Haftbefehl gegen Putin: Plädoyer für Regimewechsel

Mit dem Haftbefehl des Haager Tribunals wird Putin in Demokratien zum Pariah. Ein Frieden wird erst möglich sein, wenn Putin nicht mehr regiert.

Wladimir Putin im Windermantel bei seiner Reise auf die besetzte Krim

Muss aufpassen, wohin er künftig reist, wenn er nicht vor Gericht will: Wladimir Putin Foto: Russisches Fernsehen/via ap

Ein internationaler Haftbefehl gegen Wladimir Putin – dieser Beschluss des Internationalen Strafgerichtshofs gibt den Bemühungen um ein Ende des russischen Kriegs gegen die Ukraine eine unerwartete Wendung. Russland ist ab sofort ein Staat, dessen Präsident nicht mehr gesellschaftsfähig ist. Ein gesuchter mutmaßlicher Kriegsverbrecher kann sein Land nicht mehr auf Augenhöhe vertreten.

Für die Staaten, die das Völkerrecht respektieren und die sich dem Haager Tribunal angeschlossen haben oder zumindest seine Beschlüsse achten – ist Putin nun ein Paria. Ab sofort birgt nahezu jede Auslandsreise für ihn das Risiko eines One-Way-Tickets. Es wäre nicht nur legal, sondern strenggenommen sogar zwingend, ihn auf seinen Reisen durch die Welt bei der erstbesten Gelegenheit festzuhalten und nach Den Haag zu verfrachten. Natürlich werden viele Länder darauf pfeifen und mit Putin kooperieren wie bisher.

Chinas Staatschef Xi Jinping wird das an diesem Montag in Moskau zur Schau stellen. Aber selbst Länder wie China, die glücklicherweise in der Minderheit sind, werden sich vor jeder Interaktion mit Putin nun sehr genau überlegen, ob es sich wirklich lohnt und ob man sich da nicht mitschuldig macht.

Als Den Haag 2008 Haftbefehl gegen Sudans damaligen Militärherrscher Omar Hassan al-Bashir wegen Völkermords in Darfur erhob, solidarisierten sich viele Staatschefs in Afrika ausdrücklich mit ihm gegen eine als parteiisch wahrgenommene Weltjustiz. Aber sie merkten auch, dass jede Zusammenarbeit mit Sudan nun überschattet wurde von der Frage, wie man es mit der Verfolgung von Kriegsverbrechern hält. Sudan wurde international erst wieder respektabel, nachdem Bashir 2019 gestürzt wurde – durch einen Putsch der Generäle im Zuge eines Volksaufstands.

Kein Verrat an der Ukraine

Auch Russland wird nun erst wieder respektabel, wenn Putin es nicht mehr regiert. Der Haftbefehl aus Den Haag ist das Startsignal zum Regimewechsel in Moskau im Namen des Rechts. Russlands Weg zurück auf die Weltbühne führt ab sofort über die Auslieferung Putins. Wer das schafft, wird international ein Held, egal wie viel Blut an seinen eigenen Händen klebt. Und umgekehrt? Wenn Putin weltweit ausreichend Sympathie findet, um Den Haag zu ignorieren? Für den Internationalen Strafgerichtshof wäre das fatal.

Seine Haftbefehle wären reine Symbolpolitik, nicht mehr wert als Appelle von Menschenrechtsorganisationen. Das müssen alle bedenken, die eine diplomatische Lösung mit Moskau auf dem Rücken der Ukraine suchen. Nun ginge es nur noch ohne Putin. Frieden mit Putin – also nicht bloß mit Russland, sondern mit Präsident Putin – wäre nun nicht nur Verrat an der Ukraine, sondern auch ein Todesstoß für die Weltjustiz.

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Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.

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