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Haushalts-Pläne nach Ampel-EndeIntegrationskursen droht Shutdown

Nach dem Ampel-Aus greift die vorläufige Haushaltsführung. Integrationskurse könnten ausfallen, das Afghanistan-Aufnahmeprogramm sogar komplett enden.

Wichtig für Geflüchtete und andere Zu­wan­de­re­r*­in­nen: Integrationskurse Foto: Socrates Tassos/imago

Berlin taz | Der Zusammenbruch der Ampel droht die Integrationskurse für Geflüchtete und andere Zu­wan­de­re­r*­in­nen zum Stillstand zu bringen. Weil mit dem Ende der Bundesregierung auch die Pläne für den Haushalt hinfällig sind, könnte den Trägern der Kurse das Geld abgedreht zu werden. Und auch das eigentlich gerettete Bundesaufnahmeprogramm für afghanische Men­schen­recht­le­r*in­nen ist dadurch wieder in Gefahr.

In Momenten, in denen es kein Haushaltsgesetz für das kommende Jahr gibt, greift die vorläufige Haushaltsführung. Dadurch kann der Staat seinen Aufgaben weiter nachkommen und weiter Geld ausgeben – allerdings mit deutlichen Begrenzungen. So dürfen nur bestehende Institutionen und gesetzlich beschlossene Maßnahmen finanziert werden. Außerdem dürfen noch rechtliche Verpflichtungen erfüllt werden und ohnehin laufende Projekte weiter Geld erhalten. Es bleibt also beim Status Quo.

Offen ist derzeit aber, was die Grundlage für die vorläufige Haushaltsführung für 2025 werden soll. In Frage kommen entweder der Haushalt für 2024 oder aber die Entwürfe für den Haushalt 2025, welche die Ampel noch ausarbeiten konnte, bevor sie zerbrach. Und hier wird es gefährlich für die Integrationskurse, die Zugewanderten die deutsche Sprache beibringen und Grundwissen über die deutsche Gesellschaft vermitteln sollen.

Während es vergangenes Jahr noch rund eine Milliarde Euro für die Kurse gab, strich das Bundesinnenministerium unter Nancy Faeser (SPD) diesen Posten in einem ersten Entwurf für den Haushalt 2025 auf 500 Millionen zusammen. Eigentlich sollte darüber später noch einmal verhandelt werden – doch dazu kam es nicht mehr. Sollte dieser Entwurf nun Grundlage für die Haushaltsplanung werden, gäbe es für die Integrationskurse im nächsten Jahr also zunächst nur noch halb so viel Geld. Das hätte dramatische Folgen.

„Integration wird kaputt gespart“

Sascha Rex vom Volkshochschulverband sagt der taz: „Unseren Berechnungen nach reichen die für Integrationskurse eingeplanten 500 Millionen Euro nicht einmal aus, bereits seit diesem Jahr laufende Kurse zu Ende zu führen.“ Geplante Kurse, die erst noch anfangen, müssten deswegen durchweg abgesagt werden. Auch viele Berufssprachkurse müssten deshalb ausfallen. „So wird die Integration in Deutschland kaputt gespart“, so Rex.

Er warnt, dass damit 180.000 Geflüchteten Integrationskurse vorenthalten werden könnten. „Dabei sind die dort erworbenen Sprachkenntnisse unentbehrlich für den Berufseinstieg und das Alltagsleben in Deutschland.“ Schon jetzt warteten Geflüchtete im Schnitt ein halbes Jahr auf einen Kurs – mit den Kürzungen drohten es bis zu anderthalb Jahre zu werden.

Und auch wenn eine noch zu wählende neue Bundesregierung rasch einen neuen Haushalt beschließt, droht durch die zeitweilige Kürzung dauerhafter Schaden. „Allein an Volkshochschulen werden dann über 10.000 Fachkräfte nach dem Ende der laufenden Kurse keine neuen Verträge mehr erhalten“, befürchtet Rex. Und die könnten sich dann beruflich umorientieren. „Diese Abwanderung wird das effiziente und international anerkannte Sprachlernsystem für Zugewanderte in Deutschland dauerhaft beschädigen.“

Die Lage beim Bundesaufnahmeprogramm für Af­gha­n*in­nen ist noch etwas komplizierter. Das Innenministerium kürzte im ersten Entwurf für den Haushalt 2025 alle Mittel für das Programm. Ohnehin gab es Vorwürfe, das Ministerium verschleppe die Umsetzung der Evakuierungen, die afghanische Men­schen­recht­le­r*in­nen sowie andere bedrohte Personen vor den Taliban retten sollen.

Kompromiss steht auf der Kippe

Erst vergangenen Mittwoch – wenige Stunde bevor die Ampel kollabierte – einigten sich die Haus­halts­po­li­ti­ke­r*in­nen von SPD, Grünen und FDP dann aber auf einen Kompromiss, der das Aufnahmeprogramm retten sollte. Rund 27 Millionen Euro sollte es 2025 geben: genug, um das Projekt am Laufen zu halten. Doch nun, nach dem Ende der Ampel, ist unklar, ob dieser Kompromiss für die vorläufige Haushaltsführung noch Beachtung findet. Auch hier hängt wieder alles daran, welcher Entwurf Grundlage wird.

„Ein Ende des Programms würde tausende gefährdete und aufnahmeberechtige Af­gha­n*in­nen ihrem Schicksal überlassen“, sagt Lara Massó vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein. Und Alema Alema von ProAsyl sagt der taz: „Die Menschenrechtslage in Afghanistan ist katastrophal.“ Die Bundesregierung habe über 15.000 Personen Aufnahmezusagen gegeben, die derzeit noch in Afghanistan, Pakistan und Iran auf die Evakuierung warten. „Diese Versprechen müssen gehalten werden.“

Auch Eva Beyer von der Organisation Kabul Luftbrücke spricht gegenüber der taz von einem „Worst-Case-Szenario“, sollte die Finanzierung auslaufen. „Das wäre ein erneuter Verrat an den Afghan*innen.“ Beyer hofft, dass dann aber zumindest ungenutzte Mittel aus dem laufenden Jahr umgewidmet werden können, um das Aufnahmeprogramm vorerst am Leben zu halten.

Dagegen dürfte das Innenministerium innerhalb der Bundesregierung eher darauf drängen, dass es bei den Kürzungen bleibt. Schließlich war es Faesers Haus, das die Einsparungen vorgeschlagen hatte, vor allem, um mit dem freigewordenen Geld die Sicherheitsbehörden zu stärken.

Letztendlich liegt die Entscheidung über die Grundlage der vorläufigen Haushaltsplanung beim Bundesfinanzministerium. Spätestens Mitte Dezember ist dort mit einem Beschluss zu rechnen.

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