Frauen-WM in Konkurrenz zu Männerfußball: Kalendarische Diskriminierung
Die Bundesliga der Männer startet, wenn bei der Frauen-WM das Finalwochenende ansteht. Warum man das als frauenfußballverachtend bezeichnen kann.
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S orry! Ich gebe es zu. In dieser Woche habe ich mich schon drei Mal mit jemandem über Harry Kane unterhalten. Auch über die Chancen der Aufsteiger Heidenheim und Darmstadt in der anstehenden Bundesligasaison im Männerfußball haben ich schon diskutiert. Den Supercup zwischen diesem RB Leipzig und den Männern des FC Bayern habe ich mir nicht angeschaut. Immerhin das habe ich geschafft. Aber leicht ist es nicht, dem Männerfußball auszuweichen während der WM, die da gerade läuft.
Bin ich zu schwach, um mich des ganzen Irrsinns des Männerfußballs zu erwehren? Oder sind nicht viel mehr die üblichen Verdächtigen verantwortlich dafür, dass ich bisweilen über einen weiteren Unsinnstransfer in die saudische Superliga oder wie das Ding da unten auch immer heißen mag, diskutiere, statt drüber, wer wohl zur besten Spielerin dieser WM gekürt wird? Die finsteren Mächte des internationalen Fußballs? Klar, die Fifa ist schuld! Und die Uefa! Und der DFB!
Wie kann es eigentlich sein, dass die Bundesligasaison der Mannsbilder an dem Wochenende startet, an dem die WM entschieden wird? Warum ist die WM so spät im Jahr? Es ist ja nicht fußballgottgegeben, dass es zu solchen Terminüberschneidungen kommt.
Die führen dazu, dass auf der Website des Fachmagazins kicker die Berichterstattung über den DFB-Männerpokal, die jüngsten Männerbundesligatransfers, die letzten Testspiele der Männerbundesligisten, die Spiele der zweit- und drittklassigen Männer, den Saisonauftakt in Saudi-Arabien, der Premier League und anderen internationalen Ligen sowie das jüngste Tor von Lionel Messi in den USA gegen irgendeinen Klub, von dem noch nie jemand etwas gehört hat, vor den Ergebnissen aus Neuseeland und Australien vermeldet werden.
Gents first
Man hätte die Kalender ruhig besser aufeinander abstimmen können. Besser: Man hätte endlich einmal damit anfangen können, die Kalender von Frauen und Männern so aufeinander abzustimmen, dass sich die Events nicht ins Gehege kommen. Aber wie soll das gehen, wenn zuerst der Kalender für die Männer zusammengestellt wird, bei dem die Fifa die Länderspielfenster für die Männer festlegt, woraufhin dann die Uefa den Rahmenterminplan für die Europapokalwettbewerbe der Männer darauf abstimmt und schließlich der DFB, darauf abgestimmt, seinen Männerfußballkalender festlegt.
Dass der es nicht geschafft hat, den Saisonstart wenigstens um eine Woche nach hinten zu verlegen, um dem WM-Finale die volle Aufmerksamkeit der Fußballfans zu ermöglichen, darf dabei ruhig als ignorant bezeichnet werden. Oder eben als frauenfußballfeindlich.
Die Uefa hat sogar das Kunststück fertiggebracht, ihre eigene U19-Europameisterschaft während der WM auszutragen. Warum eigentlich? Damit da nur ja keiner zuschaut? Das Terminmanagement des internationalen Fußballs gibt einen mehr als deutlichen Hinweis auf den Stellenwert des Frauenfußballs in den Verbänden. Besonders hoch kann er nicht sein.
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