Finanzversprechen auf der Klimakonferenz: Möglichst wenig Geld für die Welt
Das zentrale Ergebnis der UN-Klimakonferenz waren schwache Finanzzusagen. Kritisiert werden nicht nur die versprochenen Summen.
Geeinigt hat sich die Staatengemeinschaft nach zwei Wochen Verhandlungen auf jährlich 300 Milliarden US-Dollar bis 2035 und einen „Fahrplan“ bis zur Klimakonferenz 2025, wie die nötigen 1,3 Billionen US-Dollar zusammenkommen sollen.
Dass die Industriestaaten weniger als ein Viertel der tatsächlich nötigen Gelder liefern sollen, wurde von NGOs und Entwicklungsländern scharf kritisiert. Rachel Cleetus von der Vereinigung besorgter Wissenschaftler*innen sagte, dass die reichen Staaten „verhindern, Emissionen schnell zu reduzieren und die Kosten tödlicher Klimaextreme denen aufbürden, die am wenigsten zur Erderhitzung beigetragen haben“.
Expert*innen des Center for Global Development haben berechnet, dass auch ohne ein neues Ziel bis 2035 200 Milliarden US-Dollar zusammenkämen, wenn die Industriestaaten ihre Zahlungen an die Inflation anpassten und Entwicklungsbanken geplante Reformen umsetzten. 300 Milliarden US-Dollar sind demnach wenig mehr als eine Fortsetzung bestehender Zahlungen.
Empfohlener externer Inhalt
Kritisiert wird nicht nur der geringe Betrag. Die 300 Milliarden US-Dollar können aus öffentlichen Geldern und Krediten von Entwicklungsbanken kommen sowie aus „mobilisierten“ Investitionen von privaten Finanzhäusern. „Mobilisiert“ bedeutet, dass Regierungen Geld dazugeben oder für Verluste einstehen und so die private Investition erst ermöglichen.
Weil es nicht anders vorgegeben ist, werde ein Großteil dieser 300 Milliarden US-Dollar in Form von Krediten kommen, kritisiert Jan Kowalzig, Klima-Experte der Hilfsorganisation Oxfam: „Die müssen mit Zinsen zurückgezahlt werden und könnten die oft erdrückende Schuldenlast der einkommensschwachen Länder weiter verschärfen.“ Viele Entwicklungsländer hatten gefordert, dass das Geld in Form von Zuschüssen kommt, die sie nicht zusätzlich mit Zinszahlungen belasten.
Dazu kommt, dass die Industriestaaten bisher vertraglich verpflichtet waren, für die 100 Milliarden US-Dollar aufzukommen, die noch bis 2025 das Klimafinanzierungsziel sind. Das neue Ziel sieht vor, dass sie „die Führung übernehmen“. Falls die Industrieländer das 300-Milliarden-Ziel verfehlen, könnten sie argumentieren, dass als Entwicklungsländer klassifizierte Länder wie China oder Saudi-Arabien ebenfalls Gelder hätten beisteuern sollen.
Deutschland werde ab 2026 seine Klimafinanzierungsmittel nach und nach anheben müssen, um das 300-Milliarden-Ziel mitzutragen, sagte Jule Könneke der taz. Könneke ist Teil des Forschungsclusters Klimapolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP. „Das wäre auch in Hinblick auf die Wahl Donald Trumps und das wahrscheinliche Ende der US-Beteiligung an der internationalen Klimafinanzierung ein wichtiges und notwendiges Signal.“
Das Bundesministerium für Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit leistet bislang den Großteil der Klimafinanzierung Deutschlands, die sich derzeit auf 6 bis 9 Milliarden US-Dollar jährlich beläuft, je nach Berechnungsweise.
Eine Ministeriumssprecherin sagte der taz, dass es keine festgelegten Quoten für die Anteile einzelner Länder an den Finanzierungszielen gibt. Über den Umfang der Klimafinanzierung aus Haushaltsmitteln für die zweite Hälfte des Jahrzehnts „wird die nächste Bundesregierung entscheiden“.
Wie der angekündigte Fahrplan zu den nötigen 1,3 Billionen US-Dollar aussehen könnte, ist noch unklar. Einzahlen können „alle Akteure“, um Mittel „aus allen öffentlichen und privaten Quellen“ bereitzustellen. Versprochen wird nur ein Bericht zum Fahrplan, der auf der nächsten Klimakonferenz in Brasilien vorgestellt werden soll.
„Ob ein einjähriger Prozess wirklich die tiefen Gräben überwinden und die enorme Lücke zwischen den Zielen schließen kann, bleibt abzuwarten“, sagt SWP-Expertin Könneke. Die Verhandlungen drohten, die Themen Finanzierung und Emissionsreduktion gegeneinander auszuspielen.
Das ist bereits dieses Jahr passiert: Viele Entwicklungsländer weigerten sich, über Emissionsreduktion zu verhandeln, ohne Zusagen für eine angemessene Klimafinanzierung erhalten zu haben. „Es könnte weniger Aufmerksamkeit für die Emissionsminderung geben“, fürchtet Könneke.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!