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K.I.Z., Peter Maffay und PashanimStimmengewirr für Gaza

Gleich mehrere Bündnisse mit prominenten Künst­le­r:in­nen planen im Herbst Großdemos für Gaza. Nur die Linke hängt noch in der Luft.

Wir träumen von Frieden Foto: dpa

Berlin taz | Von dem unter Linken so beliebten „heißen Herbst“ ist noch nicht die Rede, doch die Palästina-Proteste in Berlin könnten in den kommenden Wochen und Monaten durch mehrere Großveranstaltungen auf eine neue Ebene gehoben werden.

Gleich drei Kundgebungen und Demonstrationen unterschiedlicher Akteure sind angekündigt oder in Planung, jeweils mit prominenter Unterstützung und dem Potenzial, deutlich mehr Menschen anzuziehen als die fast täglich stattfindenden Gaza-Proteste. Denen gelang bislang kaum eine Mobilisierung über eine migrantische und linksradikale propalästinensische Szene hinaus.

Bereits seit Monaten kündigt sich der Massenprotest eines Bündnisses an, zu dem auch die Partei Die Linke gehört. Im Juni kündigte Parteichefin Ines Schwerdter an, gegen die „Kriegsverbrechen in Gaza“ auf die Straße zu gehen: „Es liegt in unserer Verantwortung, palästinensische und israelische Stimmen für den Frieden hier hörbar zu machen.“

Nur: Offensichtlich war man im Bündnis wenig glücklich über das Vorpreschen der Linken – und innerhalb der Partei wuchs die Sorge, die Demonstration könnte auch Hamas-Sypathisant:innen und An­ti­se­mi­t:in­nen anziehen. Dann folgte die Absage. Neuer Termin, so munkelte man, sollte der 27. September sein. Doch auch dieser Termin ist nun unwahrscheinlich.

Musik-Kundgebung

Denn an jenem Samstag wird nun, wie am Montag bekannt wurde, ein anderer Gaza-Großprotest in Berlin stattfinden. Unter dem Motto „All Eyes on Gaza – Stoppt den Genozid!“ rufen Medico International und Amnesty sowie die Palästinensische Gemeinde zu einer Konzert-Kundgebung auf die Reichstagswiese. Auftreten sollen K.I.Z. und die Rap­pe­r:in­nen Ebow und Pashanim.

Gerechnet werde mit 20.000 Teil­neh­me­r:in­nen – mindestens. Absprachen mit dem Bündnis um die Linke habe es nicht gegeben, heißt es auf Nachfrage von einem Sprecher von Medico. Die Initiative gehe auf fünf Einzelpersonen zurück, darunter den Geiger Michael Barenboim und den Hochschuldozenten Jules El-Khatib.

Sorge davor, ins falsche Licht gerückt zu werden, habe man nicht: „Unsere grundlegende politische Ausrichtung ist glasklar. Wir orientieren uns an einer Politik der Menschenrechte“, so der Medico-Sprecher. Im Aufruf, der ein Ende der militärischen Kooperation mit Israel und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe fordert, heißt es: „Wir verurteilen alle Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen, unabhängig davon, ob sie von israelischen oder palästinensischen Ak­teu­r:in­nen begangen werden.“

Bereits zwei Wochen zuvor kommt es zu einer Kundgebung am Brandenburger Tor, zu der die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht zusammen mit Peter Maffay, Dieter Hallervorden, der Publizistin Gabriele Krone-Schmalz und dem Rapper Massiv aufruft. Der Protest darf als Versuch des BSW gesehen werden, der Linken zuvorzukommen. Demonstriert wird für einen Stopp des „Völkermords in Gaza“ und allgemein gegen Waffenlieferungen in Kriegsgebiete, womit auch die Ukraine gemeint ist.

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20 Kommentare

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  • "Die Initiative gehe auf fünf Einzelpersonen zurück, darunter den Geiger Michael Barenboim und den Hochschuldozenten Jules El-Khatib."



    Eine interessante Vorgeschichte:



    "Nur wenige prominente klassische Musikerinnen oder Musiker – und nur wenige prominente Deutsche – haben sich so konsequent, leidenschaftlich und detailliert über den brutalen Krieg Israels in Palästina geäußert wie Michael Barenboim, Geiger (und Sohn des Dirigenten Daniel Barenboim)."



    Das Interview nachzulesen:



    van-magazin.de

    2023 bei sueddeutsche.de



    "West-Eastern Divan Orchestra



    Hier spielt die Hoffnung



    ...



    (Michael Barenboims Vater Daniel (...) ist der einzige Mensch mit israelischer Staats- und palästinensischer Ehrenbürgerschaft - und seine Utopie der Zusammenarbeit in einem Orchester soll weitergehen.)..."

    Hoffen wir nur das Beste!

    • @Martin Rees:

      Genau. Aber im Zusammenhang mit Daniel Barenboim sollte man auch nicht Edward Said vergessen, die beiden haben den west-östlichen Diwan zusammen gegründet und der Name ist sicher kein Zufall bei einem Experten des Literaturvergleichs wie Said.

  • Deutschland kennt - wie 1914,1933 und 1989/90 - mal wieder keine Parteien mehr. Alle im Bundestag vertretenen Parteien von Linkspartei bis AfD sind sich einig. Worüber? Dass Israel keine Waffen mehr aus Deutschland bekommen soll. Und nun demonstrieren auch NGOs und "Kulturschaffende" für dasselbe, was längst parteiübergreifend Konsens ist.

    Weder gegen Russland noch gegen den Iran noch gegen Katar noch gegen die Türkei gibt es derartige Mobilisierungen. Die Türkei und Katar erhalten sogar Waffenlieferungen aus Deutschland, ohne dass es dagegen irgendeinen öffentlich vernehmbaren Protest gibt. Auch die Zahlungen Deutschlands und der EU an das neue Islamistenregime in Syrien werden ohne Aufhebens hingenommen. Nur gegen den einzigen jüdischen Staat sind in Deutschland von rechts bis links zuverlässig Massenmobilisierungen möglich.

    Und: Wer ein Waffenembargo gegen Israel fordert, sollte sich - wenn er die Antwort nicht ohnehin weiß - fragen, was geschähe, wenn Israel auch nur einen Krieg verlöre.

    • @Budzylein:

      Sie haben es sehr treffend zusammengefasst. In Wahrheit ist die Lage noch schräger, denn nicht nur gibt es keinerlei solcher koordinierten Aktionen dt Kulturschaffender gegen Russland. Nein, es gibt Aktionen *für* Russland! Zuweilen maskiert als Friedensinitiativen, Märsche und offene Briefe etc. meist aber zugleich auch als direkte Aufforderung militärischen Support für die Ukraine einzustellen... Fiese Logik muss man erst kapieren. Aber wenn die Ukraine sich ohne Waffen behaupten kann, dann kann Israel auch die Hamas ohne Waffen bekämpfen... Klar.

    • @Budzylein:

      Zur Zeit Frage die Welt sich eher, was passiert, wenn die israelische Regierung den Krieg so gewinnt, wie sie es will.

    • @Budzylein:

      "Weder gegen Russland noch gegen den Iran noch gegen Katar noch gegen die Türkei gibt es derartige Mobilisierungen."

      Stimmt doch gar nicht. Russland steht unter massiven staatlichen und gesellschaftlichen Sanktionen bis hin zu Sport und Kultur. Und der Rest der Aufzählung führt eben keinen Krieg in einem vergleichbaren Ausmaß, mit so hohen zivilen Opferzahlen, wie er in Gaza geführt wird.



      Es gibt weder Sanktionen gegen Israel, noch nicht einmal einen totalen Waffenstopp. Nur für bestimmte Waffen. Die weitere unteilte Solidarität wird extra betont.



      Deutschland prescht nicht vor, es zieht als nahezu letztes nach. Der einzige bedingungslose Freund, den Netanjahu für seine Poitik noch hat, ist Donald Trump. Nicht einmal im eigenen Land hat er die Mehrheit hinter sich. Dort demonstrieren mittlerweile Hundertausende gegen den Krieg einer Regierung voller extrem Rechter. Das könnte einem auch mal zu denken geben.

  • Den Linken muss man schon zugestehen, dass sie die Völkerrechtsbrüche, Aushungerungen, Tötungen beim Namen nannten, als es noch nicht jedem offenbar war (und die Hamas auch zu verurteilen)

    Sie werden das Thema aber auch nicht zu ihrem einzigen machen wollen, denn die Hauptfrage ist soziale Gerechtigkeit. Davon selbst abzulenken wäre aus Sicht der Linken also strategisch unklug.

    • @Janix:

      Und wenn es um "soziale Gerechtigkeit" (für wen eigentlich? für die Geiseln ja eher weniger, oder?) geht, macht man gemeinsame Sachen mit Antisemiten wie Massiv und dem außerparlamentarischen Putin-Fan-Club aka BSW?

      • @Amra:

        Amra: Lesen Sie meinen Post noch mal in einer ruhigen Minute, dann wird er verständlicher. So würde ein strategischer Partei-Linker vermutlich denken.



        rero: Sie haben Ihre Meinung. Schauen Sie aber auf die gegenfinanzierten Steuerkonzepte auf der linken Seite des Spektrum. Es sind die Rechten, die nicht mit dem Fiskus umgehen können.

    • @Janix:

      Da die Linke die Frage nach sozialer Gerechtigkeit nicht effektiv lösen kann, wäre es klug, das Israel-Palästina-Thema gut in den Vordergrund zu stellen.

  • Nur kurz zum "Rapper Massiv", denn der hat es im Buch " Illuminati, Rothschilds, Zionisten



    Antisemitismus im deutschen Gangsta-Rap" zu einem eigenen Kapitel

    www.campus.de/isbn/9783593461397

    • @lifopiw:

      Also bitte Details und nicht links die zu 511 DIN A4 Seiten führen, mit einem Stichwortverzeichniss, in dem "Rapper Massiv" nicht auftaucht und sich das auch nicht in Kapitelüberschriften findet. Also, bitte, welche Seite ?

      • @Jo Lang:

        Das Kapitel S. 364ff. Beispiel:

        Noch weitaus explizitere Gewaltfantasien gegen Israel enthält das Lied »Hausverbot in Tel Aviv«, das Massiv 2015 gemeinsam mit Sinan-G veröffentlichte. Im Lied bedienen sich die beiden Rapper der Battle-Rap-Stilmittel des Bragging und Boasting, ihr Omnipotenzgebaren und ihre Abwertungsvorstellungen artikulieren sie als sadistische Gewaltfantasien gegenüber imaginären Konkurrenten in der Rap-Szene, insbesondere aber gegenüber Frauen. Im Refrain [...] wandelt sich das Feindbild: »Der Irani und der Arabi haben Hausverbot in Tel Aviv/ Bombengürtel zelame [arabisch für Mann, Anm. d. Verf.]/ Gefälschte Pässe in der Hotel Suite/ Lak ich kidnappe eine Boeing und schieß auf deine Family« (Sinan-G feat. Massiv – »Hausverbot in Tel Aviv«, 2015). Anders als in den Strophen richtet sich die Aggression im Refrain gegen Israel. Sinan-G und Massiv inszenieren sich als potenzielle Selbstmordattentäter, die mittels eines Bombengürtels und eines gekidnappten Flugzeugs einen terroristischen Anschlag in der israelischen Metropole Tel Aviv begehen, um insbesondere Zivilisten zu ermorden (»und schieß auf deine Family«). (S. 374)

  • Die Hamas akzeptierte am Montag eine Antwort auf einen neuen Waffenstillstandsvorschlag Ägyptens und Katars, die in den Verhandlungen über einen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas vermitteln, berichtete Al Jazeera unter Berufung auf einen Vertreter der Gruppe.

    Darüber hinaus erklärten sowohl Al Jazeera als auch Al Araby, die Hamas habe den Vorschlag vollständig akzeptiert und ihre Antwort enthalte keine Änderungen -- im Gegensatz zu den in den letzten Wochen der Hamas vorgelegten Waffenstillstandsvorsclägen



    die alle von der Terrorgruppe abgelehnt wurden.

    Israel hatte gedroht und angekündigt Gaza - Stadt einzunehmen und zu besetzen weil die Stadt ein militärisches und symbolisches Zentrum der Hamas Führung mit zentraler Infrastruktur beherbergt.

    Quelle: Al Araby, Haaretz, Times of Israel

    • @zartbitter:

      Wird nicht funktionieren, da die Zusicherung der Hamas, "militärische Aktivitäten" einzustellen Schmuck für den Weihnachtsbaum ist. Ohne vollständige Entwaffnung und Installation einer Verwaltung, die weder von der Hamas noch der Palästinensischen Autonomiebehörde geführt oder unterwandert ist, wird Israel dem nicht zustimmen.

      • @BrendanB:

        Die Hamas teilte den Vermittlern am Montag mit, dass sie den Vorschlag für einen Waffenstillstand und die Freilassung von Geiseln angenommen habe, welcher der Terrorgruppe einen Tag zuvor vorgelegt worden war. Quellen zufolge sieht der Vorschlag eine 60-tägige Waffenruhe und die Freilassung von zehn lebenden Gefangenen vor. Die Vermittler bemühen sich derzeit um eine Einigung, --- bevor Israel seine geplante Mission zur Eroberung von Gaza-Stadt startet.

        Hamas steht unter Druck weil nun klar ist, das die noch nicht zerstörte Infrastruktur der Terrorgruppe sich offensichtlich in Gaza Stadt befindet und anscheinend der Angriff der IDF bereits begonnen hat oder kurz bevor steht -- und Netanjahu steht vor dem Problem auf die von Hamas akzeptierte Waffenruhe einzugehen um 10 lebende Geiseln frei zu bekommen. und damit den Angriff auf Gaza zunächst abzublasen.

        Verbleibt Hamas im Gazastreifen ist eine wie auch immer geartete Koexistenz zwischen Gaza und Israel nach dem 7. Oktober unmöglich - in diesem Punkt stimme ich Ihnen zu.

        • @zartbitter:

          "bevor Israel seine geplante Mission zur Eroberung von Gaza-Stadt startet."

          Ja, das ist das Einzige um das es geht: der Hamas das militärische Überleben in Gaza zu sichern. Dass genau das unter gar keinen Umständen der Fall sein wird, war am Abend des 7. Oktobers so klar wie sonst gar nichts. Unter welcher israelischen Regierung auch immer. Vielleicht wäre eine andere Regierung mit einem anderen Premier etwas anders mit der Zivilbevölkerung und den Hilfsorganisationen umgegangen, hätte eine andere Strategie und Taktiken gewählt. Mag sein. Dass am Ende die physische Vernichtung der Hamas stehen würde, stand hingegen nie zur Debatte.

          • @BrendanB:

            Es geht vor allem auch um die Folgen, die eine Ausweitung der israelischen Strafexpedition für die Bevölkerung Gazas hätte sowie um die von diversen israelischen Regierungsmitgliedern herausposaunten Vertreibungsplaene. Das mag Foristen, die auch bisher durch eine völlige Gleichgültigkeit gegenüber palästinensischen Leben aufgefallen sind, nicht weiter kümmern, aber zum Glück ist nicht jeder bereit, so schamlos den Von Trotha zu tanzen.

          • @BrendanB:

            Na, aus dem Ausland fährt mir der Gedanke durch den Kopf, Deutsche Zeitungsleser bewundern wohl immer noch solche Ausdrücke wie "physische Vernichtung " und andere Vokabeln der Endkampfterminologie.

          • @BrendanB:

            Vielleicht hätte eine andere, nicht rechtsextreme Regierung vor den Reden von der "physischen Vernichtung der Hamas" nicht davon geredet, dass es keine Unschuldigen in Gaza gäbe, dass es sich um menschliche Tiere handele, dass man Hunger und Krankheiten als Waffen einsetzen wolle, dass man Kinder, Frauen und Nutztiere auch ermorden wolle, usw. Kurz: vielleicht hätte eine andere israelische Regierung nicht genozidal geredet und gehandelt.