Frieden in der Ukraine: Europa ist falsch aufgestellt
Die europäischen Regierungschefs sind sich in der Frage nach gemeinsamen Friedenstruppen uneinig. Ihre Planlosigkeit schadet besonders der Ukraine.
E in historisches Treffen sollte es werden. Nach dem transatlantischen Waterloo bei der Münchner Sicherheitskonferenz wollte Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron die Europäer für die nächste Schlacht rüsten – den Kampf um einen gerechten Frieden in der Ukraine. Mit europäischen Friedenstruppen, so seine Hoffnung, werde die EU doch noch einen Platz am Verhandlungstisch erobern. Diese Hoffnung wurde enttäuscht.
Zwar hat sich der britische Premier Keir Starmer an Macrons Seite geschlagen: Er erklärte sich bereit, „bei Bedarf“ britische Truppen zu stellen, um eine Waffenruhe in der Ukraine abzusichern. Doch Deutschland und Polen sagten Nein. Die Debatte sei verfrüht, erklärte Kanzler Olaf Scholz. Erst einmal müsse Frieden herrschen, danach könne man weiter sehen. Die Europäer sind uneins, Macron hat sie sogar gespalten. Denn die meisten EU-Länder waren nicht einmal zum Krisengipfel im Élysée-Palast geladen worden.
Mit seiner Hauruck-Methode, bei der auch der polnische EU-Vorsitz übergangen wurde, hat Macron mehr Schaden angerichtet als Sinn gestiftet. Denn Scholz hat recht: Welchen Sinn soll es haben, den zweiten Schritt vor dem ersten zu gehen? Und was bringen Friedenstruppen, an denen die USA nicht beteiligt sind? Sollen die Europäer am Ende den Kopf hinhalten, während sich die Amerikaner davonschleichen? Sollen sie die Zeche für einen Diktatfrieden zahlen, den US-Präsident Donald Trump im Alleingang mit Kremlchef Wladimir Putin ausgehandelt hat?
Das kann es wohl nicht sein. Macron hat seine Truppen falsch aufgestellt. Aber auch Scholz hat sich vergaloppiert. Der scheidende Kanzler hat nämlich gar keinen Plan. Genau wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat er sich bis zuletzt blind auf Ex-Präsident Joe Biden verlassen und gehofft, man könne Putin mit Waffengewalt an den Verhandlungstisch zwingen. „Verhandlungen nur aus einer Position der Stärke“, hieß das Credo – es ist gescheitert.
Die Europäer haben zu lange gezögert
Nun muss eine geschwächte Ukraine versuchen, das Beste aus der verfahrenen Lage zu machen. Die Europäer werden ihr dabei kaum helfen können – sie haben sich ins Abseits manövriert. Drei Jahre lang haben sie sich geweigert, selbst einen diplomatischen Vorstoß zu machen und eigene Friedenspläne zu schmieden. Die Initiative könne nur von Kyjiw ausgehen, hieß es in Brüssel.
Jetzt geht sie von Washington aus – von einem US-Präsidenten, der der EU alles andere als wohlgesonnen ist. Allerdings hat Trump, so weit sich erkennen lässt, auch keinen Plan. Die Europäer könnten daher durchaus noch einmal zum Zuge kommen. Hoffentlich sind sie dann besser aufgestellt – und setzen nicht nur auf Waffen, Truppen und Aufrüstung.
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