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Gemeindebund-Präsident über „Nimbys“„Nicht für Windräder entschädigen“

Uwe Brandl (CSU) prangert an, dass BürgerInnen Handymasten, Straßen oder Windräder nutzen – und gleichzeitig dagegen protestieren.

Proteste gegen Windräder in Thüringen Foto: dpa
Hannes Koch
Interview von Hannes Koch

taz: Sie sprechen sich für eine „Anti-Nimby-Bewegung“ aus, damit Windräder, Handymasten oder Straßenbau nicht ständig durch protestierende Bürgerinnen und Bürger blockiert werden. Was sind Nimbys?

Uwe Brandl: Leute, die immer sagen: „Not in my backyard“ – „Nicht hinter meinem Haus“. Die beispielsweise schnelles Internet und Ökostrom nutzen möchten, die dafür nötige Infrastruktur aber ablehnen, wenn sie selbst davon betroffen sind. Im Gegensatz dazu braucht unsere Gesellschaft jedoch eine gewisse Akzeptanz auch für Projekte, die Einzelne für unbequem halten mögen.

Was können Sie als Bürgermeister aus dem niederbayerischen Abensberg in solchen Situationen tun?

Politiker wie ich, insgesamt die Politik, müssen stärker darüber aufklären, dass diese demokratische Gesellschaft nur funktionieren kann, wenn Entscheidungen auch von der Minderheit, die anderer Meinung ist, toleriert werden.

Bloß erklären, dann fluppt es – haben Sie Erfolg mit dieser Taktik?

Ich hoffe, dass es bisher gelungen ist. Ich wurde fünf Mal wiedergewählt, bin jetzt im 26. Amtsjahr.

Bild: privat
Im Interview: Uwe Brandl

60, ist Bürgermeister der Stadt Abensberg in Bayern und Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes

SPD-Umweltpolitiker Matthias Miersch plädiert für ein sogenanntes Windbürgergeld. Einzelpersonen oder Gemeinden sollen danach an den Einnahmen aus neuen Windanlagen beteiligt werden. Eine gute Idee gegen ausufernde Gegenwehr?

Einzelne Bürgerinnen und Bürger sollte man nicht entschädigen. Täte man es, widerspräche das dem Gedanken der Solidarität. Der Staat kann nicht jegliche individuell empfundenen Nachteile mit Geld ausgleichen. Doch könnte man die Energiewende vielleicht befördern, indem man einen Teil der Einnahmen sozialisiert und den Gemeinden zur Verfügung stellt. Mit den zusätzlichen Mitteln ließen sich beispielsweise Schulgebäude energetisch sanieren oder andere öffentliche Ausgaben bezahlen.

Ihr Verband schlägt außerdem vor, dass arme Städte von ihren alten Schulden entlastet werden, wenn sie diese nicht mehr selbst bewältigen können. Wie soll das funktionieren?

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat das unlängst wieder ins Gespräch gebracht. Nicht nur der Bund, auch die Länder und Gemeinden müssten sich nach bestimmten Quoten beteiligen. Vorstellbar wäre ein gemeinsamer Fonds im Volumen von etwa 50 Milliarden Euro. Die Empfänger-Kommunen sollten parallel zur Entschuldung aber kontrolliert sicherstellen, dass sie künftig nicht wieder in die Miesen rutschen.

Woher kommen die Mittel?

Der Bund und eventuell die Länder würden einen Sonderetat durch die Ausgabe von Staatsanleihen finanzieren. Das ließe sich machen, ohne die Schuldenbremse zu verletzen.

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8 Kommentare

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  • Der Artikel und Uwe Brandl lassen außer Acht, dass es eben auch viel bessere Arten der Windenergiegewinnung gibt (Kasten- und Spiralform, biegsame Stäbe, Drachen ...), die auch auf mehr Gegenliebe stoßen würden - bisher jedoch noch nicht ganz so effizient sind.



    Also auch hier alles eine Frage des Profits. Aber darüber redet man in der CDU natürlich nicht so gerne. ;-)

    • 9G
      92489 (Profil gelöscht)
      @Dörte Dietz:

      "die auch auf mehr Gegenliebe stoßen würden". Das ist doch reine Spekulation oder?

  • Mein Vorschlag: NIMBYs ignorieren, es sei denn, sie sind auch bereit zu verzichten: Keine Windräder? OK, kein Strom. Keine Masten? OK, kein Mobiltelefon (und kein WLAN, Bluetooth, etc). Vielleicht werden die Diskussionen dann sachlicher.

    Aber im Ernst: Diskussionen sind nötig. Immer.

    Ich habe aber den Eindruck, dass da ein Sekundärmarkt entsteht (Brexit, Volksentscheid in Kolumbien über Friedensvertrag, US-Wahlen), in dem an der Kontroverse selbst verdient wird. Das ist schädlich für die Gesellschaft.

    • @tomás zerolo:

      Heissen Grossstädter, die keine Parkplätze, kein Feinstaub mehr wollen, eigentlich NIMPRYS?



      (Not in my public room)



      Dürfen die dann auch kein Auto mehr haben, keinen Transport per Verbrennungsmotor mehr nutzen bevor sie sich zum Thema äußern?

      • @fly:

        "Heissen Grossstädter [...] eigentlich NIMPRYS?"

        Gute Idee -- wegen der Sparsamkeit der Terminologie, und da es sich eigentlich um dasselbe Phänomen handelt, würde ich dafür plädieren, "backyard" als Metapher für den Öffentlichen Raum der Städter*innen durchgehen zu lassen.

        "Dürfen die dann auch kein Auto mehr haben [...] bevor sie sich zum Thema äußern?"

        Unbedingt, würde ich sagen :-P

  • "Doch könnte man die Energiewende vielleicht befördern, indem man einen Teil der Einnahmen sozialisiert und den Gemeinden zur Verfügung stellt"

    das ist der Weg

    • @nutzer:

      Die Gemeinden erhalten die Grundsteuer sowie die Gewerbesteuer. Bei beiden Steuern haben die Gemeinden die Möglichkeit die Hebesätze selbst zu bestimmen.



      Darüber hinaus profitieren Gemeinden auch von der Gewerbesteuer des Nachbarortes, zum Beispiel über die Kreisumlage.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Hat der Mann Angst, dass die Gewinnbeteiligung der Gemeindevertreter gekürzt werden, wenn die Betroffenen von solchen Eingriffen in das Lebensumfeld am Gewinn beteiligt werden.



    Früher könnten Bürgerwindkraftanlagen errichtet werden, was zu guten Standorten und allgemeiner Akzeptanz führte. Heute investiert der Schwabe in Mecklenburg, weil er die Ausschreibung gewinnt.