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Grüne für Wohnen und GesundheitSchluss mit fetter Rendite?

Kurz vor der Europawahl bringen die Grünen im EU-Parlament einen Renditedeckel ein. So könne die Macht der Finanzinvestoren zurückgedrängt werden.

Gewinne sollen nicht allein Aktionären, sondern Pflegenden und Gepflegten zugutekommen Foto: dpa

Berlin taz | Sechs Wochen vor der Europawahl fordern die Grünen im EU-Parlament einen Renditedeckel für die öffentliche Daseinsvorsorge. In den Branchen Gesundheit und Wohnen sollen demnach der Einfluss der Finanzmärkte zurückgedrängt und die Ausschüttungen an Ak­tio­nä­r*in­nen privater Unternehmen gesetzlich begrenzt werden. „Die neue EU-Kommission sollte einen Renditedeckel für Immobilienkonzerne und den Gesundheitsbereich vorschlagen. Davon würden Gesundheitspersonal, zu Pflegende und Mie­te­r*in­nen konkret profitieren. Die EU sollte Millionen Eu­ro­päe­r*in­nen soziale Sicherheit geben“, sagte Rasmus Andresen, Sprecher der deutschen Grünen im EU-Parlament, der taz.

In ihrem Wahlprogramm, das die deutschen Grünen im vergangenen Herbst beschlossen hatten, war bereits allgemein von einer „starken Finanzmarktregulierung“ zum Schutz der beiden Sektoren vor Spekulation die Rede. Mit dem neuen Vorschlag wird der Punkt jetzt konkreter. Eine rein nationale Regelung wäre nach Einschätzung Andresens juristisch angreifbar. Bei einer Einigung auf europäischer Ebene sei es rechtlich dagegen möglich, den Renditedeckel für einzelne Branchen einzuführen.

Sowohl im Wohn- als auch im Gesundheitsbereich hat der Einfluss von Finanzinvestoren in den letzten Jahrzehnten enorm zugenommen. Ein konkretes Beispiel im Pflegebereich ist die Alloheim Senioren-Residenzen SE, einer der größten Heimanbieter in Deutschland. Das Unternehmen wurde schon mehrfach gewinnbringend von einer privaten Beteiligungsgesellschaft an die nächste verkauft. Aktuell gehört es dem schwedischen Investor Nordic Capital.

Laut einer Studie der Organisation Finanzwende aus dem Jahr 2021 gibt dieser für mehrere seiner Fonds zweistellige Renditen an. In den Medien wird immer wieder über mangelnde Pflegequalität in Alloheim-Einrichtungen berichtet, auch Behörden sind mehrmals gegen das Unternehmen vorgegangen. Gewerkschaften berichten zudem über schlechte Arbeitsbedingungen.

Grüne sehen von der Leyen in der Pflicht

Der Grüne Andresen kritisiert, dass der Renditedruck auch allgemein im Pflegebereich zu schlechter Qualität und im Wohnsektor zu Mieterhöhungen geführt habe. Würden die Ausschüttungen an Ak­tio­nä­r*in­nen begrenzt, so Andresen, könnten die Gewinne stattdessen in die Unternehmen re­investiert werden.

In der Pflicht sieht er dabei vor allem Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU). „Wir brauchen konkrete Maßnahmen, um die soziale Spaltung in der EU zu überwinden und umzuverteilen. Ursula von der Leyen ist leider zunehmend auf dem sozialen Auge blind“, sagt Rasmus Andresen.

Eigentlich ist es erklärtes Ziel der Grünen, sich nach der Wahl im Parlament von der Leyens Mehrheit – also quasi der Regierungskoalition – anzuschließen. Als Knackpunkte dabei gelten bislang der Klimaschutz und die möglicherweise mangelhafte Abgrenzung der Konservativen nach rechts.

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11 Kommentare

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  • Endlich. Darauf warte ich seit vielen Jahren! Dann bitte noch eine Steuer, die auch die Reichen angemessen trifft. Zum Beispiel in Höhe von ca 70%, so wie in den 50er Jahren.

  • "Schluss mit fetter Rendite?"

    Jaja... schon klar...

  • Lasst die Rendite doch fett sei, wenn sie durch Geld im Schwerkraftprinzip erzeugt wird. Dann sollte aber auch der Steuersatz entsprechend fett sein.



    Von Geld, das durch Nichtstun hereinkommt, trennt man sich viel leichter als von dem, was hart erarbeitet wurde. Man sieht es deutlich am Konsumverhalten.

  • Renditedeckel, ein sehr gutes Vorhaben. Nicht der Weisheit allerletzter Schluss, denn die Sache ist bereits vor (etwa) 30 Jahren in den Brunnen gefallen, jedoch zumindest ein Schritt.

  • In diesem Bereich (Daseinsvorsorge, Gesundheit und Wohnen) hat die EU überhaupt keine Gesetzgebungskompetenz. Das ist die ausschließliche Angelegenheit der jeweiligen Mitglieder. Ich bin ein großer Fan der EU, nur sollte sich diese halt mit den Dingen beschäftigen, die ihr aufgetragen worden sind und wofür sie die Kompetenzen hat.

    Insbesondere das Thema "Umverteilung" gehört weder in das EU-Parlament, noch in irgend ein anderes EU-Gremium.

    Hier versuchen die Grünen Dinge im EU-Parlament zu regulieren, die sie im dafür zuständigen Parlament einfach nicht durch bekommen. Solche Ansätze führen zu einer vollkommen überzogenen Erwartungshaltung beim Bürger.

    • @DiMa:

      Wieso? Die EU regelt doch die Spielregeln des Binnenmarktes? Sind Wohn-/Gesundheitsunternehmen nicht Teil dieses Marktes?

      • @spaltarsch:

        Mit dieser Argumentation wäre die EU allzuständig, da alles iregendwie den Binnenmarkt tangiert (einschl. das Steuersystem). Beim Binnenmarkt geht es jedoch darum, die vier Grundfreiheiten als Schutzrecht zu gewährleisten, nicht diese im Detail zu regeln.

  • Die Partei DIE PARTEI schlägt schon lange immer wieder eine vollständige Einkommensdeckelung vor, das Existenzmaximum. Bis zu diesem noch demokratisch auszuhandelnden Betrag wird progressiv Einkommenssteuer erhoben und alles was darüber liegt mit 100% besteuert. In der Folge ist die Ausbeutung von Mensch, Material und Natur einfach sinnlos, weil mensch nicht mehr grenzenlos reicher werden kann.



    Und für alle die, die das Ende der deutschen und europäischen Wirtschaft darin sehen wollen: Diese Art der Besteuerung ( immerhin 95% des Betrages der über das Höchsteinkommen von DM250.000 hinausging) gab es zu einer Zeit als die Wirtschaft in Westdeutschland nach dem Ende des hoffentlich letzten Weltkrieges sehr erfolgreich im Aufbau war und zwar von 1946 bis 1952.



    Die CDU hatte in Ihrem Ahlener Programm noch eine soziale Ausrichtung, die sie Stück für Stück bis heute ablegt.



    Darüberhinaus muss die Sozialversicherung in der Bundesrepublik reformiert werden mit unter anderem Wegfall der Beitragsbemessungsgrenzen.



    Ja, diese Themen sind auch europäische, weil Europa eben nicht nur eine Wirtschafts-, Währungs- und Militärunion sein darf, sondern endlich auch eine soziale Gemeinschaft werden muss, damit sie auf Dauer funktioniert und die Staatsangehörigen sich auch als Europäerinnen identifizieren können.

    • @Christian Götz:

      Das genannte Höchsteinkommen aus der Nachkriegszeit läge heute bei rund 7,5 Mio € pro Jahr. Eine DM von 1950 entspricht heute grob 30€. Für eine solche Forderung bekämen Sie wahrscheinlich Zustimmung, da es kaum wirklich Betroffene gibt. Schauen Sie mal in die Zahlen wieviele Steuerzahler das damals überhaupt real betroffen hat. Wirklich Reiche beziehen ja für gewöhnlich sowieso kein steuerpflichtiges Lohneinkommen sondern leben von Renditen.



      Heute nehmen wir aber bereits von jedem besseren Facharbeiter Spitzensteuersatz und deshalb sind die Menschen immer ganz vorsichtig, wenn es angeblich gegen Reiche geht aber die Mittelschicht gemeint ist.

    • @Christian Götz:

      "Ja, diese Themen sind auch europäische, weil Europa eben nicht nur eine Wirtschafts-, Währungs- und Militärunion sein darf, sondern endlich auch eine soziale Gemeinschaft werden muss, damit sie auf Dauer funktioniert und die Staatsangehörigen sich auch als Europäerinnen identifizieren können."

      Das ist sicherlich eine legitime Forderung und geht einher mit dem jüngsten Beitrag von Herrn Cohn-Bendit (taz.de/Die-EU-vor-...b_message_4735129). Dafür wären jedoch einschneidende Änderungen der Grundlagenverträge notwendig.

      Nur dann gehört es auch dazu, dass die Parlamentarier nicht einfach ohne jede Gesetzgebungskompetenz des EU-Parlaments EU-Gesetzgebungsvorhaben raushauen, sondern sich bis auf Weiteres an die gegebenen beschränkten Zuständigkeitskompetenzen halten.

  • "Kurz vor der Europawahl ..."

    Wie lange sind die Grünen jetzt in der Regierungsverantwortung ?



    Wie lange Zeit hatten sie dieses Thema anzugehen ?

    "Kurz vor der Europawahl ..."



    Das sagt alles.