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Berechnung von TransfairDer wahre Preis der Banane

Etwa 1 Euro kostet ein Kilo konventionell angebaute Tropenfrucht hierzulande im Laden. Laut einer neuen Studie viel zu preiswert.

Wäre fairerweise nicht so preiswert zu haben Foto: imago/AGB Photo

Bananen sind im Lebensmittelhandel deshalb so billig, weil die echten Kosten nicht auf dem Preisschild stehen. Es fehlen das Geld für faire Löhne der Plantagenarbeiter und für wirksamen Umweltschutz. Die Entwicklungshilfeorganisation Transfair Deutschland hat jetzt in ­einer Studie die sozial und ökologisch korrekten Bananenpreise ausrechnen lassen und gestern auf der weltgrößten Fruchthandelsmesse „Fruit Logistica“ in Berlin vorgestellt. Ergebnis: Statt 99 Cent für ein Kilogramm konventionell produzierter Bananen, wie heute in deutschen Supermärkten üblich, wären 2 Euro der angemessene Betrag.

Immerhin geht der Trend in die richtige Richtung, sagte Dieter Overath, Vorsitzender des Transfair-Vereins zur Förderung des Fairen Handels. So seien im vergangenen Jahr in Deutschland rund 87.000 Tonnen Bananen aus fairer Her­stellung verkauft worden, 20 Prozent mehr als 2016.

Faire Produktion bedeutet einen höheren Mindestlohn und Leistungen für Arbeits- und Gesundheitsschutz. Von den ­Bananen mit Biosiegel werden inzwischen auch 70 Prozent nach den fairen Arbeitsstandards geerntet. „Wir brauchen aber nicht nur die gute Biobanane, sondern die bessere konventionelle Banane, und die sollte das Fairtrade-Siegel tragen“, betonte Overath.

Im Auftrag von Fairtrade wurden von zwei Forschungsorganisationen aus den Niederlanden, Trucost und True Price, die externen Kosten der Bananenproduktion in den wichtigsten Anbauländern Kolumbien, der Dominikanischen Republik, Ecuador und Peru ermittelt. Verglichen wurden die Daten mit denen von 15 Fairtrade-Plantagen und 97 Kleinbauernorganisationen.

Zu geringer Lohn und mangelhafte soziale Absicherung

Danach belaufen sich die externen, nicht bezahlten Kosten wie unzureichende Entlohnung und eine mangelhafte soziale Absicherung bei konventionellen Bananen pro Kiste (mit einem Standardgewicht von 18,1 Kilogramm) auf 6,70 Dollar. Auch bei Fairtrade-Bananen entstehen externe Kosten: 3,65 Dollar pro Kiste.

Nur wenn der „enorme Preisdruck entlang der Lieferkette“ aufhöre, könne sich das ändern, sagte Overath. „Dafür brauchen wir klare Rahmenbedingungen, die von der Politik gesetzt werden müssen.“ Auch der Handel kann etwas tun, wie der Blick in die Niederlande zeigt.

Hans-Willem van der Waal von AgroFair, der größten Importorganisation für fair gehandelte Bananen, berichtete, in seinem Land sei die Bananen-Wende schon erreicht. Bei den Supermarktketten Plus, Spar, Marqt und Deen gebe es nur noch Fairtrade-Bananen. „Wenn wir auch in Zukunft Bananen essen wollen“, sagte van der Waal, „müssen wir bereit sein, einen Preis für die Südfrucht zu zahlen, der den nachhaltigen Anbau ermöglicht.“

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15 Kommentare

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  • Die Mieten steigen auch ständig. Steigen Hartz und der Mindestlohn proportional? Bei allem Verständnis, das ich für arme Menschen habe, nicht nur hierzulande: es kann m.E. nicht der Sinn der Sache sein, stets alles, was auf der einen Seite mehr kostet, auf der anderen Stelle wieder auszugleichen. Die Menschen brauchen Mieten, die sie sich leisten können und mehr Wohneigentum. Sie brauchen aber nicht mehr Konsum.

  • Und selbst mit der "fairen" Banane sind die dortigen Arbeiter noch weit von einem Lebensstandard wie dem unsrigen entfernt. Aber das sehen wir ja alles nicht wenn wir im schicken Supermarkt unsere Bananen kaufen. Leider.

    Aber der Trick zwei Randgruppen gegeneinander auszuspielen sollte eben nicht funktioneren. Wenn die Lebensmittelpreise ansteigen, weil die Arbeiter (bzw. die Bauern hier) und die Umwelt fair behandelt werden, dann muss eben auch Hartz4 und der Mindestlohn ansteigen (z.B. finanziert durch eine Vermögenssteuer). Das würde am Ende allen Nützen sogar denen , die mehr bezahlen müssen, weil wir zum einen alle im selben Boot äh der selben Erde sitzten und zweitens weil das Gefühl auf die Kosten der Arbeit anderer zu leben auf Dauer nicht glücklich macht.

    • @samsara:

      Das hast du gut geschrieben.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @samsara:

      Die Mieten steigen auch ständig. Steigen Hartz und der Mindestlohn proportional? Bei allem Verständnis, das ich für arme Menschen habe, nicht nur hierzulande: es kann m.E. nicht der Sinn der Sache sein, stets alles, was auf der einen Seite mehr kostet, auf der anderen Stelle wieder auszugleichen. Die Menschen brauchen Mieten, die sie sich leisten können und mehr Wohneigentum. Sie brauchen aber nicht mehr Konsum.

      • @849 (Profil gelöscht):

        Im Grunde bekommen unsere Mieten irgendwelche Leute, die in Immobilien machen, denen ist das herzlich egal, was für Häuser das sind oder wer da drin lebt. Gerade der Mietspiegel war ein tolles Instrument, die Mieten flächendeckend zu steigern. Ihre Miete entspricht noch nicht dem Durchschnitt? Okay, wird angehoben. Neuvermietung? 10% über dem Durchschnitt sind zulässig. Merken sie was?

      • @849 (Profil gelöscht):

        Nicht mehr Konsum, sondern einen, wo keiner der Beteiligten beschissen wird. Dazu gehören Mietpreisbremse und Hartz4 und Mindestlohn so, daß es für die Miete genauso reicht wie dafür, sich Bananen und sonstige Lebensmittel leisten zu können, von deren Erzeugung die Produzenten auch leben können.

  • Die genannten Argumente sind nachvollziehbar. Allerdings: Käme es soweit, dass an der Ladenkasse der „wahre Preis“ zu zahlen wäre, würden sich die Interessenvertreter der „kleinen Leute“ (oder soll ich sagen: Populisten?) ebenfalls erheben und anklagend darauf verweisen, dass sich Hartz4-Empfänger und Geringverdiener nun nicht mal mehr Bananen leisten könnten (gilt auch für andere Lebensmittel, z. B. Milchprodukte)! Weil im Kapitalismus eben alles in die falsche Richtung läuft, auch das Gegenteil.

     

    Da war es doch unter dem „Sozialismus in den Farben der DDR“ ganz anders! Da gab es Bananen zu hohen Feiertagen, wie Weihnachten und Republikgeburtstag – und das war’s!

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @Pfanni:

      Was kostet denn ein Liter Milch heute? 0,8 EUR? 1977 kostete er 1,10 DM, was mit Inflation um einiges teurer sein dürfte, als heute. Ähnliches gilt auch, wahrscheinlich noch in größerem Maße, für Bananen.

       

      Ich verstehe grundsätzlich nicht, wo das Problem liegt. Ich kann keine früheerntete Erdbeeren aus Spanien für den Preis mit der Post dorthin zurückschicken, die sie mich im Supermarkt kosten. Da geht es also schon, dass alle möglichen Kosten dem Kunden aufgebürdet werden. Warum geht das nicht bei Waren, die von weiter herkommen? Weil die Leute, die sie produzieren hemmungslos ausgebeutet werden. Sobald sie anständig bezahlt würden, was wir ja angeblich wollen, würden Kolonialwaren wohl notwendig drastisch teurer. Und wenn wir die Umweltbelastung durch den Transport einpreisen würden, wohl erst recht.

      • @849 (Profil gelöscht):

        Die Bevölkerung soll nur 15 % für Lebensmittel ausgeben! Die hohen Mieten müssen ja bezahlt werden! Und die ganzen Konsumgüter wie Handy, Auto, Schuhe! Wer soll sonst den ganzen Schrott kaufen? Das System ist durch und durch am Ende, wenn du an einer Schraube erntshaft drehst, z.B. auskömmliches Einkommen für Bauern weltweit, bricht das ganze System zusammen.

  • Viel zu billig? Bei der Qualität?

     

    Es ist schon einige Jahrzehte her, als Bananen auch noch geschmeckt haben. Doch inzwischen gibt es nur noch wenige Menschen, die sich daran erinnern.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @wxyz:

      Ich finde, Bananen schmecken gleich (schlecht), solange ich denken kann, ganz im Gegensatz zu Gurken oder Tomaten.

  • Echte Preise? Nirgendwo wird Umweltverschmutzung, Flächenversiegelung oder Zerstörung von Schönheit eingepreist. Warum auch? Es gibt keine Gesetze und das Ausnutzen des Allgemeingutes (Allmende, engl: commons) hat lange, traurige Tradition. Das geht ums Wasser, Luft, Boden, Wald......

    Aber wir können ja mal bei den Bananen anfangen, uns über T-Shirts vorarbeiten und in 20 Jahren über die Automobilindustrie nachdenken.

    • @Energiefuchs:

      gut gesagt

  • Ich bin mal so naiv auf den Verbaucher zu setzen (anstatt Zwang und Pflicht) und ggf. analog dem (ich glaube das war Schweden) Beispiel mit der fairen Milch einen freiwilligen Aufschlag an der Kasse zu akzeptieren.

    Klar, der dann freiwillige Aufschlag für NICHT fair gehandelte Waren geht in einen monetären Fonds, der fair gehandelte Waren verbilligt. Die Lenkungswirkung wäre denke ich so groß, dass viele Produzenten versuchen werden ebenfalls von dem System zu profitieren und somit "automatisch" mehr Produzenten eine Umstellung Richtung fairer Pruduktion anstrebten.

    • @Tom Farmer:

      "Die Lenkungswirkung wäre denke ich so groß [...]"

      Wäre sie das? Woraus schließen Sie das? Ist das bei dem von Ihnen genannten Beispiel aus Schweden so?