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Freihandelsabkommen EU-USA„Dieser Aufreger ist nicht tot“

Die Behörden halten Chlorhühner für unbedenklich. Haben sich TTIP-Gegner ein falsches Symbol ausgesucht? Campact-Aktivistin Strasser sagt: Nein.

Glückliche Hühner bewundern ein Ei: Hat bäuerliche Landwirtschaft auch mit TTIP noch eine Chance? Bild: dpa
Jost Maurin
Interview von Jost Maurin

taz: Frau Strasser, die mit Chlor desinfizierten Hühnchen stehen im Aufruf zu Ihrer Kampagne gegen das geplante Handelsabkommen TTIP von USA und EU gleich an zweiter Stelle. Jetzt sagt das Bundesinstitut für Risikobewertung, Chlorhühner seien gar keine Gesundheitsgefahr für den Verbraucher. Haben Sie sich geirrt?

Maritta Strasser: Nein. Wir müssen keinen unserer Kampagnentexte ändern. Wir haben nie behauptet, dass Chlorhühnchen der Gesundheit schaden.

Haben Sie das suggeriert?

Wir haben nur gesagt, dass wir dieses Geflügelfleisch nicht auf unserem Teller haben wollen. Das reicht. Natürlich ist der eine oder andere auch der Meinung, dass es gesundheitsschädlich ist. Aber für uns ist das berühmte Chlorhühnchen lediglich ein Symbol.

Wofür?

Die Hühnchen werden doch nur deshalb mit Chlor desinfiziert, weil die Tiere in den Massenanlagen so schlecht gehalten werden, dass ihr Fleisch eine regelrechte Keimbombe ist. Beim Freihandelsabkommen geht es im Bereich Agrar darum, dass die US-Landwirtschaft in viel stärkerem Maße industrialisiert ist als die europäische. Bäuerliche Landwirtschaft würde hier noch schwieriger werden, wenn die EU ihren Markt weiter öffnet.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) behauptet sogar, dass Chlordesinfektion für den Konsumenten besser wäre. Könnte das Handelsabkommen den Verbraucherschutz bei Lebensmitteln erhöhen?

Das sehe ich nicht. Das BfR hat absichtlich kurzsichtig gedacht und sich nur das fertige Produkt angeguckt, ob das nun ein gesundheitliches Problem ist oder nicht. Dann kann man natürlich zu einem solchen Ergebnis kommen. Aber man muss doch fragen, warum das Geflügel überhaupt so verkeimt ist.

Im Interview: Maritta Strasser

Die 49-Jährige leitet für das Protestnetzwerk Campact die Kampagne gegen das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen der Europäischen Union und den USA. Campact hat die größte Unterschriftensammlung im Internet gegen die Verhandlungen organisiert. Die Liste hat bisher bereits mehr als 500.000 Unterzeichner.

Ist das Chlorhühnchen jetzt als Mittel zur Mobilisierung des Protests erledigt?

Dieser Aufreger ist damit nicht tot. Das Chlorhühnchen bleibt perfekt zur Mobilisierung. Jeder denkt sofort mit und hat es auf der Zunge. Ich glaube, dass die Leute weiter die Intuition haben, dass etwas ganz dramatisch nicht in Ordnung ist, wenn man sein Essen mit Chlor desinfizieren muss.

Auch die deutsche Geflügelindustrie argumentiert gegen das Chlorhuhn. Lassen Sie sich vor den Karren von Konzernen wie Wiesenhof spannen?

In einem winzigen Punkt eines riesigen Abkommens sind wir vielleicht mal gegen dasselbe. Aber wir vertreten nicht dieselbe Position zu dem Vertrag wie Wiesenhof. Schließlich ist unser Ziel, dass kleine bäuerliche Betriebe überleben.

Schadet diese neue Debatte über das Chlorhühnchen der Anti-TTIP-Kampagne?

Wir haben ja immer klar gemacht, dass es eine ganze Palette kritischer Punkte gibt. Zum Beispiel die Investorenklagen, Fracking, die Chemikalienpolitik und vor allem der Test sämtlicher europäischer Gesetzesvorschläge darauf, ob sie der regulatorischen Angleichung von EU und USA entgegenstehen. Letzteres wäre die Zensur von Gesetzen in Hinterzimmern.

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33 Kommentare

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  • Kommentarzitate:

     

    "BILD-Leser, die schwäbische Hausfrau, den Fußballfan uvm. " / "Die "Dummen" […] hinterm Ofen vorzulocken" / "nur schwer an Otto N. plakativ vermitteln" / "Sie sagen also, der Wähler ist inkompetent" --> man ist sich hier also einig, dass es so etwas wie eine MASSE im volk gibt, die mangels Bildung oder Interesse manipulier- und steuerbar ist – dem stimme ich zu, würde diese Menschen aber nicht als dumm sondern als emotional und sozial krank bezeichnen (W. Reich: ‘Die emotionale Pest)

     

    "Aber vielleicht eine Folge mangelnder individueller Selbstverwirklichung" / "Leider gibt´s zu viele informationsmüde oder vielmehr absichtlich wegsehende Zeitgenossen" / "Unkraut namens selbsterwählte Volksdummheit" / "dass die Leute andere Probleme haben als Chlorhühnchen" / "dann an die Urne gehen und Parteien wählen, welche TTIP unterstützen" --> diese Volksdummheit ist nicht selbst erwählt und die Menschen sind auch nicht informationsmüde, sondern die werden pausenlos (z.b. 4,5 std. durchschnittlicher TV-Konsum in D) gehirngewaschen, vollverblödet und krank gehalten mit UNRAT, nicht mit Informationen!

     

    "Diese Strategie scheinen selbst hochrangige deutsche Politikerinnen und Politiker zu verfolgen" --> tatsächlich steckt dahinter seit tausenden von Jahren ein System (Brot und Spiele, teile und herrsche), mit dem die Mächtigen und Reichen ihr Ausbeuter- und Unterdrückerspiel treiben und die MASSE im Tiefschlaf halten!

     

    Deren grösste Gefahr: ein Erwachen der Menschheit - z. Zt. gegeben: 1. Die Menschen sind es leid, sich für dumm verkaufen zu lassen und 2. Durch die echte Information per Internet.

     

    Da jenen Mächtigen und Reichen langsam mulmig wird, greifen sie zu immer dreisteren Massnahmen, u.a. die sog. Freihandelsabkommen oder auch all die brutalen Roboter-staatsmacht-einsätze gegen aufmüpfige Bürger.

    • @shumil:

      ".....gehirngewaschen, vollverblödet und krank gehalten mit UNRAT, nicht mit Informationen! "

      Diese Ihre zugewiesense Passivrolle entlastet jede Bevölkerung, die sich schuldig an sich selbst und anderen gemacht hat. Ihre dummen Schafe sind Täter, die aus Bequemlichkeit und Unterwürfigkeit sich in Anbetracht ihrer Souveränität Stunden vor die Klotze setzen und es über sich ergehen lassen und das völlig aktiv.

      Was machen Sie, ich und viele Leser hier - Sie informieren sich kritischer. Das sollte normal sein und des Bürgers Anliegen, doch Dummvolk ist Opfer ; nee ! Wir werden nicht verblödet, wir lassen uns verblöden- kennen Sie den Unterschied ?

      Wenn nicht wären die Deutschen unter den Nazis sofort freizusprechen.

  • Chlor hin oder her, ich will nicht, dass Produktion und Beschäftigungskonditionen hierzulande noch amerikanischer werden.

    • @friedjoch:

      vielleicht lieber chinesischer?

  • Was die Chlorhühnchen für das TTIP sind die Metadaten für die NSA! Beides bewusst gelegte Spuren, um uns glauben zu machen: wenn die Probleme mit den Chlorhühnchen resp. den Metadaten gelöst sind, sind alle Probleme gelöst. Diese Strategie scheinen selbst hochrangige deutsche Politikerinnen und Politiker zu verfolgen. Aber wir gehen nicht dieser Vertuschung auf den Leim.

    Diese Meinung vertritt übrigens auch Singer Songwriter Sigismund Ruestig in seiner NSA-Trilogie (auf YouTube).

    Insofern äußerst ungeschickt, das Chlorhühnchen in den Mittelpunkt einer Anti-TTIP-Kampanie zu stellen!

  • Campact muss sich fragen lassen, ob ein Kampagne wirklich Erfolgschancen hat, wenn sie nicht über Bild-Niveau hinauskomt, also die plakative Kommunikation über grob vereinfachte Einzelfälle. Das an sich völlig harmlose Chlorhuhn zum angsteinflößenden Symbol für TTIP stilisieren zu wollen, zeigt doch vor allem die eigene Unfähigkeit, dem Publikum echte Gefahren des Abkommens klar darzulegen.

     

    Mich juckt das Chlorhuhn jedenfalls nicht. Und die bäuerliche Landwirtschaft ist auch jetzt schon ein Nischensegment, dessen (wenige, meist gut betuchte) Abnehmer bewusst Qualität über Preis stellen. Dass die US-Agrarindustrie vielleicht noch billiger - und schlechter - liefern könnte als die heimische Massentierhaltung, wird daran nichts ändern. Von daher gibt mir diese hohle Symbol-Strategie eher das Gefühl, dass hier gegen das TTIP nur Meinung gemacht wird, weil es neu, schwer überschaubar und daher nicht ganz ohne Risiken ist - kurz: aus kleingeistiger Schrebergartenmentalität.

     

    Dass das nicht so ist und es wirklich gewichtige Gründe gegen das TTIP gibt, verschwindet hinter der wenig eindrucksvollen Pappmasché-Fassade namens "Chlorhuhn".

    • @Normalo:

      Campakt hat mit dem Chlorhuhn (über 500000 Unterschriften gegen TTIP) so großen Erfolg gehabt, weil es für den BILD-Leser, die schwäbische Hausfrau, den Fußballfan uvm. verständlich war.

      Sie hätten niemals so viele Menschen erreicht, wenn man die eigentlichen Probleme wie "nicht handelsbezogen Bestimmungen", Investorenschutz, Schiedsgerichte usw. in den Vordergrund der Kampagne gestellt hätte. Mit dem Chlorhunhn kennt in Deutschland jeder "DUMME" das THEMA und der Kluge wie Sie kann sich in die Tiefe informieren. Der Kluge sollte jetzt aber auch CETA verhindern und Compakt sollte auch darauf ihr Augenmerk mit legen!

      • @Mengel Michael:

        Die 500000 Unterzeichner haben kaum gemeinsame Schnittmengen mit BILD-Lesern, möchte ich behaupten. Die Masse der Unterzeichner ist beeindruckend, doch denen stehen fast 70 Mio in D entgegen, die sich nicht in dieser Richtung engagieren.

        Die "Dummen" mit Chlorhühnchen hinterm Ofen vorzulocken, wäre ohnehin ein Strofeuer, denn die Labilität des Arguments lässt die Meinung der Zweifler nahe an der Scheitellinie schnell umschlagen.

        Kurz; um die Unterzeichner muss sich kaum einer bemühen, sondern allenfalls eine Stimme verleihen, wie es Campact ansonsten vorbildlich tut. Es sind Menschen, die sich sowieso kritisch mit ihrer Umwelt auseinandersetzen, doch leider viel zu wenige. Dass es allgemein nicht so gut läuft, liegt nicht so sehr an zu versachlichten Kampagnen, sondern mehr an dem Unkraut namens selbsterwählte Volksdummheit.

      • @Mengel Michael:

        Nicht nur Campact, auch andere soziale Netzwerke haben sich des Themas angenommen. Nur lassen sich etwas sperrige Begriffe wie "Investitionsschutzabkommen" nur schwer an Otto N. plakativ vermiteln. Glauben Sie wirklich, dass das Thema überhaupt dort je auf den Tisch gekommen wäre? Ich bin überzeugt, dass es ebenso wie "TTIP" heute noch größtenteils unbekannt wäre. Auch wenn es ein Randthema war, dämmert den meisten Interessierten allmählich die wahre und unkündbare(!) Tragweite der geplanten politischen Entmachtung durch Investoren und die Transformation der gewählten Politiker zu gutbezahlten Wirtschaftsmarionetten. Fragen Sie mal Ihre Politiker nach den Inhalten der Vertragsvorlagen und warum sie sogar vor den Entscheidern in vielen Teilen geheim gehalten werden.

         

        Von daher hat Campact den richtigen Hebel gewählt.

        • @noevil:

          "Nur lassen sich etwas sperrige Begriffe wie "Investitionsschutzabkommen" nur schwer an Otto N. plakativ vermitteln". Sie sagen also, der Wähler ist inkompetent.

          Wenn man noch die offiziellen Zahlen zum Übergewicht nimmt, in Deutschland 67 % der Männer und 53 % der Frauen (BMI ab 25 aufwärts), und ca 20% adipös übergewichtig, dann schließt man, dass die Leute andere Probleme haben als Chlorhühnchen. Sie essen bei weitem zu viel, Suchtverhalten, und dabei kaufen die meisten nicht Bio.

          • @Gabriel Renoir:

            Derartige Unterstellungen verbitte ich mir. Sagen Sie mir stattdessen einfach, mit welchem Bild Sie den Begriff "Investitionsschutzabkommen" plakativ vermitteln wollen!

            • @noevil:

              Sie sagen, Sie möchten mit einfach verständlichen Begriffen arbeiten. Das kann ich verstehen. Ich weiß jedoch nicht, ob das geht.

              Die meisten Investitionsschutzabkommen sehen für den Investor ein Klagerecht vor einem internationalen Schiedsgericht vor. Ich denke es geht um Details, nicht ums Prinzip. Ein Investor möchte nicht entschädigungslos enteignet werden. Dazu dienen zB die Investitionsschutzabkommen. Ich bin kein Jurist, um das zu studieren, im Detail. Ich glaube, Vattenfall klagt zB gegen Hamburg. Soweit ich gelesen habe, hat sich Vattenfall sowieso aus diesem Geschäft (Strom) herausgezogen, da das alles zu problematisch ist. Dabei ginge es wohl bei Investitionsschutzabkommen: Dass es eine gewisse Planungssicherheit gibt. Wenn jetzt Deutschland entscheidet, seine Atommeiler abzustellen hat das rechtlich-wirtschaftliche Implikationen. Das wurde aber offensichtlich irgendwie gelöst.

              • @Gabriel Renoir:

                "Ein Investor möchte nicht entschädigungslos enteignet werden. Dazu dienen zB die Investitionsschutzabkommen."

                 

                - Es geht bei dem Investorenschutz im Rahmen von TTIP keineswegs darum, Investoren vor entschädigungslosen Enteignungen zu schützen. Es geht vielmehr darum, ein Sonderrecht für Investoren jenseits demokratisch-rechtsstaatlicher Strukturen zu schaffen, in denen die Gewinnerwartungen der Investoren stets Vorrang vor demokratisch-rechtsstaatlichen Entscheidungen eingeräumt wird. Auf diese Weise wird die Demokratie faktisch abgeschafft, da Entscheidungen eines demokratisch legitimierte Parlaments und der rechtsstaatlich legitimierten Exekutive durch Schiedsgerichtsverfahren außerhalb rechtsstaatlicher Strukturen ausgehebelt werden können.

                 

                Sehr anschaulich zeigt das diese Doku:

                 

                http://www.daserste.de/information/wirtschaft-boerse/plusminus/sendung/swr/2014/freihandelsabkommen_11_06_2014-100.html

                • @Golem:

                  Hab mir den Film angesehen. Frage ist, wer regelt die Schiedsgerichte. Wir funktionieren die? Was wäre die Alternative? Richter beziehen sich auf nationale Gesetze, Schiedsgerichte vergleichen dagegen alte Gesetze mit wissenschaftlichen Ergebnissen. Ist das neue Gesetz wissenschaftlich vertretbar? Chlorhühnchen, Masthormone, Milchhormone sind wahrsch. wissenschaftlich nicht vertretbar. Viele Verbraucher wollen sie nicht: ALSO DEUTLICH KENNZEICHNEN, aber nicht verbieten. Ich denke , die austral. Zigarettenpackungsverordnung mit den Horrorbildern ist wissenschaftlich klar untermauert. Von daher dürfte Phillip Morris Null Chancen haben.

              • @Gabriel Renoir:

                Danke! Und nun packen Sie das Ganze mal auf ein Plakat ;-)

          • @Gabriel Renoir:

            "Sie sagen also, der Wähler ist inkompetent."

            War der Wähler oft genug in der Geschichte.

            Demokratie kann schnell zur Macht der Inkompetenten führen und sich damit selbst abschaffen. TTIP ist ein Schritt dahin.

            • @lions:

              Ist jetzt der Wähler inkompetent oder die Regierung? Beides hängt zusammen. Deutschland wählte zB mehr oder weniger Hitler. Also geballte Inkompetenz auf verschiedenen Ebenen. Wieso wurde Berlusconi so oft gewählt? Medienmacht? Dummheit? Oder Bush2, dieser Dummkopf? Es hängt mit Bildung zusammen und ob man Dinge analysieren und verstehen kann. Dann dachte Bush 2, er könnte diese Chaotenstaaten demokratisieren. Man sieht, es geht schwer nur, wenn überhaupt. Die Menschen dort glauben an andere Werte, nicht an Demokratie. Was will man von einer Gesellschaft wie Afghanistan erwarten, wo Kinderbräute gang und gäbe sind. Aus der psychotherapeutischen Betreuung von Afghanen wurde mir mitgeteilt, dass das Ausmaß an Missgunst in der afghanischen Gesellschaft unglaublich ist. Das ist aber anekdotisch, ich weiß nicht, ob man das verallgemeinern kann. Aber vielleicht eine Folge mangelnder individueller Selbstverwirklichung.

              • @Gabriel Renoir:

                Schon unterhaltsam zu verfolgen, wie weit sich eine Diskussion vom eigentlichen Thema entfernen kann. Gut, nicht wahr, dass Afghanistan (noch) nicht ins geplante TTIP eingeplant zu werden scheint.

                 

                Aber im Ernst, vllt. behalten wir es einfach gut im Auge und vergessen nicht zu beobachten, wie sich CETA am Ende präsentiert. Achja, am Horizont droht auch schon TISA.

                • @noevil:

                  Ja, ich bin etwas abgeschweift. Wenn man das Thema TTIP wirklich ernsthaft diskutieren wollte, müsste man:

                  (1) den positiven Wirtschaftseffekt "nachweisen" (das geht nur über parallele Handelsvereinbarungen in der Vergangenheit)

                  (2) Den Demokratieabbau nachweisen (geht auch nur über genügend Beispiele ähnlicher Verträge in der Vergangenheit).

                  Ich habe zu all dem leider nichts parat, wenn man mal davon absieht dass es viel Handel auf der Welt gibt und Indien früher abgeschottet war (um der heimischen Industrie Zeit zu geben) usw usf. Man müsste recherchieren und dazu arbeiten. Das wäre richtig Arbeit. Nehme an, andere haben das schon gemacht´, aber das sind Studien,. die man erst mal lesen muss.

                  • @Gabriel Renoir:

                    Das Netz zu (2) ist voll davon und man muss sich wirklich anstrengen, nichts zu finden. Verweis auf @Noevils Link - ist ein Volltreffer.

                  • @Gabriel Renoir:

                    Vielleicht darf ich Ihnen einen interessanten Link zur Friedrich-Ebert-Stiftung, hier Pia Eberhardt, vermitteln, einer ausgewiesenen Fachfrau, die sehr gut, sachlich und anschaulich über TTIP schreibt:

                     

                    http://library.fes.de/pdf-files/iez/global/10773-20140603.pdf

                     

                    Grüße an Sie

                    • @noevil:

                      Danke, hab es gelesen. Interessant. Frau Eberhardt ist Gegnerin von diesen Verfahren. Sie listet Beispiele, aber bezahlt wurde vergleichsweise wenig. Bisher. Ecuador hat die Mrd auch nicht bezahlt, nehme ich an. Unklar ist, wer die Schiedsrichter bestimmt, eine entscheidende Frage. Dann die Kriterien für das Verfahren. Ich denke, es geht immer um Gesetzesänderungen. Da müssten gewisse Guidelines noch dazu, wie die UN-Charta oder was weiß ich. Denn wenn ein Diktator für ein Appel +Ei Schürfrechte verkauft, sich bereichert, und nachher soll der Vertrag nicht rückgängig gehen, - kritisch. Ich stimme zu, die Sache ist kritisch. Es geht aber auch um die Ausgestaltung. Ich denke, Australien wird den Tabakkonzern nicht bezahlen, dass da jetzt abschreckende Bilder auf der Verpackung sind. Warten wir's ab. Die Schiedsgerichte gibt's zwischen Staaten auch bei WTO mit dem Ergebnis, dass sich eigentlich nicht viel tut, soweit ich das beurteilen kann. Allerdings stimme ich Ihnen zu, dass man die Sache scharf im Auge behalten muss.

                      • @Gabriel Renoir:

                        Leider ist dieses Chlorhuhn im Vorfeld der Europawahl viel zu wenig bemüht worden, sonst hätten sich weit aus mehr Wähler mit ihrer Stimme gegen TTIP gestimmt, denn es gab nur eine einzige Partei in Dtl., welche sich eindeutig gegen TTIP ausgesprochen hat und der ihr Ergebnis hat sich zur vorhergehenden Wahl nicht verändert. Das zeigt ja leider, dass mit ernsthafter Diskussion alleine holt man zu wenig seiner Wähler an die Urne und gerade diese Nichtwähler hätten noch eine ganze Reihe wichtige Gründe diese Partei zu wählen!

                        Und ich möchte eigentlich nicht wissen, wie viel Leute, welche hier gegen TTIP laut schimpfen, dann an die Urne gehen und Parteien wählen, welche TTIP unterstützen (übrigens die Grünen sind auch nicht gegen TTIP-Verhandlungen!).

  • " ... dass es eine ganze Palette kritischer Punkte gibt. "

     

    Genau! Wie kritisch diese ganze Angelegenheit ist, das kann man da nachlesen:

     

    http://www.monde-diplomatique.de/pm/2013/11/08/a0003.text

     

    @ anamalie: "könnten wankelmütige Bürger sich auf die Seite der TTIP-Befürworter schlagen"

     

    Dann geben Sie denen mal obigen Link zu lesen - danach wankelt wohl keiner mehr!

    • @shumil:

      Den kenn ich schon. Leider gibt´s zu viele informationsmüde oder vielmehr absichtlich wegsehende Zeitgenossen.

  • Als ob es beim TTIP um "Chlorhühnchen" gehen würde. Das ist doch nur ein Popanz um die wichtigen Dinge nicht diskutieren zu müssen.

  • Ulrike Hermann hat vor dem Fokus auf wenig zielführende Diskussionsthemen - Chlorhuhn, Hormonfleisch, etc. - in bezug auf das TTIP schon vor Monaten gewarnt.

     

    http://www.taz.de/1/archiv/?dig=2014/02/25/a0110

     

    Und wie VIC schon richtig angedeutet hat, ist TTIP nur dem Namen nach ein 'Freihandelsabkommen', kommt dem Investorenschutz doch eine viel größere Rolle zu. Man denke einmal darüber nach, was diese bilateralen Klagemöglichkeiten vor privaten und geheimen Schiedsgerichten noch mit den hochsakralen Selbstregulierungskräften eines freien Konkurrenzmarktes zu tun haben.

     

    Zudem darf vor der 'Sommerpause' nicht vergessen werden, dass auch bei Verzögerung/Verhinderung von TTIP die beanstandeten Klauseln durch das Abkommen mit Kanada (CETA) quasi über die Hintertür kommen werden. In diesem Vertrag finden sich teils wortwörtlich Klauseln aus ACTA, welche vom Europaparlament schon abgelehnt wurden (vielleicht erinnert sich noch jemand daran).

    • @Obsidious:

      Acta halte ich für ein Mist-Agreement. Im Prinzip bin ich für eine US-EU-Freihandelszone, da "wir" dadurch "unsere" Dominanz festigen könne. Denn China ist bald die 1. Wirtschaftsmacht. Ein übler Luftverpester. Undemokratisch. Die USA, Kanada, die EU haben das Potential, solche weitgehende Verträge einzugehen. China und Indien? China und Russland? Usw? Eher nicht, da sie tendenziell unverträglich sind.

      Die Schiedsgerichte sind kritisch zu beurteilen. ich nehmen an, das kann man einschränken, genau definieren, man könnte es vielleicht auch mit dem Justizsystem verbinden. Wissenschaftlich unhaltbare Gesetze gehören nach meiner Meinung abgeschafft. Man kann da natürlich noch so ein Gefährlichkeitskriterium mit einbauen, denn Fukoshima war vorher vielleicht auch wissenschaftlich-statistisch ausgeschlssossen, da kein Blödmann daran dachte, das ein Strandmeiler in einem Tshumanigebiet äußerst kritisch ist.

  • Der Schuss geht eben nach hinten los, denn der Verbraucher schaut selten auf Haltungsbedingungen, Anbaumethoden, viel mehr auf das, was er sich selbst einverleibt. Die Kampagne zielte auf das Intimste, das Essen ab und kann aufgrund der relativ ernährungsbezogenen Unbedenklichkeit nicht konterkarieren. Campact kennt seine "Klienten" nicht. Ne Menge kauft bspw. Bio, weil diese sich ausschließlich selbst nicht schaden wollen. Darüber hinaus geht´s selten und so verhält sich´s auch beim Chlorhuhn. Wenn das Chlorhuhn Sturmgeschütz ist, haben die Verfechter des Abkommens keinen Grund, sich vor Rohrkrepierern daraus ducken zu müssen. Mit der "Aufklärung" zur Unbedenklichkeit des Chlorhuhns könnten wankelmütige Bürger sich auf die Seite der TTIP-Befürworter schlagen, weil es zum Aushängeschild der Gegenbewegung gemacht wurde. Ein Spiel mit dem Feuer.

    • @lions:

      "Ein Spiel mit dem Feuer."

       

      Wie Recht Sie doch haben. Das wirkliche Feuer heißt aber "Investitionsschutzabkommen"; dagegen sind Chlorhähnchen unappetitliche Lappalien, mit denen Herr de Gucht auch noch durch irreführende Befragungen und damit von den wahren Gefahren des TTIP abzulenken versucht.

       

      Auf Chlorhähnchen sollte man so allmählich nicht mehr hereinfallen.

      • @noevil:

        Ein Investitionschutzabkommen an sich ist kein Problem. Es gibt viele Investitionschutzabkommen. Problem könnte die Ausgestaltung sein, und wie sich das TTIP-Investitionschutzabkommen von anderen Investitionschutzabkommen unterscheidet. Die amerikan. "Heim-" Waffenindustrie wird kaum auf einen "Markt" Europa klagen können, zB.

  • Obwohl ich Vegetarier bin, möchte ich kein Chlorhuhn und Klonfleisch im Handel haben.

    Und weil ich Vegetarier bin, möchte ich kein genmanipuliertes Saatgut auf den Feldern haben.

    Zudem bin ich strikt gegen das Investitionsschutzabkommen - und damit gegen TTIP.

    • @vic:

      Ich denke, man sollte die Menschen in diesem Bereich nicht gängeln. Wenn sie das kaufen wollen? Viele schauen vor allem auf den Preis.

      Wir haben in Deutschland fast ein Viertel adipös übergewichtige Männer und Frauen. Ich denke, das ist eher ein Problem, um das man sich kümmern sollte. Dazu gab es einmal die Lebensmittelampel, - leider nicht durchgeführt aufgrund der Interessen der Lebensmittelindustrie.