Hilfen für Gewerbe und Kultur: Wie Berliner Firmen an Geld kommen
Unternehmen, Selbstständigen, Geschäftsleuten und Künstler*innen brechen die Umsätze weg. Bund und Land bieten aber finanzielle Unterstützung.
Wegen der Corona-Epidemie haben Restaurants, Bars und Clubs auch in Berlin und Brandenburg geschlossen. Ebenso geht es vielen Geschäften. Und Künstler*innen oder Medienschaffende müssen auf Aufträge verzichten, weil in den kommenden Wochen Sendungen oder Aufführungen abgesagt werden. Ihnen alle gehen die normalen Umsätze ganz oder teilweise verloren. Wie kommen diese Selbstständigen und oft kleinen Firmen an die Finanzhilfen heran, die Bund und Land anbieten?
Beispielsweise an Taxifirmen, Buchgeschäfte, Bars oder Handwerksbetriebe, die kaum oder keine Umsätze mehr haben, will die Bundesregierung Zuschüsse zahlen, ohne sie zurückzuverlangen. Firmen mit bis zu fünf Beschäftigten sollen einmalig für drei Monate 9.000 Euro erhalten, bis zu zehn Beschäftigten 15.000 Euro.
Das Geld soll fließen, damit die Selbstständigen, Einzel- und Kleinunternehmer ihre Fixkosten, etwa die Geschäftsmiete, weiter zahlen können. Sie müssen nachweisen, dass sie wegen Corona in Schwierigkeiten gerieten.
Zuschuss-Programm des Senats
Diese Mittel sollen von den Ländern ausgezahlt werden. In Berlin wäre etwa der Senat oder die landeseigene Investitionsbank (IBB) zuständig. Wer genau, war bei Redaktionsschluss noch nicht klar. Außerdem hat der Senat ein eigenes Zuschuss-Programm beschlossen, durch das Selbstständige und kleine Firmen bis zu fünf Beschäftigten zunächst 5.000 Euro erhalten, um erste Fixkosten abzudecken.
Ab Freitag, den 27. März, nimmt die IBB Anträge dafür entgegen. Vorab-Anträge werden nicht berücksichtigt. Die gute Nachricht: Man kann die Bundes- und Landezuschüsse kombinieren, sie addieren sich.
Um Betrieben zu helfen, hat die öffentliche KfW-Bankengruppe außerdem ein in seiner Gesamthöhe unbegrenztes Kreditprogramm im Angebot. Diese Darlehen fließen an die Geschäftsbanken, die sie an die notleidende Unternehmen durchleiten sollen. Der erste Weg der Firmen führt deshalb zu ihrer jeweiligen Hausbank, beispielsweise der Berliner Sparkasse, Berliner Volksbank oder den hiesigen Filialen von Deutscher Bank, Commerzbank und weiteren Instituten.
Kredite der KfW
Bei der Berliner Sparkasse heißt es, dass die Anträge für die KfW-Kredite ab Montag, 23. März, gestellt werden können. In Frage kommen jetzt zuerst die Programme „KfW-Unternehmerkredit“ und „ERP-Gründerkredit – universell“. Die richten sich an alle Firmen, egal ob klein oder groß. Die Sparkasse empfiehlt, mit den persönlichen Berater*innen in den Filialen oder Firmen-Centern Kontakt aufzunehmen.
Als Unterlagen sollen die Antragsteller*innen unter anderem eine kurze Beschreibung der Auswirkungen der Corona-Epidemie auf ihr Unternehmen einreichen. Außerdem werden unter anderem die Jahresabschlüsse für 2017 und 2018, die Betriebswirtschaftliche Auswertung 2019 und die Liquiditätsplanung für das kommende Jahr verlangt.
Welche Summe das jeweilige Unternehmen braucht, um seine Kosten in den nächsten Monaten zu decken, dürfte nicht einfach zu ermitteln sein. Schließlich weiß niemand, wie die Krise weitergeht, und wie lange etwa eine Ausgangssperre dauert. Die Berliner Volksbank rät aber dazu, den Liquiditätsbedarf nicht zu hoch anzusetzen, um die Berechnung nicht unseriös erscheinen zu lassen.
Zinsen je nach Bonität
Die Zinsen für die Kredite richten sich nach der Bonität der Kunden. Laut Übersicht der KfW beginnen sie bei einem Prozent pro Jahr. „Wir rechnen noch vor Ostern mit den ersten Auszahlungen“ von Darlehen, heißt es bei der Berliner Sparkasse. Zudem bietet das Institut seinen Firmenkunden an, die Tilgung für bereits laufende Kredite auszusetzen.
Zusätzlich gibt es einen zweiten Weg, den die Betriebe und Selbstständigen einschlagen können. Unterstützung bieten auch die Bürgschaftsbanken der Länder, zum Beispiel die Bürgschaftsbank Berlin. In vielen Fällen dürfte es sich anbieten, beide Wege – Hausbank und Bürgschaftsbank – gleichzeitig zu beschreiten. Denn letztere übernehmen Sicherheiten, die es den Hausbanken erleichtern, KfW-Kredite und eigene Darlehen zu vergeben.
„Über das Portal www.ermoeglicher.de können die Firmen Kontakt zu uns aufnehmen“, sagt Steffen Hartung, Geschäftsführer der Bürgschaftsbank Berlin. Das kann auch deshalb nützlich sein, weil kleine Firmen oder Soloselbstständige mitunter keine Hausbank haben, zu der sie enge Beziehungen pflegen. „Sollten sie keine feste Hausbank haben, bemühen wir uns, eine zu finden“, so Hartung.
Zwei Wochen Bearbeitungszeit
An Unterlagen für den Kreditantrag braucht die Bürgschaftsbank im wesentlichen die Betriebswirtschaftliche Auswertung des Dezembers 2019, den Jahresabschluss 2018 und einen Liquiditätsplan über die benötigten Mittel für das nächste halbe Jahr. „Innerhalb von etwa zwei Wochen sollten die Kreditmittel für das jeweilige Unternehmen bereit stehen“, sagt Hartung.
Über diese bundesweiten Kreditprogramme für Unternehmen hinaus stellt auch die IBB Darlehen an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bereit. Bis zu 500.000 Euro Kreditsumme fallen für sechs Monate keine Zinsen an. Anträge sind jetzt möglich.
Zumindest für die erste Zeit scheint es nun Hilfen für Firmen zu geben – theoretisch. Jetzt dürften die praktischen Probleme kommen. Erreicht das Geld die Firmen so rechtzeitig, dass sie nicht in den Bankrott schliddern?
Dieser Artikel erscheint als Verlagsbeilage im taz thema recht auch in der Printausgabe der taz Berlin am 28. März
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin