Initiative für die Linkspartei: Rettungsaktion: Bitte eintreten
Eine Initiative ruft dazu auf, in die Linkspartei einzutreten, um sie im Parlament zu erhalten. Hunderte wollen dem Aufruf folgen.
Über 500 Linksradikale wollen am Montag der Linkspartei beitreten. Sie folgen einem Aufruf mit dem Titel „Wir jetzt hier“, den eine Gruppe von Menschen aus Berlin Ende Oktober verfasst hat. Die Initiator*innen sehen in der Abspaltung des Lagers von Sahra Wagenknecht die Chance, die Linke als Bewegungspartei neu aufzustellen. Sie wollen die Partei darin unterstützen, dass sie „eine glaubhafte, stabile Opposition zum vermeintlich alternativlosen Status quo wird und bleibt“, heißt es im Aufruf.
Beteiligt sind Menschen, die teils seit Jahrzehnten zivilgesellschaftlich engagiert sind – unter anderem in den Bereichen Klimagerechtigkeit, Seenotrettung und Queerfeminismus –, aber nie parteipolitisch aktiv waren. „Stattdessen haben wir protestiert, blockiert, gestreikt und Politik und Kultur von unten organisiert“, heißt es im Aufruf.
Jedoch: „Viele unserer Strategien der letzten Jahrzehnte sind gescheitert.“ Die Welt stehe „am Rand einer ökologischen und politischen Katastrophe“, die AfD marschiere „im Stechschritt durch die Landtagswahlen“ und selbst SPD und Grüne wollen „im großen Stil abschieben“.
Das alles habe immer mehr zu Resignation geführt, erklärt die Koordinierungsgruppe der taz. „Ich war das ganze Jahr politisch deprimiert“, beschreibt es eine Person aus der Gruppe. Als dann bei der Hessen-Wahl auch noch die Linke aus dem Parlament flog und die AfD auf den zweiten Platz kam, setzten sie sich zusammen.
Die Einzige, die linke Politik umsetzen kann
„Eine Person schlug vor – mit dem Disclaimer, dass nun ein steiler Vorschlag komme –, in die Linkspartei einzutreten.“ Nach einer kurzen Irritation seien die meisten schnell überzeugt gewesen. Denn: „Wann, wenn nicht jetzt? Normalerweise ist die Linke schlecht darin, Momente zu erkennen, aber dieses Mal haben wir ihn erkannt.“
„Wir können es uns nicht leisten, dass die Linke unter fünf Prozent rutscht“, erklärt die Koordinierungsgruppe gegenüber der taz. Die Partei sei die einzige Organisation, die Linksradikale, Arbeitslose in Ostberlin, Bäuerinnen in Brandenburg, Autobauer in Süddeutschland, Kulturlinke und humanitäre NGO-Vertreter*innen verbinde. Sie sei die einzige linke Organisation, die bereits in ganz Deutschland vertreten sei und unter anderem mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung Ressourcen habe, um linke Politik umzusetzen. All das würde zusammen mit der Linkspartei verlorengehen und müsse bewahrt werden.
Auf weiteren Vernetzungstreffen in Berlin, Hamburg und Hannover sei die Idee weitergetragen worden, der Aufruf außerdem in linken Chat-Gruppen verbreitet worden. Eine öffentliche Kampagne gebe es nicht. Dennoch wuchs die Gruppe pro Tag durchschnittlich um 20 Personen an. Teilweise seien auch Eltern gewonnen worden, die jahrelang die SPD gewählt hätten.
Aktiv in die Wohnblöcke gehen
Ab Montag wollen die Neumitglieder dann zu den Treffen der Ortsverbände gehen, die Parteistrukturen verstehen und langjährige Mitglieder beim Kaffeetrinken kennenlernen. Ziel sei es, die Partei „konstruktiv und kritisch, aber vor allem aktiv und radikal mitzugestalten“, heißt es im Aufruf. Die Koordinationsgruppe ergänzte gegenüber der taz: „Die Linke muss wieder einen Gebrauchswert bekommen. Sie muss wieder mehr im Alltag der Menschen präsent sein.“ Dazu wollten die Neumitglieder beitragen und „in die Wohnblöcke, Unis, Kneipen und Dörfer gehen“. Um Arbeiter*innen, Arbeitslose und prekär Beschäftige besser zu repräsentieren, soll es Quoten für Listen und Mandate aus diesen Gruppen geben.
Zum 31. Dezember 2022 zählte die Linkspartei nach eigenen Angaben knapp 55.000 Mitglieder. Nach dem Abgang von Sahra Wagenknecht am 24. Oktober sollen rund 500 Menschen neu eingetreten sein.
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