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Fahrraddemo in BerlinAus dem Weg Autos!

Tausende Radfahrer*in­nen demonstrieren gegen den Radwegebaustopp in Berlin – und erleben hautnah, wie gefährlich die aktuelle Verkehrspolitik ist.

„Radwegestopp? Nicht mit uns“, zeigten am Sonntag mehrere Tausend Fahr­rad­fah­re­r*in­nen in Berlin Foto: Christophe Gateau/dpa

Berlin taz | Schon lange vor dem Startpunkt an der Max-Schmeling-Halle im Mauerpark in Prenzlauer Berg ist am Sonntagnachmittag kein Durchkommen mehr: Gefühlt alle Fah­r­ad­fah­re­r*in­nen Berlins sind dem Ruf von Fridays for Future, Changing Cities und dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) gefolgt, um gegen den Radwegebaustopp von Berlins neuer Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) zu protestieren.

Die Polizei spricht auf taz-Anfrage von „weit mehr als den angemeldeten 6.000 Teilnehmer*innen“, der ADFC von einer acht Kilometer langen Demo, die taz hat nach 10.000 Menschen den Überblick verloren, vermutlich sind es weit mehr.

„Wo ein Wille ist, ist auch ein Radweg“, steht auf einem Pappschild, „Nicht hupen! Suche sicheren Radweg“, ist auf der orangefarbenen Warnweste eines Teilnehmers zu lesen und ein Lastenradfahrender Handwerker versucht es mit Humor: „Tischler gegen Schreiner – für gewerbetaugliche Radwege“, hat er auf ein Holzbrett gemalt.

Tatsächlich dürfte die Verkehrssenatorin das laute Geklingel der vielen Rad­le­r*in­nen nur schlecht ignorieren können. Menschen aus allen Altersklassen und sozialen Schichten sind gekommen und zeigen, dass sichere Radinfrastruktur keine grüne Klientelpolitik ist, wie von der CDU behauptet, sondern notwendig, um Leben zu retten.

Rücksichtslose Autofahrer gefährden Teilnehmer

Die Sonne strahlt, der Wind weht angenehm um den Fahrradhelm – perfektes Radelwetter also. Nur keine perfekten Straßenbedingungen, zumindest nicht für Fahradfahrer*innen, wie sich auf der Strecke über Lichtenberg zum Roten Rathaus in Mitte immer wieder zeigt. Die autogeplagten Ber­li­ne­r Rad­le­r*in­nen schreckt das nicht, überall an der Route warten kleine Gruppen, die sich der Demo anschließen und sie immer größer werden lassen.

Den Au­to­fah­re­r*in­nen an der Kreuzung der viel befahrenen Schönhauser Allee bleibt angesichts der geballten Radel-Power nicht viel übrig, als geduldig zu warten und ihren Motor abzustellen. Ist ohnehin besser fürs Klima. Abgesperrt hat die Polizei hier nicht, ein einsames Fahrrad mit ADFC-Fahne versperrt die Fahrspur. Aber mit nicht gesicherten Radwegen kennen sich die Ber­li­ne­r*in­nen ja leider zur Genüge aus.

Wie rücksichtslos manch einer von Manja Schreiners Autopolitik beflügelter Kfz-Fanatiker gegenüber unterlegenen Ver­kehrs­teil­neh­me­r*in­nen ist, zeigt sich kurze Zeit später: Als es nach einer halben Stunde immer noch nicht weitergeht, bahnt sich ein Lieferwagen den Weg durch die Demo und fährt beim Rechtsabbiegen nicht nur einen Fahrradfahrer über den Haufen, sondern überfährt beim anschließenden Fluchtversuch fast auch noch den Fahrradpolizisten, der ihn zum Anhalten zu bringen versucht. Die Einsichtigkeit des kurz darauf gestoppten Autofahrers für sein lebensgefährliches Manöver: null. Er bleibt nicht der einzige rücksichtslose Autofahrer an diesem Tag.

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18 Kommentare

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  • Was kann unter der CDU in berlin denn noch schlechter werden?

    "Wieder nur Platz 9 für Berlin. 6656 Radfahrer haben bei der bundesweiten Umfrage des Fahrradclubs ADFC teilgenommen – und die Schulnote 4,13 vergeben. Bundesweit vergaben Radfahrer die Note 3,96, die Hauptstadt ist damit deutlich schlechter als de Schnitt. Trotz einer grünen Verkehrssenatorin verbesserte sich Berlin auch nicht. 2020 gab es das gleiche schlechte Ergebnis mit der Note 4,14. " (www.tagesspiegel.d...hend-9708206.html)

    Es kann nur besser werden.

  • "... und erleben hautnah, wie gefährlich die aktuelle Verkehrspolitik ist."

    Das sind immer noch die Hinterlassenschaften der alten Verkehrspolitik. Und die wurde due meiste Zeit in den vergangenen Jahrzehnten von der SPD, Linkspartei und/oder Grüne gestaltet.

    • @Rudolf Fissner:

      Ich sehe jetzt nicht, wo die Grünen in den vergangenen Jahrzehnten(!) einen Verkehrssenator, geschweige denn einen Bundesverkehrsminister gestellt hätten.

      Ja, in der vergangenen Legislatur war das so in Berlin, da ist aber auch erst einmal aufgearbeitet worden, was die Jahre davor nicht gemacht wurde. So alt ist das Mobilitätsgesetz ja noch nicht.

      • @Ralph Angenendt:

        z.B. Regine Günther

  • Seit ein paar Wochen wohne ich am Niederrhein. Ganz nah an der Grenze zu den niederländischen Nachbarn. Hier ist es wunderbar und die Grenze als solches ist kaum noch wahrnehmbar. Was aber sofort ins Auge sticht: Selbst an den kleinsten Verbindungswegen nach Deutschland finden sich beiderseits Radspuren für die Pedalisti. An größeren Straßen gern auch zweispurig oder geteilt. Dort nimmt der Starke Rücksicht auf den Schwächeren. Und das Beste: Es tut gar nicht weh.

  • Ich war kürzlich erst wieder in Kopenhagen. Hier kann man sehen, wie ein vernünftiges Miteinander von Fußgängern, Fahrrädern und Autofahrern funktionieren kann. Alles klar abgegrenzt mit viel Platz für jeden Verkehrsteilnehmer, die Leute halten sich ALLE an Verkehrsregeln und man nimmt Rücksicht aufeinander. Sehr angenehm und unaufgeregt. Mittlerweile fahre ich zu Konzerten immer dahin - diesmal Sparks im kongenialen VEGA.

    • @Petcat:

      Das erlebt man vielerorts außerhalb der Grenzen unseres Landes so. Für mich ist da die Mentalität entscheidender als das Fortbewegungsmittel. Hier gilt das Prinzip aus der Headline. "Aus dem Weg, hier komm ich!"

      Und natürlich, wie Tucholskis hat mal gesagt hat:



      "Der Deutsche fährt nicht wie andere Menschen. Er fährt, um recht zu haben."

      • @Deep South:

        Tucholsky natürlich..

  • @DIANA KLINGELSTEIN

    ;-)

    Hab' keinen Führerschein.

    • @tomás zerolo:

      Das beantwortet die Frage nicht ;)

  • war super :-)

  • Wenn geeignete Radwege, Radfahrstreifen und Fahrradstraßen für die Sicherheit hohen Radverkehrsaufkommens fehlen, bietet die Straßenverkehrsordnung einen Ausweg:

    § 27 StVO:Verbände



    (1) Für geschlossene Verbände gelten die für den gesamten Fahrverkehr einheitlich bestehenden Verkehrsregeln und Anordnungen sinngemäß. Mehr als 15 Rad Fahrende dürfen einen geschlossenen Verband bilden. Dann dürfen sie zu zweit nebeneinander auf der Fahrbahn fahren …

    • @Uwe Lütge:

      So richtig praktisch sind Verbände nicht. Sie müssen deutlich erkennbar sein und bei einer entsprechenden Länge Zwischenräum für den übrigen Verkehr lassen. Das ist praxisfern.

    • @Uwe Lütge:

      "...bietet die Straßenverkehrsordnung einen Ausweg:

      § 27 StVO:Verbände"



      Sag ich auch immer. Das ist eine schnelle, gut zu organisierende und vor allem legale Protestform für Radfahrer. Und es sollte möglichst oft, in vielen Verbänden und dort stattfinden, wo Radinfrastruktur fehlt oder in schlechtem Zustand ist.



      Besser als auf die Straße kleben.

  • Die Stimmung war großartig, das Fahren miteinander von Vorsicht und Respekt geprägt. So sollte es sein - immer!



    Viele assistierten der beradelten Polizei beim Aufhalten und Moderieren des Querverkehrs - Danke dafür!



    Der Straßenrand filmte, grinste - und in der Möllendorffstraße tönte sogar eine Tuba aus dem 10. OG. Dort allerdings auch hin und wieder Gepöbel - neben mir zerscholl sogar eine geworfene Bierflasche - ts, ts, ts. Eine rundum gelungenes Fest auf 8 km Länge.



    Lieben Dank an alle Order:innen - great Job!

  • Oooooh. Da wär' ich gerne dabeigewesen.

    • @tomás zerolo:

      Mit Auto oder Fahrrad? :)

    • @tomás zerolo:

      Hatten wir auch mal im Rhein-Main-Gebiet. Von Frankfurt nach Wiesbaden, 30km auf der gesperrten Autobahn. Hat auch Spaß gemacht.