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Fair gehandelte BananenPreiskampf bedroht Bauern

Aldi, Netto und Edeka bieten die Südfrucht unter einem Euro pro Kilo an. Darunter müssen faire Produzenten im Süden leiden.

Alles Banane? Ausstellung aus dem Jahr 2003 Foto: ap

Berlin taz | Der Preiskampf im deutschen Lebensmittel­einzelhandel bedroht den fairen Handel. Nach Aldi böten in dieser Woche auch Netto und dessen Mutter Edeka die Südfrucht deutlich unter einem Euro pro Kilogramm an, kritisierte Dieter Overath, Vorstandsvorsitzender des Vereins Transfair, am Donnerstag in Berlin. „Das kommt einem Ausverkauf gleich, denn Bananenbauern und Importeure zahlen bei diesen Preisen drauf“, sagte Overath. Die„rote Linie“ sei erreicht. Die Supermärkte sollten ihren Preiskampf sofort stoppen.

Vier Konzerne kontrollierten 85 Prozent des Lebensmittelhandels in Deutschland, sagte Frank Braßel, bei der Verbraucher-NGO Oxfam für den Bereich Fairtrade zuständig. Anstatt sich für einen Lebensmittelmarkt ohne Ausbeutung einzusetzen, zahlten sie „Lieferanten und Erzeugern ruinöse Preise und diktieren ihnen unfaire Konditionen in die Verträge“, so Braßel. Dies führe in den Anbauländern zu Menschenrechtsverletzungen.

Die deutschen Discounter wollten den Einkaufspreis pro Kiste Bananen (à 18 Kilogramm) auf 4,50 Dollar drücken, sagte Silvia Campus von Fairtrade International. In Ecuador, dessen Regierung in einem offenen Brief gegen die Aldi-Preissenkung protestiert hatte, liegt der gesetzliche Mindestpreis bei 6,20 Dollar pro Kiste. Für Fairtrade-Bananen, die den Bauern auskömmliche Löhne, Ausbildung und ökologische Standards ermöglichen, wäre eigentlich ein Einkaufspreis von 9,45 Dollar zu realisieren.

Dabei hätte alles so schön werden können. 2018 gingen 90.000 Tonnen fair produzierte Bananen aus den Anbauländern Costa Rica, Ecuador, Guatemala und Kolumbien nach Deutschland, die sich damit einen Anteil von 12,5 Prozent am gesamten Handel mit Bananen – inzwischen der Lieblingsfrucht der Deutschen – eroberten.

Für den Oxfam-Experten Braßel jedenfalls ist die Zeit gekommen, dass sich das Bundeskartellamt mit dem Oligopol der deutschen Lebensmittelriesen beschäftigt

Im Herbst hatte der Discounter Lidl angekündigt, vollständig auf Fairtrade-Bananen umzustellen. „Wir hatten auf einen Domino-Effekt gehofft, dass andere Handelsketten nachziehen“, sagte Overath. „Es ist schockierend, dass genau das Gegenteil passiert und mit Preissenkung reagiert wird.“

Nach Meinung von Transfair und Oxfam müssten die Verbraucher mehr Druck auf die Ketten ausüben, damit sie ihre unfairen Einkaufpraktiken beenden. Auch der Gesetz­geber sei gefordert. Für den Oxfam-Experten Braßel jedenfalls ist die Zeit gekommen, dass sich das Bundeskartellamt mit dem Oligopol der deutschen Lebensmittelriesen beschäftigt: „Mit dem Kartellrecht könnte ihre Macht gebrochen werden.“

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20 Kommentare

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  • In dem Artikel kommt das Problem, dass Transfair und Oxfam anprangern nicht wirklich raus, ich habe es auch erst nach dem Lesen der Pressemitteilung von Transfair www.fairtrade-deut...-stoppen-3050.html verstanden.



    Es geht darum, dass Lidl löblicherweise nur noch Bananen mit Faitrade Siegel zu den entsprechenden Preisen einkauft, aber die anderen großen Einzelhändler nicht nachziehen sondern den Druck auf Lieferanten und Erzeuger 'herkoemmlicher' Bananen noch massiv erhöhen. Der Einkaufspreis von 4,50 Dollar pro Kiste bezieht sich also auf Bananen, die kein Fairtrade Siegel tragen. Transfair und Oxfam kritisieren dies und fordern den Einzelhandel auf sein Oligopol nicht zu kartellähnlichen Aktionen zu missbrauchen und stattdessen faire Preise für die Bananen zu zahlen anstatt die bisher schon ausbeuterischen Preise noch zu drücken.

  • „Das kommt einem Ausverkauf gleich, denn Bananenbauern und Importeure zahlen bei diesen Preisen drauf“

    Sorry, aber dann ist es kein fairtrade mehr, das fairtrade Siegel ist dann obsolet!

  • Der Banen Bauer aus Ecuador bekommt Mitleid, und das zu recht.



    Aber auch in Deutschland drückt der Einzelhandel die Preise der Landwirte, nur das in Deutschland die Landwirte dann die Bösen sind, weil sie für diese Preise Produzieren.



    Um die Preise und Anforderungen des Einzelhandels zu erfüllen, hilft halt nur Produktivität, d.h.Masse.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Also ist die FairTrade-Organisation ein Haufen korrupter Typen?



    Wie sonst kann ich mir das erklären?

  • Die Produzenten im Norden warten noch auf den Klimawandel.

  • müsste dann nicht das Label aberkannt werden?

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @nutzer:

      Gute Frage

  • Wer den Schrott kauft ist selber schuld.



    Aber auch bei Edeka und Rewe gibt es Bioqualität sogar mit demeter Label.



    Aber wer im Winter Erdbeeren will



    denkt eh nicht nach.

  • Warum setzt sich eigentlich niemand dafür ein dass mein Geschäft hohe Mindestpreise hat von denen ich auskömmlich leben kann?

    Was denkt ihr in wie viele Länder geht der Bananenexport Südamerikas? Warum liefern die noch an Aldi?

  • Äpfel und Birnen sind von einheimischen Produzenten erhältlich. Wären eine echte Alternative zu Bananen, die um die halbe Welt geschifft und meistens mit grossem Pestizideinsatz produziert werden.

    • @ecox lucius:

      Selbst Früchte oder Gemüse, die auch bei uns wachsen würden, kommen oft aus Übersee zu uns. Ein Bio-Apfel aus Peru oder "Fairtrade"-Bohnen aus Kenia sind doch trotzdem indiskutabel.

      Vielleicht hatte es einen guten Grund, dass es in der DDR keine Bananen gab…

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @Khaled Chaabouté:

        Deshalb waren die aber auch so scharf drauf.

      • 4G
        4813 (Profil gelöscht)
        @Khaled Chaabouté:

        In der DDR gab es Bananen - nur nicht für alle. Ich hatte welche.



        Aber CO2 haben wir doppelt soviel ausgestoßen. Daran lag es nicht

    • @ecox lucius:

      Ihr Vorschlag wird die gebeutelten Bananenbauern sicher erfreuen.

    • @ecox lucius:

      Siehst du - deswegen fress ich Rindfleisch aus dem Nachbartal und keine Avocado oder Tofu von irgendwo auf der Welt.

      Für eine bessere Welt!

  • Und was ist mit den Produzenten im Norden?

  • "Der Preiskampf im deutschen Lebensmittel­einzelhandel bedroht den fairen Handel. Nach Aldi böten in dieser Woche auch Netto und dessen Mutter Edeka die Südfrucht deutlich unter einem Euro pro Kilogramm an, kritisierte Dieter Overath, Vorstandsvorsitzender des Vereins Transfair, am Donnerstag in Berlin."

    Aldi-Süd Bio-Fairtde Bananen aktuell 1,69 Euro. Macht 30,42 für die Kiste mit 18 Kilo:

    www.aldi-sued.de/d...trade-bio-bananen/

    "Für Fairtrade-Bananen, die den Bauern auskömmliche Löhne, Ausbildung und ökologische Standards ermöglichen, wäre eigentlich ein Einkaufspreis von 9,45 Dollar zu realisieren."

    Macht aktuell 8,32 Euro EK, 30,42 VK.

  • "Der Preiskampf im deutschen Lebensmittel­einzelhandel bedroht den fairen Handel. Nach Aldi böten in dieser Woche auch Netto und dessen Mutter Edeka die Südfrucht deutlich unter einem Euro pro Kilogramm an, kritisierte Dieter Overath, Vorstandsvorsitzender des Vereins Transfair, am Donnerstag in Berlin."

    Aldi-Süd Bio-Fairtde Bananen aktuell 1,69 Euro. Macht 30,42 für die Kiste mit 18 Kilo:

    www.aldi-sued.de/d...trade-bio-bananen/

    "Für Fairtrade-Bananen, die den Bauern auskömmliche Löhne, Ausbildung und ökologische Standards ermöglichen, wäre eigentlich ein Einkaufspreis von 9,45 Dollar zu realisieren."

    Macht aktuell 8,32 Euro EK, 30,42 VK.

  • ich empfehle eine Alternative unter

    www.gebana.de/de/ueber-uns/blog/

    Zwar aktuell nicht zur Banane, dennoch eine super Auswahl an anderen Früchten und Vielem mehr mit herausragender Qualität.

    Gebana (ge_rechte Ba_na_ne) machte sich schon vor 40 Jahre für einen fairen Verkauf von Bananen stark.

    Das Beste ist immer noch eine umfassende Verhaltensänderung, soweit möglich, mit gleichzeitigem Feedback an die vier marktbeherrschenden Lebensmittelkonzerne.



    Denn die wissen was sie tun - Daher sollten sie auch wissen was wir tun.



    "Zeigen wir ihnen wo der Bartl den Most herholt."

  • Die Discounterketten haben üblicherweise neben den Billigbananen auch Fairtrade-Bananen im Programm, diese oft obendrein noch Bio und trotzdem noch preisgünstiger als die "Markenbananen" von Chiquita. Die meisten Kunden greifen jedoch weder zu billig, noch zu Fairtrade/Bio, sondern zum vermeintlichen Markenprodukt, obwohl weder Fairtrade, noch Bio.