Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg: Immer für eine Überraschung gut
Zur Abwechslung ist nicht alles aus Trumps Zauberkiste katastrophal. Der designierte Sondergesandte nimmt nun die Ukraine und Russland in die Pflicht.
D onald Trump ist immer für eine Überraschung gut. Offenbar sind jetzt zur Abwechslung auch einmal positive Momente möglich. Noch nicht offiziell im Amt, könnten mit dem Ukraine-Sondergesandten in spe, Keith Kellogg, für die künftige Politik gegenüber Kyjiw Pflöcke eingeschlagen werden. Zwar ist es nach wie vor das Ziel der künftigen Trump-Administration, die Waffen in der Ukraine zum Schweigen zu bringen.
Erwähnenswert ist allerdings, wie das erreicht werden soll: Nicht nur schnell und schmutzig bei der Unterstützung Kyjiws den Stecker ziehen, um das vom Krieg geschlagene Land an den Verhandlungstisch zu zwingen. Auch auf den Kreml, der bisher kein Jota von seinen Vorbedingungen abzuweichen bereit ist und fast täglich neue Drohungen gegenüber dem „kollektiven Westen“ ausstößt, will Washington Druck ausüben.
Das Motto lautet: Bist du nicht willig, dann könnten die Waffenlieferungen an die Ukraine, in welchem Umfang auch immer, fortgesetzt, wenn nicht sogar erhöht werden. Bei diesem Szenario müsste sich die Ukraine ihrerseits grundsätzlich für Friedensverhandlungen offen zeigen, dem Einfrieren des Konfliktes an den bestehenden Frontlinien zustimmen sowie das Ansinnen, der Nato beizutreten, ad acta legen – und all das auf unbestimmte Zeit.
Noch vor einigen Monaten wären solche Gedankenspiele zum Scheitern verurteilt gewesen. Doch die Tonlage in der Ukraine ändert sich. Von einer Rückeroberung aller von Russland seit 2014 völkerrechtswidrig besetzten Territorien spricht Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht mehr – aus gutem Grund. Militärisch hat Kyjiw dem Aggressor immer weniger entgegenzusetzen. Es mangelt an Personal und Waffen, im Osten droht die Frontlinie komplett zusammenzubrechen.
Sicherheitsgarantien für Kyjiw
Die Bevölkerung ist zermürbt und ausgelaugt – kein Wunder, angesichts steigender Opferzahlen und einer zu weiten Teilen zerstörten kritischen Infrastruktur vor dem mittlerweile dritten Kriegswinter. Aktuell würde sich mehr als die Hälfte der Ukrainer*innen mit Konzessionen an Russland abfinden. Nur welchen? In den besetzten Gebieten werden mit brutalen Mitteln weiter Fakten geschaffen. Welche Sicherheitsgarantien wird es für die Ukraine geben und wer wird diese in der Praxis durchsetzen?
Diese Fragen müssten zuallererst die europäischen Verbündeten Kyjiws beantworten. Die jedoch zerlegen sich weiter und proben, wie im Falle Deutschlands, bei Waffenlieferungen partiell den Alleingang. Das ist mehr als fahrlässig. Zwar geht es zuallererst um die Ukraine, aber nicht nur. Selbst wenn die Waffen schweigen, ist der Krieg noch nicht zu Ende. Und das gilt eben nicht nur für die Ukraine.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen