piwik no script img

Gebühren für Meta-AccountsZahlen müssen alle

Facebook und Instagram soll es künftig auch werbefrei, aber kostenpflichtig geben. Für Nut­ze­r:in­nen ist das ein vergiftetes Angebot.

Die Macht der Konzerne ist auch nicht durch Geld zu bändigen Foto: Tony Avelar/ap

Ein Standard-Abo beim Videostreaming-Anbieter Netflix: rund 13 Euro im Monat. Ein Einzel-Account bei der Musikplattform Spotify ab demnächst: rund 11 Euro monatlich. Ein Java Chip Frappucchino (nein, das ist kein neues Gadget, sondern etwas zu trinken, das entfernt an Kaffee erinnern kann) mit Karamellsirup und Frappucchino Chips bei Starbucks: knappe 10 Euro. Was also sagt es uns, dass Meta von seinen Instagram- und Facebook-Nutzer:innen in der EU gerne 10 bis 13 Euro monatlich kassieren möchte, wenn diese keine auf persönlichen Daten beruhende Werbung angezeigt bekommen möchten? Über Meta, über den Kapitalismus, über die Gesellschaft und über Ehrlichkeit?

Erstens: Meta hat kein ernsthaftes Interesse daran, dass jemand diesen Betrag zahlt. Dementsprechend dürfte auch die Größenordnung gewählt sein. Denn die vom Wall Street Journal geleakte Summe soll für die Nutzung eines Kontos anfallen. Wer zusätzlich zu Facebook noch Instagram oder umgekehrt oder bei einem Dienst mehrere Accounts nutzen will, soll demnach noch mal 6 Euro drauflegen – pro Konto.

Meta will mit diesem ziemlich durchsichtigen Trick die irische Datenschutzaufsicht zufriedenstellen. Dass es dafür nicht viel braucht, zeigen diverse Fälle aus der Vergangenheit, in denen die Behörde Standortförderung vor Datenschutz stellte. Meta versucht es nun noch einmal eine Nummer dreister: Statt ihre Datensammeleien wie behördlich gefordert in Einklang mit den Gesetzen zu bringen, bietet Meta eine Art Friss-oder-stirb-Modell an: Wer vermeintlichen Datenschutz will, muss zahlen, wer nicht zahlen will, muss halt mit dem leben, was die Plattform so abgreift an Persönlichem. Warum vermeintlich? Dazu später.

Die zweite Erkenntnis: Das passiert, wenn eine Plattform so marktmächtig ist, dass sie die Regeln selber machen kann. Dieser Zustand herrscht schon eine ganze Weile, aber er lässt sich angenehm verdrängen, solange es um persönliche Daten geht. Wenn Meta jetzt allerdings einen Deal anbieten will, bei dem Geld fließen soll, dann wird es schwieriger mit dem Verdrängen. Im besten Fall schärft die Vergiftung des Angebots das Bewusstsein dafür, dass alle zahlen müssen und sich nur der Zahlungsweg unterscheidet.

Kleingedrucktes lesen

Dabei ist es nicht nur Meta. X, früher Twitter, ist ein politisch besonders brisantes Beispiel in Sachen Marktmacht. Ganz akut die Frage: Wenn der rechtslastige Eigentümer Elon Musk die Regeln macht – was passiert denn dann perspektivisch mit den Accounts von linken oder Menschenrechtsorganisationen, deren Engagement diametral zu Musks politischer Position steht? Werden sie in ihrer Reichweite beschränkt oder gleich ganz gesperrt? Gibt es geeignete rechtliche Instrumente gegen solche Willkür?

Erkenntnis drei: Auch bei großen Plänen gilt es das Kleingedruckte zu lesen. Beziehungsweise das Nichtgesagte zu hören. Und damit kommen wir dazu, warum Nut­ze­r:in­nen sich selbst mit einer Zahlung nur vermeintlichen Datenschutz kaufen können. Denn was Meta machen will: Zahlenden Nut­ze­r:in­nen keine Werbung mehr anzeigen. Was Meta nicht machen will: Zahlende Nut­ze­r:in­nen nicht mehr tracken, also digital nachverfolgen.

Genau dieses Tracking und das Sammeln von Daten und die Profilbildung sind aber das Problem. Die personalisierte Werbung, die auf dieser Basis angezeigt wird, ist nur die sichtbare Spitze des Datennutzungsbergs. Was fehlt: eine Option, die ermöglicht, das Tracking abzuschalten und stattdessen unpersonalisierte Werbung zu bekommen. Aber das will Meta um jeden Preis verhindern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • Kann man auch ohne Facebook oder Instagram zurechtkommen?

    • @Ein anderer Blick:

      Definitiv ja.

    • @Ein anderer Blick:

      Das kann man sogar ganz hervorragend.

      Der Verzicht bewahrt Sie vor Depression und einem gestörten Körperbild und Selbstbild. Außerdem schützt es Sie davor, sich das Karma zu versauen.

      Und das Allerbeste, sie verpassen überhaupt nichts!

  • Wo wir gerade beim Thema "zweierlei Maßstäbe" sind: Wie kann ich eigentlich bei der taz sicherstellen, dass ich nicht getrackt werde? Ich bin Abonnent, habe mich angemeldet, und sehe, dass mein Adblocker immer noch unnötige Tracker auf eurer Seite meldet. Ist schon doof, dass ihr bei anderen kritisiert, was ihr selbst nicht besser macht...

    • @pcos:

      >Im Cookie-Banner auf "Alles Ablehnen" klicken.



      >Privacy Badger, uBlock Origin und weitere Schutzmechanismen im Browser aktivieren.



      >Duckduckgo verwenden, hier die Anti-Tracking-Stufe auf Maximum stellen, selbst wenn das im Extremfall bedeutet, dass keine Inhalte mehr angezeigt werden.



      >Sichere Betriebssysteme, wie Tails OS verwenden.

      taz ist tatsächlich nicht berechtigt, Tracker zu verwenden. Tracker sind nämlich illegal, es sei denn, eine Einwilligung erfolgt. Das verhinderst du aber mit "Alles Ablehnen".



      Dank der DSGVO und dem einen oder anderen juristischen Trick kannst du die taz verklagen, sollten dennoch Tracker gegen deinen Willen verwendet worden sein, z.B. die "notwendigen Cookies".

  • Ich glaube, ich werde dochmal meinen Tracker- und Cookiescraper auf github hochladen.

    Denn ich finde es erfrischend lustig von den Diensten bei Minute 10 Werbung für Prostatamedikamente und einige Minuten später Werbung für Menstruationsprodukte eingespielt zu bekommen.

    Aber warum drängen die Dienste denn so auf personifizierte Werbung ?

    Klar: Weil die Werbetreibenden dafür mehr bezahlen.

    Und warum tun die das?



    Weil sie uns dann Produkte aufschwatzen können die wir tatsächlich gebrauchen könnten.

    Allerdings zu einem Preis bei dem wir im Laden schnell reißaus nehmen würden.

    • @Bolzkopf:

      "Allerdings zu einem Preis bei dem wir im Laden schnell reißaus nehmen würden." Ich habe nicht den Eindruck, dass die Dinge, für die mir im Internet Werbung angezeigt wird, teurer sind, als im stationären Einzelhandel. Warum sollten sie auch? Es fallen diverse Kostenfaktoren des stationären Einzelhandels weg. Personalisierte Werbung bedeutet, dass man viel weniger Streuverluste hat und damit weniger Kosten. Den TV-Werbespot für Katzenfutter bekommen auch Leute zu sehen, die keine Katze haben und auch die werden bei den Kosten bei der Reichweite eingerechnet, im Internet kann ich gezielt Katzenbesitzer ansteuern und muss auch nur für die bezahlen. Bei entsprechendem Wettbewerb schlägt sich dieser Kostenvorteil des Anbieters auch im Preis für den Konsumenten nieder.

      • @Ruediger:

        Allerdings funktioniert das mit der personalisierten Werbung bestenfalls bedingt.



        Es scheint so, dass ich mit meiner Datensarsamkeitsstrategie auch auf Facebook so gut bin, dass die Algorithmen ratlos sind und halt irgendwas einspielen.



        Tatsächlich können die auch gar nichts rauspicken, das mich interessieren könnte, denn ich kaufe nur, was ich wirklich brauche, und das suche ich dann gezielt. Aber ganz sicher nicht auf Facebook.

  • Das sagt uns, dass das Produkt nun zum Kunden wird.

  • Ich sehe das andersrum, als einer der nix mit den 'so called' sozialen Medien zu tun haben will:



    Der größte Fehler wurde vor irgendwie 25 Jahren gemacht als jeder der sich ans www eingeklickt hatte meinte, das muss alles umsonst sein. Die Programmierer, Hardwarebereitsteller... ja, die kosten halt Geld. Wie letztlich doof muss denn ein Konsument sein der denkt, dass da ein wellfare Gedanke dahintersteckte? Von vornehmlich Companies aus den USA! Hätten wir akzeptiert, daß das alles pro Haushalt ein paar hundert Euro im Jahr kosten muss, eben wie auch GEZ o.ä., dann hätte man als Kunde sagen können wie mans will. Wer nicht handelt, der wird behandelt!



    Übrigens: Einfach alles kündigen ist eine Option und das Leben wäre nicht schlechter!

    • @Tom Farmer:

      Wäre das Internet in weiten Teilen über Gebühren statt über Werbung finanziert, hätte es nie die Größe und Reichweite bekommen und viel nützliche Dienste gäbe es schlicht Nicht oder große Teile der Menschheit hätten keine Möglichkeit diese zu nutzen.

    • @Tom Farmer:

      Nein, das war damals meiner Meinung nach kein Fehler. Der Zugang zum Internet alleine kostete mich damals 100 DM pro Monat. Habe selbst diverse kostenlose Projekte entwickelt und betrieben mit fünfstelliger Nutzerzahl. War ein Hobby und ein Hobby kostet in der Regel das eigene Geld.



      Die digitalen Kosten für Traffic und Hardware sind pro User(!) nicht der Rede wert. Das sieht man auch schön in den Geschäftszahlen von Cloudanbietern oder Anbietern "digitaler Güter".



      Da bereichern sich schlichtweg einige Leute mit Hilfe der Unwissenheit der Masse.

      Aber das geht am Problem der Datenkraken eh vorbei.

    • @Tom Farmer:

      Vor 25 Jahren war das Internet tatsächlich noch von einem Gemeinnützigkeitsgedanken getrieben. Man denke nur an die unzähligen privat betriebenen kleinen Chats und Foren, die als Vorgänger der heutigen großen Netzwerke dienten. Dem Nutzer hier schlicht Dummheit zu unterstellen greift leider zu kurz, war der doch Übergang fließend.

  • Wir müssen halt weg von diesen Diensten und hin zu in Europa gehosteten und von Vereinen betriebenen, offenen Alternativen im Fediverse. Also Mastodon, Pixelfed oder Pleroma.



    Mit Meta und Konsorten wird auf ewig das Datenschutzproblem bleiben, denn es wird niemals ein vernünftiges Abkommen zwischen der EU und den USA geben.

  • Jahrzehntelang haben Behörden und die Politik tatenlos zugesehen, wie sich einzelne reiche Männer ihr Monopol aufbauten. Ob Meta, Twitter oder Amazon ... Die konnten machen was sie wollten. Und nachdem die Politik ihnen reichlich Schlupflöcher gelassen hat - ob aus Eigennutz oder Dummheit - bestimmen jetzt Zuckerberg, Musk und Co. die Spielregeln und beeinflussen sogar Wahlen. Für einen Massenboykott, den selbst eine Plattform wie Meta spüren würde, sind die Nutzer:innen schlicht zu träge.

  • "Die personalisierte Werbung, die auf dieser Basis angezeigt wird, ist nur die sichtbare Spitze des Datennutzungsbergs."

    Und was ist (ohne zu spekulieren, zu vermutem oder Verschwörungstheorien) der Rest?

  • Welche Gesetze sollen denn X daran hindern, auf der eigenen Plattform zu entscheiden, wer eine solche bekommt und in welchem Umfang? Es scheint vielen immer noch nicht bewusst zu sein, dass es sich bei diesen Plattformen nicht um den digitalen zentralen Platz der Stadt Internet handelt, auf dem alle eine Demo anmelden können. Es handelt sich quasi um ein Einkaufszentrum. Ein privates Gelände, dass unter Akzeptieren der AGB betreten werden darf und in dem die Besitzer:innen die Mietverträge machen und zudem das Hausrecht haben. Die taz entscheidet ja auch, welche Beiträge veröffentlicht werden.



    In Zusammenhang mit Meta und der Frage, womit die Nutzung bezahlt wird, ist dieser Charakter ja auch offenbar.



    Das Internet ist nicht der freie, demokratische Ort der Allmende. Das hätte es werden können, aber Marktmechanismen und Privatbesitz haben es früh verhindert.