Keine Kurskorrektur beim CO2: Bundesregierung bricht Klimagesetz
Die Ampel verwässert das Gesetz, das Deutschland klimaneutral machen soll. Und: Sie hält sich schon nicht mehr an die noch gültige Variante.
Dieses Prinzip der sofortigen Kurskorrektur in solch einem Fall hebt die Ampel zwar mit einer Reform auf – in Kraft ist diese aber noch nicht. Das Verkehrsministerium verweist trotzdem schon darauf: „Die Vorlage eines Sofortprogramms, welches nicht den Anforderungen dieser neuen Rechtslage entspricht, halten wir vor dem Hintergrund des unmittelbar bevorstehenden Inkrafttretens der Novelle für nicht zielführend“, sagte ein Sprecher des Ministeriums der taz.
Die neuen Anforderungen werden dabei nicht stärker, sondern tendenziell schwächer sein. So werden die CO2-Grenzwerte, die das Klimaschutzgesetz für verschiedene Wirtschaftssektoren und jedes Jahr festlegt, praktisch bedeutungslos.
Stattdessen soll die ganze Bundesregierung für Klimaschutz im Gesamten verantwortlich sein – und will dabei sektoren- und jahresübergreifend vorgehen. Eine Verfehlung in einem Bereich kann also theoretisch durch die Übererfüllung in einem anderen ausgeglichen werden. In der Praxis fehlen dafür allerdings die Spielräume.
Steinmeier unterschreibt umstrittene Reform
Wenn die Rechnung nicht aufgeht, muss die Regierung ihrer neuen Reform nach aber trotzdem kein Sofortprogramm mehr aufsetzen. Das ist erst nötig, wenn die jährlichen Prognosen zweimal in Folge ergeben, dass eine Erreichung des Klimaziels 2030 nicht mehr gewährleistet ist.
Klimaschützer*innen ist das viel zu unverbindlich. Damit einher gehe das Risiko, „dass wichtige Klimaschutzmaßnahmen weiter auf die lange Bank geschoben werden, weil Verantwortlichkeiten verwässert wurden und Pflichten zur Nachsteuerung nun zu lange Fristen haben“, heißt es zum Beispiel beim Umweltverband WWF.
Erst am Montag hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Reform des Klimaschutzgesetzes unterschrieben. Jetzt muss sie noch im Bundesgesetzblatt erscheinen. Nach einer mehrtägigen Frist tritt sie dann in Kraft – so lange gilt das alte Gesetz. Klimaschützer*innen hatten an Steinmeier appelliert, der Reform nicht zuzustimmen. Der Bundespräsident kann einem Gesetz die Unterschrift verweigern, wenn er offenkundige verfassungsrechtliche Bedenken hat. Steinmeiers Prüfung dauerte im Fall des Klimaschutzgesetzes Monate, das ist unüblich lange.
Für den Fall, dass der Bundespräsident doch unterschreibt, hatten mehrere Umweltverbände und Klimaaktivist*innen bereits Klagen angekündigt, darunter Luisa Neubauer von Fridays for Future. Sie gehen davon aus, dass die Reform verfassungswidrig ist – und wollen vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen.
Im vergangenen Jahr war in Deutschland nicht nur der Verkehrssektor zu klimaschädlich gewesen, sondern auch der Gebäudesektor. Während bei der Mobilität die vielen Verbrennerautos das Hauptproblem sind, geht es bei den Gebäuden vor allem um die noch hauptsächlich fossilen Heizungen. Das Bundesbauministerium von Klara Geywitz (SPD) antwortete bis Redaktionsschluss nicht auf die Anfrage der taz, ob es ein Sofortprogramm vorlegen werde.
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