und potenziell radlerinnenquetschenden Blechungetüme Städte lebendiger machen. Das hat er am Sonntag im Streitgespräch mit seinen zwei Mit­be­wer­be­r:in­nen gesagt. Vielleicht hat er da recht. Zu den Merkmalen von Lebewesen gehört schließlich, dass sie wachsen und aus Fortpflanzung entstehen.

Autos in Deutschland vermehren sich definitiv, immer größer werden sie auch. Dass das die Klimakrise befeuert, thematisierte im TV-Triell nur Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock. Sie machte sich dafür stark, ab 2030 zumindest keine Neuwagen mit Verbrennungsmotor mehr zuzulassen.

Laschet und SPD-Mann Olaf Scholz hingegen beteuerten, für den Klimaschutz überhaupt gar nichts verbieten zu wollen. Dabei kam ihnen entgegen, dass niemand allzu genau nachfragte, wie sie denn die Klimakrise zu bremsen gedenken – oder warum sie es als mächtige Menschen in seit Jahren regierenden Parteien nicht längst getan haben. Denn wer hat denn zum Beispiel die von beiden Männern kritisierten bürokratischen Hürden beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu verantworten?

Interessant wäre gewesen, was die drei dazu sagen, dass ihre Wahlprogramme nicht genügen, um einen fairen Beitrag dazu zu leisten, die Erderhitzung bei 1,5 Grad zu halten. Stattdessen drehten sich Fragen und Diskussion größtenteils um die angeblich hohen Kosten des Klimaschutzes – in dem Jahr, in dem die Steu­er­zah­le­r:in­nen wahrscheinlich 30 Milliarden Euro an Hilfsgeldern für Hochwasserschäden zahlen, die der Klimawandel begünstigt hat. Das wirkt mehr als vorgestrig. Man möchte fast sagen: verboten. Aber wenn es um Klimaschutz geht, gibt es in Deutschland ja keine Verbote.

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Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
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14 Kommentare

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  • Die Grünen waren mal übergeschnappt, als sie über 25% in den Umfragen lagen, und wollten daher den übrigen 75% nicht mit ambitionierten Forderungen zum Klimaschutz auf die Füße treten. Vielleicht wird auch nicht richtig gerechnet.

    Jetzt bekommen sie eher Schwierigkeiten, die klimapolitisch ambitionierten Wähler an sich zu binden.

  • ANLASSBRIEF 4.0, NICHT ABLASSBRIEF//



    //



    Graswurzelbewegung:/



    Nun mal Erregung!/



    Brief an die Oma/



    Zum Klimadrama/



    Opa anschreiben/



    "So kann's nicht bleiben"/



    Letzte Ausfahrt vielleicht/



    Wird bald erreicht/



    Welt ist nur geliehen/



    Manch' Fehler verziehen/



    Neues Vertrauen/



    Gilt's aufzubauen/



    Desillusionierte/



    Sensibilisierte/



    Bringt zur Räson/



    Denn es ist schon/



    Allerhöchste Eisenbahn/



    Fangt's mit dem Schreiben an!/



    Es wurde festgestellt/



    Wer einen Brief erhält/



    Innerlich lacht/



    Weil's Freude macht:/



    Hilfe zu geben/



    Enkeln zum Leben/



    Und dann zu sehen/



    Was ist zu drehen/



    An der Uhr noch/



    Vorm schwarzen Loch./



    //



    www.enkelkinderbriefe.de/



    //



    unser2035.de/zukun...-die-grosseltern//



    //



    August 2021, Martin Rees

  • Bernhard Schulz , Autor*in ,

    "De-growth" - das sagt sich so einfach. Wer fängt an? Und womit? Keine Autos, da findet man unter taz-Leser*innen schnell Konsens. Aber zB der Stromverbrauch der elektronischen Gadgets? Ich war mal euf einer FFF-Demo - so viele Selfies, wie da gemacht und gepostet worden, kann man sich gar nicht vorstellen! Nein, es läuft wie immer: Man findet Sparpotenziale bei allen anderen, nur nicht bei sich selbst.

    • @Bernhard Schulz:

      > "Aber zB der Stromverbrauch der elektronischen Gadgets?



      > Nein, es läuft wie immer: Man findet Sparpotenziale bei allen anderen, nur nicht bei sich selbst."

      Der Stromverbrauch von Handys ist vernachlässigbar gegenüber dem Energieverbrauch von Autos. Handys brauchen eine Stunde einige Watt zum Aufladen, Automotoren verbraten tausende Watt.

      Dazu kommt noch, dass man Handys heute ganz einfach erneuerbar laden kann, man muss seinen Strom nur z.B. von den Eletrizitätswerken Schönau beziehen, die 100% erneuerbar einkaufen.

      Man könnte noch einwenden, dass Handy-CPUs energieaufwendig in der Produktion sind. Nur, in modernen Autos stecken hunderte von Microchips, vom Schiebedach bis zum Abbiegeassistenten, sie sind vollgestopft mit unsichtbar kleinen Computern.

      Aber das ist in Wirklichkeit eine Nebendiskussion. Wichtiger ist: Es ist eine bekannte Strategie der fossilen Industrie und PR gegen den Klimaschutz, dass von Klimaschützern sozusagen verlangt wird, dass sie einen Heiligenschein beim individuellen Verbrauch aufweisen. Und das führt in die Irre, denn Klimaschutz ist ganz eindeutig ein kollektives und politisches Problem, das Einzelne allein nicht lösen können.

      Hier ein sehr interessantes Interview dazu mit Michael Mann:

      www.riffreporter.d...terview-neues-buch

      Dasselbe hier auch noch mal sehr schön im Video erklärt von Carla Reemtsma von Fridays For Future - unbedingt sehenswert:

      www.youtube.com/watch?v=WpHdPMOYulc

  • Alles Kommentare, die mir aus dem Herzen sprechen. Einen Aspekt möchte ich noch gerne ansprechen: Was hilft uns eine Klima-Debatte, die sich ausschließlich um den Anteil der Erneuerbaren, neue Stromtrassen usw. dreht? Wieso sprechen die Parteien (leider auch die sogenannten Grünen) so wenig von der agroindustriellen Landwirtschaft, die deutschland- und mittlerweile auch europaweit Kulturlandschaften in "Biodiversitäts-Wüsten" verwandelt hat? Warum wird unser ohnehin kranker Wald immer noch vorrangig als Wirtschaftswald misshandelt? Die "Bodenpolitik" des Kapitalismus kennt zwei Spielarten: Zerstörung des Bodenlebens oder Überbauung. Warum ist das kein Thema im Wahlkampf? Das Klima ist nicht nur Ergebnis menschengemachter Emissionen sondern auch des jeweiligen Umgangs mit der Biosphäre.

  • Sehr geehrte Frau Schwarz,



    es dürfte bereits mehr als deutlich geworden sein, dass die erste Sorge der Parteien, unabhängig von bevorstehenden Wahlen, nicht der Verhinderung eines weiten Anstiegs der globalen Temperaturen ist, sondern der Schutz unseres Industrie- und Wirtschaftsstandorts. Einschließlich der Grünen, die unbegrenztes wirtschaftliches Wachstum mit der richtigen Farbe (grün) offensichtlich für möglich halten, wenn dieses Wachstum "nachhaltig" gestaltet wird.



    Dass der Begriff nachhaltig inkompatibel mit wachsendem Ressourcen- und Energieverbrauch ist, will niemand sehen, außer man hat das Ziel, damit eine Illusion zu schützen, um nicht an die Wurzel des Übels, die Dynamik des Wachstumszwanges, zu gehen. Dies erforderte nämlich grundsätzlich andere Diskussionen und Zielsetzungen und nicht Pro Aufbau zusätzlicher Industrien und "nachhaltiger" Produkte, die binnen kurzer Zeit zu Müll werden, deren Ressourcen verbraucht sind und das bei ihrer Herstellung und Nutzung erzeugte CO2 in der Atmosphäre ist. Daran ist absolut nichts nachhaltig, Eine Batterie ist ebenso wenig eine Pflanze wie die in ihr verbauten Rohstoffe.



    Diese Diskussionsblase, zusätzliche Industrien und Produkte schützen das Klima, ist realitätsfremd, unlogisch und schert sich einen Dreck um den ökonomischen und technologischen Istzustand. Sie verhindert ein gesellschaftlich Umdenken! Sie hält eine Illusion aufrecht, die mittelfristig zwangsläufig in ein ökologisches, soziales und demokratiegefährdendes Desaster führen muss.



    Es müsste über andere Arbeitszeitmodelle, eine Drei oder Vier-Tage Woche etc. diskutiert und über Alternativen zur Wachstumswirtschaft oder Auswege aus dem Wachstumszwang gesprochen werden. War mal die Gründungsidee der Grünen, die sich heute nur noch einen "Ich bin KlimaschützerIn" Aufkleber an ihr E-Mobil kleben.



    Solange der Industriestandort und die Renditen der Vermögenden das politische Maß aller Dinge bleibt, wird und kann sich nichts ändern.



    Herzliche Grüße

  • Man sollte sich nicht vorschnell über Flacherdler lustzig machen. Das Verhältnis unserer Gesellschaft und ihrer Eliten zur Realität des Klimawandels ist nicht viel anders. Wir sind in einem Narrativ gefangen, dass auf der Entfremdung von Natur, anderen Menschen und letztlich uns selbst beruht, wir leben in einem kollektiven Wahn, dass unser kapitalistisch-konsumistisches Handeln für immer ursachen- und folgenlos ist, für das Klima, für unsere Arbeitssklaven in Bangladesh und anderswo und für uns selbst. Wir werden die 1.5 Grad Maßnahmen umsetzen, wenn die 2 Grad schon unvermeidlich sind, und die 2 Grad Maßnahmen wenn 3,5 unweigerlich kommen und ich schätze wir werden noch in diesem Jahrhundert den größten globalen zivilsatorischen Kollaps aller Zeiten erleben.

    • @hessebub:

      "Wir sind in einem Narrativ gefangen, dass auf der Entfremdung von Natur, anderen Menschen und letztlich uns selbst beruht" - das ist die Ebene, auf die es ankommt. Rudi Bahro hätte es ähnlich ausgedrückt, oder Fabian Scheidler (siehe "Der Stoff, aus dem wir sind - warum wir Natur und Gesellschaft neu denken müssen").



      Aber wie dieses Denken umsetzen? Manche von uns stecken in Zusammenhängen, wo selbst die einfachsten Schritte (Gasheizung abschalten, nicht fliegen, weniger PKW-Sondermüll gebrauchen) schwierig sind (im Journalismus, bei NGO's, Handel: Schweröl-Schiffe stießen 2019 allein in Europa 139 Millionen Tonnen CO² aus ). Eine Kultur materieller Selbstbeschränkung bei Austausch und Geselligkeit ist das Gebot des Jahrhunderts.

  • Man müsste aber auch schon ehrlich sein, und zugeben, dass eine Erwärmung um 1,5° C realistisch nicht mehr aufzuhalten ist. Komplexe Rückkopplungssysteme haben es halt so an sich, dass wenn sie einmal ins Schwingen kommen, dann übersteuern die auch gerne schnell mal. Oder anders gesagt, die Veränderungen sozialer und wirtschaftlicher Natur auf globaler Skala müssten so massiv sein, dass keine Regierung der Welt sich dies traut, und vor allem keine die noch an die Religion Kapitalismus glaubt. ;-)

  • > CDU-Kanzlerkandidat Armin ­Laschet beispielsweise findet, dass die lauten, oft stinkenden und potenziell radlerinnenquetschenden Blechungetüme Städte lebendiger machen.

    Ich als Radfahrer finde, dass die Dinger unsereins eher toter machen. Ich wünsche es niemanden, das mit zu bekommen, aber wer man an so einer riesigen Blutlache vorbei gekommen ist, die nach einem schweren sogenannten Abbiegeunfall zurück bleibt, vergisst das so schnell nicht wieder.

    Und viele Menschen fühlen sich auf dem Fahrrad in der Stadt mittlerweile so bedroht, dass es Sinn machen würde, in den Grosstädten das kolumbianische Modell mal auszuprobieren: An den Wochenenden einige Hauptverkehrsadern für Autos ganz zu sperren und für radfahrende, laufende, skatende und spielende Lebewesen frei zu geben.

    herzlichen Dank an Susanne Schwarz für ihr Engagement!

  • Die Programme der Parteien können im Bereich Klimaschutz doch gar nicht überzeugend sein. Wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel erfordern den Ausstieg aus einer Wirtschaft, die zwingend Wachstum benötigt. Dieser Ausstieg wäre viel mehr als nur eine "Transformation" - er wäre das Ende allzu vieler bequemer Selbstverständlichkeiten, wobei die Frage, wie man den Ausstieg eigentlich sozialverträglich organisiert, nicht mal ansatzweise beantwortet ist. Daher setzen alle Parteien auf "klimaneutrales Wachstum", auf den schwarzen Schimmel also. Auch die Grünen. Das kann nicht funktionieren, lässt sich aber gut verkaufen, weil alle Welt verständlicherweise daran glauben will.

    • @zmx52:

      Da haben Sie vollkommen recht. Ich wundere mich auch die ganze Zeit, warum man nicht die einfachste Lösung aller nimmt: De-Growth.

      Der Glaube, dass uns das System, welches uns durch seine Funktionsweise in diese Situation gebracht hat, aus dieser Krise wieder rausholen könnte, macht schon logisch einfach keinen Sinn.

      Aber ich rate mal, so ist das mit dem Glauben halt. Da muss man nix beweisen, sondern einfach dran glauben. Klappt ja bei der Kirche auch ganz gut, da ja genug Leute dort einzahlen. :-)

    • @zmx52:

      Klimawandel bekämpfen, aber den Kapitalismus unangetastet lassen - das kann nicht funktionieren. Vielleicht sind daher die "Linken" heute grüner als die "Grünen", was man auch an den verkehrspolitischen Vorstellungen der beiden Parteien sieht.

  • Ob Grün, Union oder SPD, wenns ums Klima geht, dann haben sie alle nur das Selbe zu bieten, irgendwie Zahlen hochrechnen und nischt machen. Mogelpackungen, mehr nicht. Das 1,5 Ziel taugt nur noch für Talkshows und Selbstdarstellung.