Gemeindebund-Präsident über „Nimbys“: „Nicht für Windräder entschädigen“
Uwe Brandl (CSU) prangert an, dass BürgerInnen Handymasten, Straßen oder Windräder nutzen – und gleichzeitig dagegen protestieren.
taz: Sie sprechen sich für eine „Anti-Nimby-Bewegung“ aus, damit Windräder, Handymasten oder Straßenbau nicht ständig durch protestierende Bürgerinnen und Bürger blockiert werden. Was sind Nimbys?
Uwe Brandl: Leute, die immer sagen: „Not in my backyard“ – „Nicht hinter meinem Haus“. Die beispielsweise schnelles Internet und Ökostrom nutzen möchten, die dafür nötige Infrastruktur aber ablehnen, wenn sie selbst davon betroffen sind. Im Gegensatz dazu braucht unsere Gesellschaft jedoch eine gewisse Akzeptanz auch für Projekte, die Einzelne für unbequem halten mögen.
Was können Sie als Bürgermeister aus dem niederbayerischen Abensberg in solchen Situationen tun?
Politiker wie ich, insgesamt die Politik, müssen stärker darüber aufklären, dass diese demokratische Gesellschaft nur funktionieren kann, wenn Entscheidungen auch von der Minderheit, die anderer Meinung ist, toleriert werden.
Bloß erklären, dann fluppt es – haben Sie Erfolg mit dieser Taktik?
Ich hoffe, dass es bisher gelungen ist. Ich wurde fünf Mal wiedergewählt, bin jetzt im 26. Amtsjahr.
60, ist Bürgermeister der Stadt Abensberg in Bayern und Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes
SPD-Umweltpolitiker Matthias Miersch plädiert für ein sogenanntes Windbürgergeld. Einzelpersonen oder Gemeinden sollen danach an den Einnahmen aus neuen Windanlagen beteiligt werden. Eine gute Idee gegen ausufernde Gegenwehr?
Einzelne Bürgerinnen und Bürger sollte man nicht entschädigen. Täte man es, widerspräche das dem Gedanken der Solidarität. Der Staat kann nicht jegliche individuell empfundenen Nachteile mit Geld ausgleichen. Doch könnte man die Energiewende vielleicht befördern, indem man einen Teil der Einnahmen sozialisiert und den Gemeinden zur Verfügung stellt. Mit den zusätzlichen Mitteln ließen sich beispielsweise Schulgebäude energetisch sanieren oder andere öffentliche Ausgaben bezahlen.
Ihr Verband schlägt außerdem vor, dass arme Städte von ihren alten Schulden entlastet werden, wenn sie diese nicht mehr selbst bewältigen können. Wie soll das funktionieren?
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat das unlängst wieder ins Gespräch gebracht. Nicht nur der Bund, auch die Länder und Gemeinden müssten sich nach bestimmten Quoten beteiligen. Vorstellbar wäre ein gemeinsamer Fonds im Volumen von etwa 50 Milliarden Euro. Die Empfänger-Kommunen sollten parallel zur Entschuldung aber kontrolliert sicherstellen, dass sie künftig nicht wieder in die Miesen rutschen.
Woher kommen die Mittel?
Der Bund und eventuell die Länder würden einen Sonderetat durch die Ausgabe von Staatsanleihen finanzieren. Das ließe sich machen, ohne die Schuldenbremse zu verletzen.
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