Gericht schützt Literaturkritik: Shibli scheitert gegen taz
Sieg für taz und Meinungsfreiheit. Der Verbotsantrag der palästinensischen Autorin des Berenberg Verlags, Adania Shibli, wurde abgelehnt.
Adania Shibli, israelische Autorin palästinensisch-arabischer Herkunft, hat versucht, beim Landgericht Hamburg ein Verbot gegen kritische Aussagen in dem Artikel „Schatten auf der Buchmesse“ (taz, 11. 10. 2023) zu erwirken. Es ging hierbei um eine Kritik an ihrem Roman „Eine Nebensache“.
Verbieten lassen wollte Shibli die Aussagen „In diesem Kurzroman sind alle Israelis anonyme Vergewaltiger und Killer, die Palästinenser hingegen Opfer (…). Die Gewalt gegen israelische Zivilisten kommt wohl auch deshalb nicht vor, weil sie als legitimes Mittel im Befreiungskampf gegen die Besatzer gilt. Das ist die ideologische und auch menschenverachtende Basis des Buchs (…)“
Das Gericht hat mit Beschluss vom 21. 11.2023 Shiblis Antrag nun zurückgewiesen, da es sich hier um eine zulässige Meinungsäußerung handele. Literaturkritik dürfe zuspitzend werten, es könne über die Richtigkeit der Beurteilung auch kein Beweis erhoben werden.
Zudem befasse sich der Artikel mit dem Inhalt des Buches, nicht mit den Überzeugungen der Autorin, sodass nicht von der Behauptung einer „inneren Tatsache“ auszugehen sei.
Engagierte Aktivistin
Auch die Formulierung „die engagierte BDS-Aktivistin Adania Shibli“ hat das Gericht nicht verboten. Welche Handlungen erforderlich seien, um eine Person als „engagierten Aktivisten“ zu bezeichnen, sei wertungsabhängig.
Als Anknüpfungstatsachen seien hier aber auch die von Shibli eingeräumte Unterzeichnung der BDS-Kampagne gegen Auftritte der Band „Rolling Stones“ in Israel im Jahr 2007 sowie die Unterzeichnung eines offenen Briefes zugunsten der an BDS-Kampagnen beteiligten Autorin Kamila Shamsie im Jahr 2019 gegeben.
Die taz hat sich gegen das verlangte Verbot gewandt, weil sie die Freiheit der Literaturkritik gefährdet gesehen hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Sicherheitsleck in der JVA Burg
Sensibler Lageplan kursierte unter Gefangenen