Geflüchteter wehrt sich gegen Fake News: Alassa Mfouapon verklagt Weidel
Der Geflüchtete Alassa Mfouapon geht gerichtlich gegen AfD-Fraktionschefin Alice Weidel vor. Sie hatte ihn als „Rädelsführer“ einer Demo verunglimpft.
In Ellwangen demonstrierten Ende Mai 2018 rund 150 Menschen gegen die Abschiebung eines Togolesen aus dem Erstaufnahmelager. Die Polizei zog zunächst wieder ab und rückte drei Tage später in der Nacht mit einem Großaufgebot wieder an. Mehrere Bewohner wurden von der Polizei festgehalten und der Asylsuchende abgeschoben. Bundesweit berichteten Zeitungen über den Fall, die Bild sprach von einem „gewaltsamen Widerstand“.
Wie allerdings Recherchen der taz ergaben, war die mediale Darstellung übertrieben. Augenzeugen berichteten von einer friedlichen Demo. Auch in der Polizeiakte zur Demonstration steht nichts über Angriffe. Dennoch wird bis heute gegen Mfouapon gehetzt und seine Geschichte verdreht – vor allem in den sozialen Netzwerken. Gegen falsche Darstellungen der Bild klagte er bereits, teilweise mit Erfolg.
Weidel hetzt weiter
Im Januar 2019, also ein halbes Jahr nach den Geschehnissen, veröffentlichte auch Alice Weidel erneut Falschaussagen über Mfouapon. Das wollte er nun nicht weiter hinnehmen. Sein Anwalt Frank Stierlin erklärte, Mfouapon habe in Ellwangen zwar für die Gruppe Geflüchteter gesprochen – allerdings sei er nicht von Anfang an dabei gewesen, habe keine Gewalt angewandt und auch niemanden zu etwas angestiftet. Laut Stierlin war Mfouapon eher ein Übersetzer: Er spreche mehrere Sprachen und sei daher schnell als Vermittler und Sprecher in Gruppen aktiv.
Beim Prozessauftakt am Freitag in Hamburg durfte Alassa Mfouapon selbst aber nicht dabei sein: Er müsse als Flüchtling in der Nähe der Unterkunft bleiben, erklärte sein Anwalt. In einer Grußbotschaft zeigte sich der Kameruner optimistisch und kämpferisch: „Lasst uns weiter gegen Ausbeutung und Unterdrückung kämpfen.“ Von Weidel forderte sein Anwalt eine Unterlassungserklärung für die getätigte Aussage.
Alice Weidel selbst erschien nicht im Gerichtsaal. Ihre Anwälte wiesen die Forderung Mfouapons zurück. Am Freitag kamen die Streitparteien zu keinem Ergebnis. Die Verhandlung wurde vertagt. Im Herbst soll weiter verhandelt werden.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version haben wir geschrieben, dass Alice Weidel, die Aussagen nicht wiederholen dürfe. Wir stellen klar, das Gericht hat die Sache noch nicht entschieden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“