Keir Starmer in Washington: Den Frieden gewinnen
Der Krieg in der Ukraine war das Top-Thema beim Treffen des britischen Premiers Keir Starmer und US-Präsident Trump. Unter anderem ging es um Sicherheitsgarantien.
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„Das Vereinigte Königreich ist bereit, Bodentruppen und Flugzeuge zu entsenden, um gemeinsam mit unseren Verbündeten ein Abkommen zu unterstützen“, sagte Starmer während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Präsident Donald Trump am Donnerstag.
Frankreich sowie andere NATO oder EU-Länder könnten sich ebenfalls beteiligen, verriet Starmer, ohne jedoch genaue Namen zu nennen. Der britische Staatschef machte zudem deutlich, dass ein mögliches Friedensabkommen zwischen Kyjiw und Moskau so gestrickt werden müsse, dass der russische Präsident Wladimir Putin gar nicht erst auf die Idee kommen könnte, die Ukraine in Zukunft nochmals anzugreifen.
Indirekte Kritik an Donald Trump
„Wir müssen es richtig machen“, warnte Starmer. Und verwies diesbezüglich auch auf ein Motto, welches in Großbritannien nach dem Zweiten Weltkrieg die Runde machte: „Wir müssen den Frieden gewinnen“. Und genau das muss auch in diesem Krieg geschehen, erklärte der britische Premierminister.
„Es darf nicht ein Frieden sein, der den Angreifer belohnt oder Regime wie den Iran ermutigt. Wir sind uns einig, dass die Geschichte auf der Seite des Friedensstifters stehen muss, nicht auf der Seite des Angreifers und Eindringlings. Der Herausforderung könnte also nicht höher sein und wir sind entschlossen, zusammenzuarbeiten, um ein gutes Abkommen auszuhandeln“, sagte Starmer unter den Augen von Trump.
Mit dieser Aussage übte Starmer indirekt Kritik an Trump und seinen Regierungsmitgliedern. Diese haben im Vorfeld der geplanten Friedensverhandlungen einen möglichen NATO-Beitritt der Ukraine ausgeschlossen.
Der US-Präsident ließ die mahnenden Worte seines Gegenübers unkommentiert. Er erklärte nur, dass seine Regierung hart daran arbeite, einen Deal zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine zu erzielen. Trotz aller Zuversichtlichkeit existiert allerdings laut Trump nur ein kurzes Zeitfenster, um ein Abkommen zu schließen.
Trump nimmt Putin beim Wort
„Entweder wird es ziemlich bald passieren oder es wird überhaupt nicht passieren“, sagte der US-Präsident über die Friedensverhandlungen.
Bereits im Vorfeld der Pressekonferenz erklärte Trump, dass er im Falle eines Abkommens optimistisch sei, dass Putin sein Wort halten werde. „Wenn wir einen Deal erzielen, dann glaube ich, dass dieser auch dauerhaft sein wird“, sagte der 78-Jährige während im Oval Office.
Starmer, der sich weniger hoffnungsvoll über den russischen Präsidenten äußerte, will, dass ein mögliches Abkommen Maßnahmen enthält, die Putin zeigen, dass er mit Konsequenzen rechnen muss, sollte er sich nicht an die Vereinbarungen halten. Der britische Premierminister und Trump sprachen sich daher für das Prinzip von „Trust but verify“, also vertraue aber überprüfe.
Sicherheitsgarantien für die Ukraine?
Eine Maßnahme, die laut Trump die Sicherheit der Ukraine langfristig garantiert, sei das bevorstehende Rohstoff-Abkommen zwischen den USA und der Ukraine. Dieses soll am Freitag während des Besuchs des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Washington unterzeichnet werden.
Trump erklärte, dass die zukünftige Anwesenheit von US-amerikanischen Arbeitern in der Ukraine eine Art von Schutz sei. „Ich glaube nicht, dass irgendjemand Spielchen spielen wird, wenn wir mit unseren Arbeitern dort sind“, so der US-Präsident.
Der Rohstoff-Deal, bei dem es vor allem um den Abbau von seltenen Erden und anderen Mineralien geht, soll der Ukraine auch wirtschaftlich helfen. Gleichzeitig sollen damit aber auch die US-Steuerzahler für ihr Milliardenausgaben in Form von militärischen und finanziellen Hilfsleistungen an die Ukraine entschädigt werden.
Wie schon der französische Präsident Emmanuel Macron am Dienstag, versuchte auch Starmer während seines Besuchs in Washington eine geschlossene Front mit den USA zu präsentieren. Eine Frage über Trumps öffentliche Kommentare, Kanada zum 51. US-Bundesstaat zu machen, moderierte er gekonnt ab.
„Ich glaube, Sie versuchen, eine Kluft zu finden, die es nicht gibt“, antwortete Starmer.
Handel und Technologie
Neben dem Ukraine-Krieg gab es auch andere Themenschwerpunkte, die auf der Tagesordnung standen. Unter anderem gehörte dazu Trumps Drohpolitik mit Zöllen. Der US-Präsident erklärte, dass er wie angekündigte Zölle als Vergeltungsmaßnahme anheben würde, sollten andere Länder US-Produkte mit höheren Einfuhrabgaben belegen.
Mit Bezug auf die Handelsbeziehungen zwischen dem Vereinten Königreich und den USA zeigte sich Trump allerdings zuversichtlich. „Ich denke, es besteht eine sehr gute Chance, dass wir im Falle dieser beiden befreundeten Länder am Ende ein echtes Handelsabkommen abschließen können, bei dem die Zölle nicht notwendig wären“, gab Trump zu Protokoll.
Auch wollen beide Länder an einem neuen wirtschaftlichen Abkommen arbeiten, welches neue Technologien, vor allem künstliche Intelligenz als Kern enthält. Die genauen Details sind noch nicht bekannt. „Anstatt diese neuen Technologien übermäßig zu regulieren, wollen wir die Chancen, die sie bieten, nutzen“, sagte Starmer.
Das Treffen zwischen Starmer und Trump zeigte erneut, wie wichtig die USA als Handelspartner und Bündnispartner für Großbritannien und andere europäische Länder, sowie die EU trotz allem bleiben. Trump versteht seine Rolle als US-Präsident und spielt diese gekonnt aus. Er diktiert die Spielregeln und Starmer, Macron und wie sie alle heißen dürfen gerne spielen, solange sie sich an seine Regeln halten.
Am Freitag empfängt Trump Selenskyj im Weißen Haus. Die erwarteten Gespräche könnten ein Indikator dafür sein, wie wahrscheinlich ein Friedensabkommen zwischen Russland und der Ukraine wirklich ist.
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