Getötete Wölfe in Niedersachsen: Abschuss von Welpen sorgt für Ärger
Statt erwachsener „Problemwölfe“ schossen Jäger in Niedersachsen zwei weibliche Jungtiere ab. Umweltminister Lies gerät unter Druck.
Im Februar und Anfang März hatten vom Umweltministerium beauftragte Jäger:innen in den Kreisen Cloppenburg und Uelzen zwei heranwachsende Wölfinnen getötet, beide waren jünger als ein Jahr. Abschussgenehmigungen hatte das Land aber lediglich für je einen erwachsenen Wolf aus den betreffenden Rudeln erteilt. Diese Wölfe sollen Nutztiere gerissen haben, aber keines der getöteten Jungtiere wird für Risse verantwortlich gemacht.
Das Umweltministerium räumt die Fehlabschüsse ein. Die Definition, dass Wölfe unter einem Jahr Welpen sind, wird indes bestritten. Es handele sich bei den geschossenen Tieren vielmehr um juvenile Wölfe, „welche in ihrem Erscheinungsbild adulten Wölfen so ähnlich sein können, dass sie im Gelände nicht von diesen zu unterscheiden sind“. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), eine Lies unterstellte Behörde, sowie die Beratungsstelle Wolf des Bundes (DBBW) haben die beiden erschossenen Wölfe allerdings klar als Welpen eingeordnet.
Der Grünen-Abgeordnete und frühere niedersächsische Landwirtschaftsminister Christian Meyer kritisiert, ganz offensichtlich könnten die vom Ministerium beauftragten Schützen die gesuchten Wölfe nicht nach Alter und Geschlecht identifizieren. Das sei aber Voraussetzung für korrekte Entnahmen: „Beide getötete Tiere sind im wahrsten Sinne des Wortes ein Bauernopfer, weil Lies bislang keinen einzigen Problemwolf erlegen konnte. Diese Wildwestmethode, einfach irgendwelche Tiere abzuschießen, hat jetzt zwei Welpen das Leben gekostet und ist unvereinbar mit dem strengen Schutzstatus des Wolfes.“ Jetzt nachträglich die Welpen für Jährlinge zu erklären, widerspreche der fachlichen Einschätzung des Bundes und der zuständigen Landesbehörde.
Geheime Abschusslisten
Die Umweltverbände WWF und Nabu kritisieren, derzeit wisse niemand, wie viele und welche Wölfe auf „geheimen Abschusslisten“ der Landesregierung in Hannover stünden. Informationen über sogenannte Ausnahmegenehmigungen vom strengen Schutz würden nur unvollständig herausgegeben, Auskunft über die betroffenen Landkreise und Wolfsindividuen werde verweigert. Der WWF kündigte eine juristische Prüfung an, inwieweit das Land zu mehr Transparenz gezwungen werden könne.
In Niedersachsen leben nach Angaben der Landesjägerschaft, die mit dem Wolfsmonitoring beauftragt ist, 35 Wolfsrudel und zwei Wolfspaare in freier Wildbahn.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?