Haarlem reduziert Werbung für Fleisch: Darf's auch etwas weniger sein?

Die niederländische Stadt will Reklame für klimaschädliche Produkte aus der Öffentlichkeit verbannen. Es geht um Fleisch – und noch mehr.

Fleischverpackungen in einem Supermarkt.

Werbung für günstiges Fleisch, in Haarlem demnächst nicht mehr erlaubt Foto: Thomas Bakker/picture alliance

AMSTERDAM taz | Weltpremiere in Haarlem: Die Hauptstadt der Provinz Nordholland will als erste Kommune überhaupt ab 2024 Werbung für Fleischprodukte im öffentlichen Raum verbieten. Ein entsprechender Antrag der lokalen „GroenLinks“-Fraktion, der auch einen Reklamestopp für Flugreisen und fossile Brennstoffe vorsieht, wurde Ende 2021 im Stadtrat angenommen. Seit das Vorhaben in dem im August veröffentlichten Ratsprotokoll erwähnt wurde, sind Städte und Medien weltweit darauf aufmerksam geworden.

„Wir haben als Kommune vor einigen ­Jahren den Klimanotfall ausgerufen, um wirklich gegen den Klimawandel vorzugehen. Als lokale Verwaltung nehmen wir das sehr ernst“, sagt Ziggy Klazes, die Initiatorin des Antrags, der taz. „Dann können wir allerdings nicht auf der anderen Seite Geld daran verdienen, dass wir unseren öffentlichen Raum an etwas ­vermieten, wogegen wir sind und was dem zuwiderläuft.“

Wie niederländische Medien berichten, hat die Kommune inzwischen mit drei Betrieben Kontakt aufgenommen, die in Haarlem für Reklame an Bushaltestellen und auf öffentlichen Bildschirmen zuständig sind. Deren Verträge laufen 2024, 2025 und 2031 aus. In die Folgeverträge soll der Beschluss des Stadtrats aufgenommen werden.

Klazes betont, es gehe ausschließlich um Fleischprodukte aus Massentierhaltung. Prospekte mit Sonderangeboten – sogenannte „kiloknallers“ – sind in den Niederlanden weit verbreitet, werden aber von Tierschutzorganisationen seit Jahren kritisiert.

Aufregung über „Bevormundung“

Obwohl Biofleisch von dem Beschluss ausgenommen ist und dieser sich ausdrücklich auf den öffentlichen Raum beschränkt, hat das Thema in den Niederlanden zuletzt für einiges Aufsehen gesorgt. In einem Artikel der Tageszeitung Trouw erklärt der Groninger Verwaltungsrechtsprofessor Herman Broring, der Beschluss sei juristisch durchaus heikel, da er als Eingriff in die Meinungsfreiheit interpretiert werden könne. Laut Dé van de Riet, Sprecher der Plattform der niederländischen Fleischproduzenten, ergeht sich der Staat in ­„Bevormundung“.

Joey Rademaker, Stadtrat der rechten Partei „Belang van Nederland“ (BVNL), kritisiert „Zensur“, die Fleischesser stigmatisiere und „diktatorisch“ sei. Der BVNL-Parlamentsabgeordnete Wybren van Haga kündigte an, in Den Haag Fragen zum Thema zu stellen.

Insgesamt hat die Initiative der Stadt Haarlem polarisierendes Potenzial für die Niederlande. Die Diskussion wird hitzig geführt, nicht zuletzt wegen der Bauernproteste diesen Sommer, die auch gegensätzliche Positionen bei den Themen Ökologie und Fleischkonsum zu Tage förderten.

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