Israelischer Geheimdienst: Die tapferen Jungs vom Mossad

Das Image des legendären Geheimdienstes bekommt Risse. Grund dafür ist eine Reihe von Misserfolgen, aber auch das unkoschere Verhalten des Ex-Chefs.

Ein Mann mit Sonnenbrille.

Ex-Mossadchef Jossi Cohen Foto: Abir Sultan/epa

Als Kind habe ich die Bücher von ­Shraga Gafni verschlungen. Gafni ist kein John le Carré und auch kein Andrew Williams. In seinen Romanen sind die Geheimagenten reinen Herzens, schöne Menschen und vollkommene Patrioten. Lang ist es her. In der israelischen TV-Serie „Teheran“ (2020) erscheinen die Leute vom Mossad in deutlich nüchternerem Licht. Beim israelischen Publikum stößt die Serie auf nicht wenig Ablehnung und Spott.

Der Mossad ist einer mehrerer Nachrichtendienste Israels, nicht unbedingt der wichtigste, aber zweifellos der bekannteste. Tatsächlich ist von einem Institut die Rede, das im Vergleich zu weit größeren Nachrichtendiensten über sehr bescheidene Mittel verfügt. Auf das Konto des Mossad geht eine Reihe von erfolgreichen Missionen, von denen die meisten nie öffentlich wurden und die, die doch Schlagzeilen machten, waren aus nachrichtendienstlicher Perspektive nicht unbedingt die wichtigsten.

Letzthin werden dem Mossad vor allem einige Erfolge im Kampf gegen das iranische Atomforschungsprogramm zugeschrieben. Aber der Mossad musste auch nicht wenige Misserfolge wegstecken, die zum Teil bis heute nachwirken, wie in Lillehammer, Zypern, Jordanien und Dubai. Die Erfolge des Mossad – soweit sie bekannt wurden – erreichen ein weit größeres publizistisches Echo als die der anderen israelischen Nachrichtendienste.

Es liegt in der Natur der Sache, denn die Arbeit der Spione ist um einiges aufregender und romantischer als die der Hacker und Abhörspezialisten, obschon gerade ihnen im globalen Geschäft der Nachrichtendienste deutlich mehr Gewicht zufällt. In der auf Hebräisch verfassten Spionageliteratur wird der Mossad heute eher nüchtern dargestellt, als Organisation, die zwischen objektiven Zwängen und politischen Interessen balanciert.

Allerdings zeichnet die Literatur im Allgemeinen ein viel heroischeres und sympathischeres Bild als das, das sich aus der Berichterstattung in den Medien ergibt. Früher waren die Reporter übervorsichtig und hatten keinesfalls das Ziel, Skandale aufzudecken. Misserfolge zu vertuschen gehörte zur Identifikation mit dem, was als nationales Interesse galt. Heute passiert genau das Gegenteil. Aktuell dreht sich die Berichterstattung vor allem um Ex-Mossad-Chef Jossi Cohen. Die Recherchen brachten eine ganze Serie von Peinlichkeiten ans Licht.

Cohen hat demnach Geld und Geschenke von einem australischen Millionär angenommen, er unterhielt eine Affäre mit einer verheirateten Stewardess und versuchte, ihren Partner durch Beförderung zum Schweigen zu bringen. All das weckt Assoziationen an den Film „Burn after Reading“ der Coen-Brüder, der die CIA in ziemlich lächerlichem Licht präsentiert.

Die Berichte enthüllen Jossi Cohens Nähe zu Ex-Regierungschef Benjamin Netanjahu und, wenn man den Medien glauben kann, auch zu dessen Frau Sara. Die Institution ist zwar als exekutiver Geheimdienst definiert, der direkt dem Büro des Premierministers unterstellt ist, hier aber entsteht der Eindruck, dass Cohen den Mossad zu einem Werkzeug gemacht hatte, das direkt den politischen Interessen Netanjahus diente.

Unterm Strich lässt sich sagen, dass die rechten und die Mainstreammedien das Image des Mossad und seine romantische Aura bis heute trotz allem pflegen. Dementgegen bemühen sich linke Autoren darum, den Mossad als Organisation zu entlarven, die engen politischen Interessen dient. Hier ist ohne Zweifel etwas zerbrochen. Shraga Gafni würde sich im Grab umdrehen.

Aus dem Hebräischen Susanne Knaul

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ist Autor mehrerer Romane und populärwissenschaftlicher Schriften zu jüdischem Denken. Er leitet die Abteilung für Jüdische Kultur an der Sapir-Hochschule in Sderot.

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