Kindergrundsicherung: Pragmatismus ist angesagt
Es war gut gemeint: Kinder aus armen Familien soll das Bürgergeld-Stigma erspart bleiben. Doch die Kindergrundsicherung erzeugt nun mehr Bürokratie.
A uch in der Politik spielt „Branding“, die Markenbildung, eine große Rolle. Nur kann man damit auch zu hohe Erwartungen wecken. Das war bei der Kindergrundsicherung der Fall. Jetzt liegt ein Gesetzentwurf vor, mit dem Behörden und Betroffene unzufrieden sind. Anstatt aber mit Häme auf Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) zu zeigen, ist jetzt Pragmatismus angesagt.
Mit dem generalistischen Begriff der Kindergrundsicherung wollte man die Stigmatisierung von Kindern in bedürftigen Familien abbauen. Kinder sind immer unschuldig an ihrer Situation. Gegen eine „Kindergrundsicherung“ kann also niemand etwas haben, so das Kalkül der Grünen.
Die Kinder in Familien, die Bürgergeld (früher Hartz IV) bekommen, werden mit dem neuen Gesetz verwaltungstechnisch quasi aus dem Bürgergeld heraus gelöst. Ihre Sozialleistung wird als „Zusatzbetrag“ Teil der Kindergrundsicherung und soll künftig von den neu zu gründenden Familienservicestellen ausgezahlt werden. Dabei aber besteht die Gefahr, dass es zu Parallelstrukturen kommt.
Denn die Grundsicherung für diese Kinder bleibt trotzdem verbunden mit der Einkommenssituation der restlichen Familie, die weiterhin Bürgergeld vom Jobcenter bezieht. Jeder Mehrbedarf, der Anteil der Kosten der Unterkunft und Heizung, muss unter Umständen dann in zwei Behörden berechnet werden. Auch die Schülerfahrkarte und das Geld für den Schulausflug gibt es oftmals vom Jobcenter.
Ein Mehr an Bürokratie ist Mist. Der Protest aus den Behörden muss daher ernst genommen werden. Wenn schon, dann müssen die Familienservicestellen zum Beispiel auch Mehrbedarfe und andere Leistungen des Jobcenters für die Kinder mit auszahlen können. Parallelstrukturen müssen vermieden werden, und das ist nur ein Beispiel für notwendige Modifikationen des Gesetzentwurfs. Nicht parteipolitischer Starrsinn, sondern ein Gesetz im Sinne der Betroffenen muss das Ziel sein. Sonst entwickelt sich die Kindergrundsicherung noch zu einem neuen Desaster der Ampel-Koalition.
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