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FDP kritisiert Plan für Fleisch-AbgabeTierwohlcent wird unwahrscheinlich

Die FDP bemängelt den Vorschlag, mehr Tierschutz durch eine staatliche Abgabe auf Fleisch zu bezahlen. Die Regierungspartei setzt auf private Fonds.

Sieht schöner aus, ist aber teurer: Freilandhaltung von Schweinen Foto: Rupert Oberhäuser/imago

Berlin taz | Die von vielen Bauern gewünschte staatliche Tierwohl-Abgabe auf Fleisch wird zunehmend unwahrscheinlich. „Wir Liberale stehen einer Abgabe oder Steuer auf Fleisch für mehr Tierschutz in der Landwirtschaft sehr skeptisch gegenüber“, sagte die für das Thema zuständige Vizevorsitzende der FDP-Fraktion im Bundestag, Carina Konrad, der taz. Ihre Partei, die sich im Wahlkampf mehrfach gegen Steuererhöhungen ausgesprochen hat, verfügt in der Ampelkoalition über ein Vetorecht.

„Schon heute bestehen landwirtschaftliche Einkommen teilweise zu mehr als der Hälfte aus staatlichen Zuschüssen. Wir wollen ja aber gerade mehr Unabhängigkeit erreichen“, begründete Konrad ihre Ablehnung. „Deshalb sind wir grundsätzlich darauf aus, dass die Marktteilnehmer selbst privatwirtschaftliche Lösungen finden. Das kann ein Vertragssystem sein, das kann ein Fonds sein, den es schon so ähnlich über die Initiative Tierwohl gibt.“

Über diese Firma bezahlen Lidl, Edeka und andere Handelskonzerne Landwirte dafür, dass sie ihre Schweine, Hähnchen und Puten artgerechter halten, meist mit etwas mehr Platz im Stall, selten mit Auslauf im Freien. „Vielleicht müssen wir solche Ansätze weiterdenken: für alle Tierarten, für Zeiträume, die die Planbarkeit für die notwendigen Investitionen verbessern“, so Konrad.

Agrarminister offen für Vorschläge

Damit widerspricht die FDP-Politikerin der Kommission unter dem ehemaligen CDU-Bundesagrarminister Jochen Borchert zum Umbau der Tierhaltung. Das überparteiliche Gremium hatte eine staatliche Abgabe oder Steuer empfohlen, um die ihrer Schätzung nach jährlich benötigten 3,6 Milliarden Euro einzunehmen. Sowohl der Deutsche Bauernverband als auch die ökologisch orientierte Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) unterstützen das. Der neue Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) hat sich offen gezeigt für die Vorschläge, sich aber noch nicht klar positioniert, wie er die Bauern beim Umbau der Tierhaltung finanziell unterstützen will. Auch die SPD hat sich noch nicht festgelegt.

Bauernvertreter bezweifeln, dass private Programme genügend Geld bereitstellen würden

Von der taz nach der Tierwohlabgabe gefragt, antwortete FDP-Politikerin Konrad zwar, noch blieben alle Optionen. Doch die Rheinland-Pfälzerin nannte vor allem Argumente gegen diese Lösung: „Mit einer Tierwohlabgabe, die pauschal und langfristig die Produktion unterstützt, unabhängig von der Nachfrage, würden wir eine Art Tierhaltungs-Direktzahlung schaffen“, sagte sie in Anspielung auf die wichtigste Art Agrarsubventionen. Diese ist umstritten, weil sie vor allem pro Hektar gezahlt wird, weitgehend unabhängig davon, wie umweltfreundlich das Land bewirtschaftet wird. „Wir laufen Gefahr, Fehlanreize zu schaffen und Landwirten falsche Versprechungen zu machen. Dann haben wir keine Butterberge, sondern Fleischberge“, warnte Konrad.

Kennzeichnung für Tierhaltung

Der Koalitionsvertrag sieht nur ein „durch Marktteilnehmer getragenes finanzielles System“ vor, „ohne den Handel bürokratisch zu belasten“. Schon diese Formulierung dürfte eine Abgabe unwahrscheinlich machen, die wohl jeder abrechnen müsste, der mit Fleisch handelt.

Auch Rufen nach staatlichen Anreizen, aus Klimaschutzgründen weniger Tiere zu halten, erteilte die FDP-Politikerin eine Absage. „Wir erleben gerade, dass die Tierzahlen sinken und viele Betriebe durch die schwierige Situation, hervorgerufen durch die Schweinepest und wegbrechende Exportmärkte, aufgeben müssen. Wir brauchen daher gar keine staatlichen Reduktionsmaßnahmen mehr.“

Festlegen will sich Konrad nur auf ein staatliches, verbindliches Tierhaltungskennzeichen, das etwa auf Fleischetiketten zeigt, wie das Vieh gehalten worden ist. Die Kennzeichnung solle zunächst auf nationaler Ebene eingeführt werden „und perspektivisch EU-weit“ gelten. Dann könnten Verbraucher Produkte mit weniger Tierschutz leichter meiden. Özdemir will die Kennzeichnung bereits dieses Jahr einführen.

Keine pauschalen Prämien, sondern gezielte Honorierung

Der AbL-Vorsitzende Martin Schulz kritisierte, es sei „sehr unwahrscheinlich“, dass über private Lösungen genügend Geld für den Umbau der Tierhaltung eingenommen werden könne. Die Initiative Tierwohl habe nur 130 Millionen Euro pro Jahr gezahlt, nötig seien 4 Milliarden Euro.

„Privatwirtschaftliche Komponenten müssen unbedingt Teil der Lösung sein, aber alleine damit wird es sehr schwierig“, teilte Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, der taz mit. „Es müssten alle Marktbeteiligten mitziehen“. Die Initiative Tierwohl erfasst bislang nur den Lebensmitteleinzelhandel, der lediglich ein Drittel des Schweinefleisches aus Deutschland verkauft. Die Gastronomie etwa und Verarbeiter wie Wursthersteller sind nicht beteiligt.

Ein Sprecher von Agrarminister Özdemir schrieb der taz, die Behörde prüfe diverse Finanzierungsmodelle. „Pauschale Prämien wie Direktzahlungen sind jedoch nicht geplant, stattdessen sollen Maßnahmen für eine bessere Tierhaltung gezielt honoriert werden.“

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7 Kommentare

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  • Entscheidend ist, dass es den Tieren definitiv besser geht.

    Und dass weniger getötet werden.

    Obwohl ich manchmal mit der FDP sympathiere, habe ich sie nicht gewählt, weil in Punkto Tier- und Naturschutz die Partei einen sehr niedrigen Level vertritt.

    Da mache ich nicht bei mit.

  • Die FDP macht mal wieder das, was sie am besten kann: Einer ordentlichen, handlungsfähigen Politik für das Gemeinwohl im Weg herumstehen und "der Markt wird's schon richten" schreien. Etwas mager für das, was offenbar 25% der jüngeren Wähler dieser Partei zutrauen.

  • „Wir erleben gerade, dass die Tierzahlen sinken und viele Betriebe durch die schwierige Situation, hervorgerufen durch die Schweinepest und wegbrechende Exportmärkte, aufgeben müssen. Wir brauchen daher gar keine staatlichen Reduktionsmaßnahmen mehr.“



    Nanu, alle Deutschen quasi schon Vegetarier*innen? Und, weil es eine Schweinepest gibt, werden weniger Fische, Rinder etc. produziert und konsumiert - wer's glaubt ...

  • Der Fleischmarkt steht ohnehin vor dem Umbruch. Also Fleischproduktion reduzieren. Ökologischere Landwirtschaftsprodukte fördern.

  • Wäre es nicht am einfachsten, die Tierhaltungsbedingungen sukzessive staatlich zu verbessern/verschärfen? Allein eine Abgabe, bei der keiner weiß, wie sie am Ende genutzt und verteilt wird, verbessert doch nichts. Insbesondere, wenn die Abgabe billiger ist als die Verbesserung der Haltungsbedingungen.

    Nach den verschärften Gesetzen darf es gerne der Markt regeln, wie viel teurer das Fleisch wird.

    • @Strolch:

      Exakt. Sehe ich genauso. Das per Preis zu machen, in welcher Art auch immer, verschiebt lediglich die Verantwortung wieder auf die Verbraucher - und spült viel Geld in jemandes Taschen.

      Bleifreies Benzin ist damals auch nicht eingeführt worden, indem man das verbleite teurer macht. Verbleites wurde schlicht verboten. Die Beispiele sind natürlich Legion.

      Es gibt Dinge, die gehören einfach verboten. Wenn man das anders macht, hat man einfach keinen politischen Willen, es zu ändern.

  • Ausgerechnet hier nach der Unabhängigkeit des Marktes zu schreien, ist ja wohl die Höhe. Die Bauern sind - nicht nur was Fleisch angeht - von oligarchischen Supermarktketten abhängig. Und jetzt regeln es private Fonds? Ich lach mich tot.

    Wenn jemand Krebs hat, kommt die FDP sicher auch mit privaten Fonds oder Aktendepots als Therapie rüber.