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Genderneutrale Sprache in Frankreich„Français·e·s“

Die französische Grammatik zeugt von Männerdominanz. Doch Premier Edouard Phi­lippe ist gegen geschlechtergerechte Formulierungen.

Kritiker befürchten, dass eine geschlechtergerechte Sprache das Französische auf den Kopf stellt Foto: dpa

Paris taz | Braucht es für die Gleichstellung von Mann und Frau in Frankreich auch eine Reform der Schriftsprache? In Frankreich gibt es derzeit heftige Auseinandersetzungen über den Versuch, die von einer jahrhundertelangen Männerdominanz geprägte Grammatik der französischen Sprache einer genderneutraleren oder nichtdiskriminierenden Schreibweise anzupassen. Sogar Frankreichs Premier Edouard Phi­lippe mischt in der Debatte über inklusive Sprache mit. Er wies die Ministerien an, gewisse geschlechtergerechte Formulierungen nicht zu verwenden.

Es gibt seit Jahren Versuche, die krasse männliche Vorherrschaft in der französischen Sprache abzubauen. Für anderssprachige BeobachterInnen tönt es immer noch kurios oder grotesk, wenn ein weibliches Regierungsmitglied hochoffiziell als „Madame le ministre“ angesprochen und angeschrieben wird oder eine in den Senat gewählte Politikerin als „Madame le sénateur“. Dabei wäre es so einfach, das maskuline „le“ in ein weibliches „la“ umzuwandeln und statt der männlichen Form „sénateur“ die weibliche Bezeichnung „sénatrice“ zu gebrauchen.

Diese „Feminisierung“ gewisser Bezeichnungen wurde noch 2002 von der Académie française abgelehnt, die seit 1635 mit ihrem Wörterbuch als anerkannte Autorität das Französische wacht. Auch bei „cheffe“ statt „chef“ oder „écrivaine“ statt „écrivain“ sträubten sich den „Unsterblichen“, wie die Mitglieder dieses Altherrenklubs genannt werden, die Haare. Mittlerweile haben sie sich halbwegs damit abgefunden, dass es auch Direktorinnen, Schriftstellerinnen oder weibliche Abgeordnete gibt. Darum erlaubt die Académie den Gebrauch im Alltag – nicht aber in offiziellen Texten.

Doch vor Kurzem fand die Toleranz des exklusiven Klubs ihre Grenzen: Die französische Sprache schwebe „in tödlicher Gefahr“, warnte die Académie française Ende Oktober – und zwar wegen der geschlechtergerechteren Schreibweisen, die für „geistige Verirrung“ sorgten.

Widerstand gegen inklusive Schreibform

Es geht um die Schreibweise bei gemischten Gruppen. Bisher war die Regel klar: Die männliche Form dominiert. Das könnte zum Beispiel mit einem Punkt auf halber Höhe sichtbar vermieden werden. Ein Beispiel: „Les femmes et les hommes sont divisé·e·s.“ Die kleinen Punkte mitten im Wort würden den Satz „unlesbar“ machen, meinen aber die Kritiker der Académie. Ihnen ist die vorgeschlagene Neuerung ein Gräuel. Sie sind nicht die Einzigen: 312 LehrerInnen haben sich in einer Petition gegen die „inklusive“ Schreibform im Unterricht ausgesprochen.

Auch die Regierung nimmt die Warnung der Académie Ernst. Nachdem bereits der Erziehungsminister angeordnet hatte, dass in den Schulen diese „inklusive“ Schreibe nicht unterrichtet werden dürfe, hat jetzt Premier Philippe diese auch aus der Amtssprache der Français·e·s verbannt. Das hindert freilich keine und keinen in Frankreich, die Geschlechtergleichheit mit den symbolisch wichtigen Pünktchen auf den Punkt zu bringen und so die sprachliche Männerherrschaft infrage zu stellen.

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39 Kommentare

 / 
  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Le problème du genre zeigt sich vor allem im Plural: " le masculin l'emporte sur le féminin," diese Regel der absoluten Männerdominanz wird bereits den ABC-Schützen meist von einer netten " Maîtresse eingebläut. In Deutschland ist das Plural weiblich, zumindestens erkennbar im Nominativ. Ist Deutschland deshalb weiter als Frankreich, was die Gleichheit der Geschlechter anbetrifft? Wohl kaum...Es handelt sich hier ja nun mal wieder um eine Diskussion unter BoBo' s aus dem 6. Arrondissement, die begeistert in Friedrichshain-Kreutzberg aufgenommen wird und von denen geführt wird, die die afrikanischen oder osteuropäischen Putzfrauen nicht grüssen, aber gegen die Obergrenze bei Flüchtlingen wettern.

    Der zentralafrikanischen Putzfrau ist diese ganze Diskussion egal, denn wie im Deutschen überwiegt hier das Weibliche, femme de ménage...Aber auch in anderen Berufen überwiegt komischerweise das Weibliche, so ist Sozialarbeiter-in in Frankreich immer assistante sociale. Andere Berufe " leiden" unter der Feminisierung, wie Mediziner und Lehrer, werden aber immer noch ausschliesslich männlich bezeichnet, médecin oder professeur. Spanien ist da weiter, doctora, profesora.

    Aber wie gesagt, solange die zentralafrikanische Putzfrau nicht in der französischen Gesellschaft angekommen ist, wird sie sich einen Teufel um solche Haarspaltereien scheren. Die Frage: Wird die Putzfrau durch die weibliche Aufsichtsratsvorsitzende emanzipiert, die geschlechtergleiches Französisch schreibt, spricht oder durch eine entscheidende Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse und eine Anerkennung zuerst als Mensch und dann als Frau?

  • Die jetzt diskutierten Regelungen gibt's in der Schweiz schon lange und die Welt bzw. das Französische ist nicht untergegangen. Und Sprachausgabe-Programme für Blinde und Sehbehinderte kann man auf diese Schreibweisen trainieren wie auf so vieles anderes.

  • Es ist ja auch so einfach, sich im Zuge der trendigen urbanen Empörungskultur 150-prozentig auf Sparche und Schreibweise zu stürzen und es dann bei Genderpaygap und anderen ganz konkreten Diskriminierungen dabei zu belassen.

     

    Selbst an Hochschulen, dem Lieblingsort der Sprachfanatike* gibt es keinerlei echte Chancengleichheit oder Gleichberechtigung und die Putzfrau wird ab einer bestimmten eigenen Besoldungsgruppe von Frau und Mann gleichermaßen nicht mehr gegrüßt.

    • @Khaled Chaabouté:

      Kennen Sie niht en Artikel der Taz zum Thema Pay Gap? So konkret ist der nämlich gar nicht. Im Gegenteil.: https://www.taz.de/Equal-Pay-Day-2017/!5390012/

       

      Wird denn ein Putzmann an der Uni gegrüßt? Wenn nicht, ist es kein Genderproblem.

  • Sprachen verhunzen. Das soll das Ziel sein? Ich fand "Madame le président" immer recht hübsch.

  • Zumindest eine Variante kann gleich in Deutschland übernommen werden, für Männer und Frauen gleichermaßen:

    der Cheffe - die Cheffe

  • Nur zur Info und für alle zum Nachdenken:

    Der französische Verband der Blinden und Sehbehinderten habe ein Ende der inklusiven Schreibweisen gefordert, denn diese brächten eine unlesbare und unverständliche Sprache hervor, die für Bildschirmleser nahezu nicht zu dechiffrieren sei.

    • @Neville Longbottom:

      eh, wie wärs statt dessen einfach die Technik der Bildscirmleser anzupassen? Klar, ich kann mir vorstellen das geht nicht ohne weiteres, aber statt zu fordern man sollte keine gendergerechte Sprache verwenden weil das blinde Menschen diskriminieren würde, sollte man die Energie doch darauf verwenden die Technik anzupassen oder nicht etwa?

       

      PS, das wäre ohne weiteres möglich wenn diese Bildschirmleser auf offenen Geräten mit offenem Quellcode laufen würden.

    • @Neville Longbottom:

      Danke dafür. Das habe ich nämlich bei diversen Bekannten zu unserer deutschen Sternchenmanie etc. auch schon angemerkt und durfte mir dann vorwerfen lassen zu diskriminieren. Offenbar ist die gesellschaftliche Teilhaber Blinder und Sehbehinderter weniger wichtig.

      • @Frida Gold:

        Ich finde diese Schreibweise mit Unterstrich, Sternchen und/oder Großbuchstabem inmitten des Wortes vor allem sehr interessant, wenn das Geschlecht des oder der Angesprochenen durchaus bekannt ist. Fühle mich dann immer etwas diskriminiert :).

        Die einzig vernünftige Variante wäre meiner Meinung nach diese, nämlich beide Geschlechterschreibweisen auszuschreiben und dabei auch manchmal z.B. “Sehr geehrte Herren und Damen“ zu schreiben.

        Im übrigen: Neusprech ist scheiße.

    • @Neville Longbottom:

      Guter Hinweis. Das dürfte im Deutschen genauso schwierig sein insbesondere wenn man noch die _ und die x und die I mit reinnimmt. KI übernehmen sie.

  • Lest es laut vor, auf dass alle Welt euch hören möge!

     

    Hier geht es in erster Linie nicht um Sprache sondern um Schrift. Schrift sollte vor allem dazu dienen das gesprochene Wort darzustellen und ich möchte eigentlich nur, dass alle Autorensterncheninnnen, gleich ob gallischer oder teutonischer Zunge, mir ihre Texte mit den Sternchen, X-en, Unterstrichen, Binnenmajuskeln oder Medianpunkten laut vorlesen. Ich kann so geschriebene Texte nicht lesen, ich kann sie lediglich entziffern und das ist mir oft zu mühselig.

     

    Hält man mich wirklich für so blöd oder borniert, dass man mir unterstellen darf, ich würde unter dem Begriff Autor nicht selbstverständlich texteverfassende Menschen verstehen sondern lediglich weisse, heterosexuelle Männer und man mir deshalb dieses Faktum ständig mit dem Typografiehammer ins Hirn meiseln muss?

    • @Adele Walter:

      Wie viele Texte, die Ihnen am Tag begegnen, lesen Sie denn laut vor?

      Die Lautsprache mag der Schriftsprache zwar vorausgehen, sie ist aber nicht die alleinige Grundlage dafür.

       

      Und wenn Sie schon beklagen, dass diese Schreibweisen mit der Lautsprache nichts zu tun haben: Warum hat das Französische denn für den Laut [o] so unterschiedliche Schreibweisen wie "o", "os", "au", "aux", "aut", "eau", "eaux", "ot", "ots"?

      Wenn es Ihnen wirklich um Lesbarkeit geht, müssten wir beim Französischen (und übrigens auch beim Deutschen) ganz andere Debatten führen.

      Aber eine wirklich konsequente Rechtschreibreform? Gott bewahre! Da geriete die Sprache sicher auch wieder "in tödliche Gefahr".

      • @Soungoula:

        P.S.: Whataboutism ist fürn Arsch*innen.

      • @Soungoula:

        Ich lese in Gedanken jeden Text mit und bei Sterncheninnen versagt nicht nur meine innere Stimme sondern auch meine Mustererkennung.

         

        Ausserdem geht mir nicht um Schreibweisen sondern um Eindeutigkeit."o", "os", "au", "aux", "aut", "eau", "eaux", "ot", "ots" werden zwar alle gleich ausgesprochen und man könnte auch einige davon weglassen, aber diese Silben werden immer nur einmal geschrieben.

        • @Adele Walter:

          Sie haben völlig recht. Alle Schreibweisen werden immer "o" gesprochen. Es gibt keine Zweideutigkeiten in der Aussprache. Das ist natürlich bei Sternchen und Strichen anders.

        • @Adele Walter:

          Natürlich geht es Ihnen um Schreibweisen. Genau das ist doch das Thema. Eindeutig ist bei den Schreibweisen für [o] jedenfalls gar nichts.

          Und Eindeutig ist z.B. beim generischen Maskulinum erst recht nichts. Genau das ist doch das Problem: Es wird etwas 'eindeutig' gemacht, indem man einen großen Teil der Betroffenen einfach ignoriert. Für wie eindeutig halten Sie es denn, eine Frau mit einer männlichen Bezeichnung anzureden?

           

          Mustererkennung kann man übrigens üben. Und genau darauf zielt mein Argument auch ab: Beim [o] ist diese Mustererkennung weitaus komplizierter als bei einem Pünktchen oder Sternchen. (Daher kein Whataboutism, sondern ein Parallelismus.) Wenn also schon diese kleinen Zeichen Ihr Lesevermögen überfordern, dann wundert man sich, wieso es überhaupt gelingt, französische Text in der Standardorthographie zu lesen. Das Geheimnis ist: Weil sich alle dran gewöhnt haben.

  • Nun muss ich doch herzlich lachen.

    Eine rhld.-pfälzische sozialdemokratische Frauenministerin - Jeanette Rott aus Ludwigshafen - demissionierte, weil sie bei irgendeiner Gelegenheit am Mikrofon das "Mutter unser, die du bist im Himmel" gebetet hatte.

     

    Und welche Probleme hat man in Frankreich heute ?

     

    Ich beantragte mühevoll meine neue Umweltplakette für Frankreich, damit ich bei meiner nächsten Fahrt nach Straßbourg nicht protokolliert werde - siehe motortalk -. Jetzt kam die Bestätigung aus Frankreich - IN ENGLISCH - mit der Anrede "Dear".

     

    Putzig, dachte ich für mich.

    Dear ... das ist schon gegendert.

     

    Die französische Sprache ist jetzt so um die 250 Jahre alt. Lasst sie mal erwachsen werden :-)

    • @Pink:

      Den Witz mit "Dear ... das ist schon gegendert." versteh' ich net.

      • @BigRed:

        Dear all, hätte ich noch verstanden.

        Aber einfach so "Dear" ... ich fand es nett. Dear lese ich halt für Frau und für Mann. Einfach so.

         

        Im Beruf schrieb ich manchmal "Dear all, ..."

    • @Pink:

      Wann hat das Französische denn Geburtstag? :)

      • @Soungoula:

        Gerne komme ich nochmal darauf zurück. Jetzt muss ich meinen großen Lehrmeister am Wochenende mal konsultieren. Er ist Franzose und der erste Literaturpreisträger des Landes Rld.-Pfalz gewesen.

  • Hach, jetzt geht diese/dieser/dieses Schwachsinn auch in Frankreich los. Können die/der/das Leute nicht in/im Ruhe entscheiden, wie sie sprechen möchten. Grammatische/r/s Akrobatik nützt der/dem Kommunikation wenig.

  • Warum stellt denn hier niemand die offensichtliche Frage: Warum soll man die Sprache anpassen, wenn es offenbar keinen Zusammenhang zwischen der Sprache eines Landes und der Gleichbehandlung von Mann und Frau gibt? Ein Blick auf den Gender Inequality Index offenbart die Bedeutungslosigkeit der Sprache. (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/41/Gender_Inequality_Index_2008.png)

     

    Die Grenzen verlaufen offenkundig zwischen Kulturen und nicht zwischen Sprachen. Besonders ulkig ist das es bei den Engländern in Sachen Gleichberechtigung schlechter steht als bei den Franzosen, obwohl Englisch aus Sicht der Gender Apologeten die deutlich angenehmere Sprache ist.

    • @disenchanted:

      Danke für den Hinweis.

  • Ist es nicht peinlich, aus jedem kleinen F... eine Sache der Gleichberechtigung zu machen? Wir gebrauchen die Sprache doch eigentlich ohne jede Absicht von Diskriminierung. Und wenn ein Trottel Männer oder Frauen diskriminieren will, dann kann er es doch in herkömmlicher Sprache oder in sogenannter 'geschlechtergerechter Formulierung' tun. Die Bereinigung ändert NICHTS an der Gesinnung – nicht im positivven noch im negativen Sinn. Daran kann nur Überzeugungsarbeit etwas ändern.

     

    Ich frage mich schon lange, wie lange in der deutschen journalistischen Sprache dieser Unsinn noch anhält. Nach meiner Beobachtung sind wir an der Spitze. Und jetzt bemüht sich ein seriöses Medium wie die TAZ auch noch, unsern Nachbarn nahezulegen, dass sie ihre Sprache zu ändern hätten.

     

    Werden wir noch einen neuen Artikel für das 'dritte Geschlecht' einführen? Die Personen könnten sich ja auch sprachlich diskriminiert fühlen! Und in unserem überkorrekten vorauseilenden Gehorsam werden wir dem dann auch folgen?

     

    Der Gebrauch von Artikeln in der Sprache hat eigentlich nichts mit dem Geschlecht von Personen zu tun. Viele Worte in anderen Sprachen tragen in anderen Sprachen ein anderes (sprachliches) Geschlecht. Im Artikel ist die französische Sprache Thema. Als eines unter vielen Beispielen darin und in den anderen romanischen Sprachen führe ich Sonne und Mond an. Es könnte sich ja jemand im deutschen Sprachgebrauch diskriminiert fühlen und auch ein romanisches 'der Sonne' und 'die Mond' fordern! Argumente dafür lassen sich immer finden!

    • @fvaderno:

      Sprache formt das denken. Das sagen auch Neurologen und die wissen in der Regel, wovon sie sprechen, wenn es um das Denken geht.

       

      Du hast kein Gefühl dafür, dass Diskriminierung auch in der Sprache ihre negativen Auswirkungen hat. Das ist eine Schwäche von Dir. Genauso wie Deine abwertenden Unsachlichkeiten in Deinem Kommentar:

       

      "Ist es nicht peinlich, aus jedem kleinen F... eine Sache der Gleichberechtigung zu machen?"

       

      Beschäftige Dich mehr mit dem Thema, oder lass es, und uns in Ruhe, wenn Du es von vornherein nicht verstehen willst.

      • @bonus bonus:

        Wenn Sprache das Denken formt, dann sind die " _ " und " * " und Binnen-" I " aber gaaanz schlechte Ansätze.

         

        Mir hat es nie etwas ausgemacht, in Sätzen zwei Worte hinzuzufügen und damit die etwas umständlichere aber korrekte Anrede zu verwenden. Um neben Frau und Mann demnächst auch undefinierte sprachgeschlechtliche Definitionen nach klassicher Schreibweise einzuführen, darüber kann sich ja die Wissenschaft den Kopf zerbrechen, schließlich hat man ja nach vielen Rechtschreibreformen als neueste Errungenschaft auch das große "ß" eingeführt, da dürfte eine saubere genderneutrale Sprache ohne hakelige Verrenkungen wie " _ " und " * " und Binnen-" I " doch eigentlich kein Problem sein.

      • @bonus bonus:

        Nein, Neurologen sagen das nicht. (Ich bin einer.) Neurologinnen sagen es übrigens auch nicht. Die Sapir-Whorf-Hypothese wird auch von Linguist*I_nnen nicht unbedingt geteilt.

        • @Laurenz Kambrück:

          Du hast es erfasst, es sind >Ansätze

      • @bonus bonus:

        "Du hast kein Gefühl dafür..."

         

        "Beschäftige Dich mehr mit dem Thema..."

         

        Das ist der deutsche Oberlehrer, der selbst den Franzosen vorschreiben möchte, was zeitgemäßes Französisch ist. Unerträglich!

        • 6G
          61321 (Profil gelöscht)
          @Rolf B.:

          In der Tat eine der drolligsten Vorstellungen überhaupt:

          Teutonen bringen Franzosen linguistisch auf Linie....

      • @bonus bonus:

        Nein - ich werde dir nicht den Gefallen tun und 'es und euch' in Ruhe lassen! Es war nicht meine Absicht in diplomatisch

        korrekter Form zu schreiben. In der Umgangssprache ist es eher möglich Emotionen auszudrücken.

         

        Wenn du denkst, dass eine neutrale gemeinte Ausdrucksweise Diskriminierung fördert, dass ist es deine Ansicht. Glücklicherweise geht diese sog. 'geschlechtergerechte Formulierung' vielen auf den Senkel - besonders im täglichen Sprachgebrauch. Es ist fürchterlich, wenn man etwa ein*e Beamt*er*in sagen soll oder andere sog. korrekte Formen (ein/e Beamter/in, ein Beamter oder eine Beamtin, einE Beamter!n). Was ist das für ein verrückter Gebrauch der Sprache! Wir vermeiden diskriminierende Formen - das soll genügen Und um zum Thema des Artikels zurückzukommen: Überlassen wir doch bitte den Franzosen den Umgang mit ihrer Sprache! Wenn ich im Ausland in romanisch sprechenden Ländern über diese Auswüchse in der deutschen Sprache berichte, dann ist man belustigt und meint, dies wäre eben ein preußisches Erbe des vorauseilenden Gehorsams!

      • @bonus bonus:

        Das sagen nicht die Neurologen, das behaupteten die französischen Kulturtheoretiker der 1970er, übrigens völlig empiriefrei.

      • @bonus bonus:

        Wenn Sprache wirklich das Denken formt, wieso sind dann die Briten und die Türken, bei denen es z. B. für Berufsbezeichnungen wie Lehrer bzw. Lehrerin nur eine geschlechlechtsneutrale Form gibt (" the teacher", "ögretmen") nicht weiter bei der Gleichberechtigung als Deutsche oder Franzosen?

  • Das wirklich Faszinierende ist, wie sehr Frankreich in dieser Sache zurück liegt gegenüber vielen anderen Ländern und Sprachgemeinschaften.

    Typographische und grammatische Möglichkeiten gibt es ja zuhauf in anderen Sprachen. Viele davon wären auch im Französischen problemlos anwendbar. Ob der Mittepunkt die ideale Lösung ist, darüber kann man geteilter Meinung sein. Zumindest in der katalanischen Orthographie gibt es ihn aber, es ist also keine Phantasie-Erfindung, ganz im Gegensatz von der 'tödlichen Gefahr', die die Académie wittert.

    Nun liegt leider das Französische insgesamt mit seinen sprachlichen Normen und vor allem seiner Orthographie jahrhundertlang zurück. Die gesprochene Sprache hat sich enorm weiterentwickelt, während die Schriftform quasi fossiliert ist.

    Dass das aber nicht so bleiben muss, zeigt der französischsprachige Teil Belgiens. Da gibt es schon lange Empfehlungen und Richtlinien z.B. für weibliche Berufsbezeichnungen und andere feminine Äquivalente von vorher männlich dominierten Personenbezeichnungen. Dass selbst Belgien fortschrittlicher ist, dürfte Frankreich ein besonderer Dorn im Auge sein. Es zeigt sich, dass Frankreich immer mehr die Rolle der alleinigen definitorischen Macht entgleitet, die darüber zu bestimmen hat, was 'das Französische' ist. Und die französische Politik gemeinsam mit der Académie arbeiten hartnäckig daran, dass sich dieser Prozess fortsetzt, indem sie der Sprache beharrlich die Weiterenwicklung versagen.

    • @Soungoula:

      Belgien hat auch andere eigene sprachliche Entwicklungen. Für die allermeisten französischprachigen Menschen auf der Welt setzt die Académie aber die Maßstäbe.

       

      Vielleicht wird so sogar die Sprachgemeinschaft besser zusammengehalten als durch viele Reformen. Können Sie sich vorstellen, dass etwa Mali oder Niger Gender-Reformen mitmachen würden?

      • @rero:

        Die Académie setzt Maßstäbe aber nur solange diese in der Sprachgemeinschaft auch anerkannt werden. Wenn immer mehr Menschen das Gefühl haben, was die Académie sagt, hat nichts mit ihrem Sprachgebrauch zu tun, dann bringt ihr auch ein so aufstampfendes Statement wie das zur geschlechtergerechten Sprache nichts.

        Im frankophonen Afrika hat die Académie sowieso äußerst wenig Bindekraft. Höchstens ein kleiner Teil bekommt dort überhaupt mit, was die Académie sagt. Für die allermeisten ist das Französische eine Alltagssprache in gewissen Lebensbereichen, die sie schlichtweg so benutzen, wie sie es selbst für richtig halten. Zum Glück. Denn genau dort wird die Sprache den Bedürfnissen des Lebens immer wieder angepasst und sie aktualisiert.

        Außerdem: Warum sollte man in Mali und Niger nicht auch geschlechtergerechte Sprache verwenden? Die Menschen dort leben nicht hinterm Mond. Auch in Afrika gibt es viele, die sich über solche Fragen Gedanken machen.

        "Die Sprachgemeinschaft zusammenhalten" heißt letztendlich nichts anderes als: Frankreich bestimmt weiterhin über die Sprache und damit über einen sehr persönlichen Lebensbereich der Menschen. Und das Zeitalter, in der Frankreich in der halben Welt bestimmen konnte was Sache ist, die ist inzwischen vorbei. (Das betrifft natürlich längst nicht nur Frankreich.)

        • @Soungoula:

          Die französische Sprache hat im frankophonen Afrika Bindekraft. Und Frankreich lässt sich das was kosten.

           

          Die frankophone Sprachgemeinschaft in Afrika ist keine Zwangsgemeinschaft. Deshalb ist Frankreich gezwungen, auf die Gesellschaft in Afrika Rücksicht zu nehmen.

           

          Warum man in Mali und Niger nicht auch gendergerechte Sprache verwenden sollte?

           

          Nun, weil Mädchen in Mali systematisch benachteiligt sind, weil 90 % der Frauen beschnitten sind, weil rund 80 % der Frauen nie eine Schule besucht haben, weil Mali im GLobal Gender Gap Report 2016 auf Platz 138 von 144 Plätzen ist.

           

          In Niger ist es prinzipiell genauso. 75% der Frauen sind bei ihrer Hochzeit unter 128, ein Drittel unter 15. Hinzu kommt im Niger noch die Tradition der Wahaya - Nebenfrauen, die eher als Sklavinnen fungieren.

           

          Meinen Sie wirklich, in solchen Gesellschaften machen sich sehr viel Gedanken über gschlechtergerechte Sprachen?