Harsche Kritik an UNRWA-Arbeit: There is no „no alternative“
Wenn das Ende des UNRWA-Mandats gefordert wird, heißt es oft, es gebe keine Alternative zum Hilfswerk für Geflüchtete. Unser Autor sieht das anders.
Seit die direkte Beteiligung eines Dutzends UNRWA-Mitarbeiter am Massaker des 7. Oktober und die Verstrickung etlicher weiterer Bediensteter in die Aktivitäten der Hamas für Schlagzeilen sorgen, mehren sich die Rufe nach einer Auflösung des Hilfswerks. Am Mittwoch forderte etwa der israelische Ministerpräsident Netanjahu, die UNRWA-Misson müsse ganz beendet werden.
Im Gegenzug warnen zahlreiche Verteidiger der UNRWA, Millionen Palästinenser im Libanon, in Syrien, in Jordanien, im Westjordanland und im Gazastreifen seien auf die Leistungen dieser größten UN-Organisation angewiesen. Sie aufzulösen wäre unverantwortlich, niemand sonst könne deren Arbeit übernehmen.
Es stimmt, dass Millionen Palästinenser auf Dienste der UNRWA angewiesen sind, doch das ist kein Argument für ein Weiterbestehen der Organisation, sondern belegt vielmehr ihre Dysfunktionalität.
Während das für alle anderen Flüchtlinge auf der Welt zuständige Flüchtlingshochkommissariat UNHCR seit 1950 an der effektiven Lösung von Flüchtlingsproblemen arbeitet und zig Millionen Geflohenen geholfen hat, ein neues Leben aufzubauen, trägt die UNRWA seit Langem dazu bei, das palästinensische Flüchtlingsproblem aufrechtzuerhalten.
ist wissenschaftlicher Leiter des Nahost-Thinktanks Mena-Watch in Wien. Mit Alex Feuerherdt publizierte er 2020 das Buch „DieIsrael-Boykottbewegung. Alter Hass in neuem Gewand“
Sie habe, bemerkte sie anlässlich des 60. Jahrestags ihrer Gründung lapidar, „kein Mandat, um dauerhafte Lösungen für die palästinensischen Flüchtlinge zu finden“.
Ausnahmesituation in Gaza
Stattdessen bringt sie, wie oftmals dokumentiert, den in ihren Schulen unterrichteten Kindern bei, die einzige Lösung für ihr Flüchtlingsdasein bestünde in einer „Rückkehr“ nach Israel. Da der Flüchtlingsstatus bei den Palästinensern – im Gegensatz zu allen anderen Flüchtlingsgruppen weltweit – vererbt wird, wurden aus ursprünglich rund 700.000 Flüchtlingen im Laufe der Jahre rund 5,9 Millionen. Würde Hilfe für Flüchtlinge überall so aussehen wie beim Palästinenser-Hilfswerk, wäre die Welt viel trostloser, als sie ohnehin ist.
Verteidiger der UNRWA verweisen bevorzugt auf die Not der Menschen im Gazastreifen, um die angebliche Unersetzbarkeit zu untermauern. Die Lage der Menschen in Gaza ist ohne Zweifel ein dramatisches Problem, doch es ist eine Ausnahmesituation, entstanden durch den von der Hamas begonnenen Krieg.
Womit die UNRWA in normalen Zeiten beschäftigt ist, zeigt ein Blick auf ihre eigenen Angaben: Nur sechs Prozent des Budgets werden für Sozial- und Hilfsleistungen (wie Nahrungsmittel) aufgewendet, 58 Prozent für Bildung, also für rund 700 Schulen, in denen über eine halbe Million Schüler unterrichtet wird.
Hilfen für reguläres Schulsystem statt UNRWA-Schulen
Wozu braucht es in Jordanien, wo rund 2,3 Millionen palästinensische Flüchtlinge registriert sind (die meisten jordanische Staatsbürger), abseits des staatlichen Schulsystems noch separate UNRWA-Schulen?
Warum gibt es im Westjordanland (fast 900.000 registrierte Flüchtlinge) neben den Schulen der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) auch noch solche?
Was leisten die UNRWA-Schulen, was nicht von regulären Schulsystemen erbracht werden kann?
Die internationalen Gelder können genauso gut zur Unterstützung der jeweiligen staatlichen Bildungssysteme verwendet, die UNRWA-Lehrer in staatliche Dienstverhältnisse überführt werden. Im Westjordanland würde dies eine Stärkung der Position der PA bedeuten. Mit Druck der Geberländer könnten Reformen in den Curricula angestoßen werden, um hetzerische und gewaltverherrlichende Inhalte zu streichen.
Die Arbeit könnte ersetzt werden
Was für die Bildung gilt, trifft auch auf den Gesundheitsbereich (15 Prozent des UNRWA-Budgets) und alle anderen Felder zu: Nichts, was die UNRWA macht, könnte nicht von Staaten, internationalen Einrichtungen wie dem World Food oder dem UN Development Programm und Hilfsorganisationen geleistet werden.
Eine Auflösung der UNRWA könnte die Flüchtlingshilfe in die Zuständigkeit des UNHCR überführen, das bei der Überwindung des Flüchtlingsproblems behilflich sein kann, wie überall auf der Welt. Das damit einhergehende Ende der Vererbbarkeit des Flüchtlingsstatus wäre ein absolut notwendiger Schritt, um das Problem nicht wachsen zu lassen.
Verteidiger der UNRWA behaupten, das palästinensische Flüchtlingsproblem könne nur durch eine Lösung des Konflikts mit Israel bewältigt werden, doch auch das Argument ist unhaltbar: Das UNHCR hat auch kein Mandat, Konflikte zu lösen, kann aber trotzdem Flüchtlingen helfen – warum soll das im Falle der Palästinenser unmöglich sein?
Das einzige Besondere am palästinensischen Flüchtlingsproblem ist das Interesse einer Reihe von Akteuren, es nicht zu lösen, sondern als schwelende Wunde im Kampf gegen Israel zu erhalten.
Was die UNRWA betrifft, gilt: Es kann kein Zurück vor dem 7. Oktober geben. Die Auflösung der UNRWA ist praktisch möglich – und dringender geboten als je zuvor.
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