Fehlerserie der Coronapolitik: Die Vertrauensfrage
Politiker*innen sind schon für weniger zurückgetreten als die vielen Fehler in der Coronapolitik. Doch derzeit schützen sich alle gegenseitig.
N iemand in Deutschland ist schuld an Corona. Die Pandemie ist eine Katastrophe, die man so weit wie möglich mit vereinten Kräften bekämpfen muss. Es gehört deshalb zu den wenigen erfreulichen Aspekten dieser Krise, dass die Menschen in Deutschland bisher im Großen und Ganzen diszipliniert die Schutzmaßnahmen akzeptieren und relativ geduldig auf bessere Zeiten hoffen.
Auch fast alle Oppositionsparteien verhalten sich seit einem Jahr im besten Sinne staatstragend und verzichten weitgehend auf billige Pauschalkritik oder gar Anstiftung zum Krawall. Es ist beruhigend, dass die AfD mit ihrer Coronarealitätsverweigerung und Hetze nichts gewonnen, sondern viel verloren hat. Auch das zeigt den Wunsch der Bevölkerung nach Zusammenhalt – und zeugt von einem großen Vertrauensvorschuss für die Regierung. Doch den sollten Union und SPD nicht überstrapazieren. Die Zustimmung zur Koalition sinkt erstmals erheblich, denn auch die Geduld der Vernünftigen hat Grenzen.
In der Coronapolitik ist einfach zu viel schiefgelaufen. Während die Bevölkerung brav Masken aufsetzt und massive Einschränkungen in Kauf nimmt, ist die Regierung auf zwei entscheidenden Wegen aus der Krise, dem Impfen und dem Testen, unerträglich langsam. Der Vergleich zu anderen Ländern fällt teilweise niederschmetternd aus.
Fehlerkorrekturen sind nötig
Kaum jemand versteht, warum in Großbritannien, den USA oder der Türkei schneller geimpft wird als hier. Und während Schulkinder in Österreich längst flächendeckend schnellgetestet werden, ist Gesundheitsminister Jens Spahn mit seinem Plan, ab 1. März Schnelltests für alle anzubieten, krachend gescheitert. Auch deshalb fehlen weiter Perspektiven, um Bildung und ein halbwegs normales Leben zu ermöglichen.
Natürlich ist Spahn nicht alleine schuld an all den Pannen und Versäumnissen. Auch die Impfpolitik von EU-Chefin Ursula von der Leyen und Kanzlerin Angela Merkel muss ebenso weiter hinterfragt werden wie die allzu langsam ausgezahlten Wirtschaftshilfen, die Peter Altmaier verantwortet. Alle eint, dass sie in der CDU sind und sich gegenseitig schützen.
Rücktritte sind auch deshalb unwahrscheinlich, weil in einer Krise viele zögern, Versagen zu benennen, um das Vertrauen in die Politik nicht noch weiter zu erschüttern. Wenn aber am Ende einer langen Fehlerserie niemand Verantwortung übernimmt, schwindet das Vertrauen erst recht. Dann wird „das System“ verantwortlich gemacht – und Radikale haben bessere Chancen. Die Demokratie wird nicht durch Aussitzen vor Schaden bewahrt. Sie muss gerade auch in einer Krise, die alle betrifft, zu Fehlerkorrekturen fähig sein. Auch beim Personal.
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